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# taz.de -- Nach dem Abgas-Skandal: US-Chef verlässt VW
> Volkswagens Amerika-Chef Michael Horn tritt abrupt zurück. Sein
> Nachfolger Hinrich Woebcken steht vor einem Scherbenhaufen.
Bild: Bereits im Frühling 2015 habe Michael Horn von möglichen Verstößen ge…
Herndon/Wolfsburg dpa | Er war angetreten, um das Ruder herum zu reißen,
doch dann ging das Debakel erst richtig los. Volkswagens US-Chef Michael
Horn wirft mit sofortiger Wirkung das Handtuch – keine sechs Monate,
nachdem der Abgas-Skandal ins Rollen kam.
Der Rücktritt kommt unerwartet, zumindest mit Blick auf den Zeitpunkt. VW
verliert einen Mann des Vertriebs, der die zur Krisenbewältigung wichtigen
Vertragshändler im Rücken hatte. Sein Nachfolger Hinrich Woebcken steht vor
riesigen Baustellen.
„Was werden Sie im Knast lesen?“, fragte ein US-Abgeordneter Horn im
Oktober bei einer Kongressanhörung zur Affäre um manipulierte
Emissionstests. Die Szene, die sich nur wenige Wochen nach dem
Bekanntwerden von „Dieselgate“ in Washington abspielte, zeigt, unter welch
hohem Druck der US-Statthalter von VW stand. „Wir waren unehrlich. Wir
haben es völlig vermasselt“, hatte Horn kurz vorher bei einer
Fahrzeug-Präsentation in New York gesagt. Das Büßergewand war bis zuletzt
seine Alltagskluft.
Ob es dem 54-Jährigen einfach zu viel wurde, ob er der Belastung nicht mehr
standhalten konnte oder wollte – darüber lässt sich nur spekulieren. Die
Verlautbarungen des Konzerns erschöpfen sich bisher in Standard-Phrasen:
Die Trennung erfolge in „beiderseitigem Einvernehmen“, Horn wolle sich nun
„anderen Aufgaben widmen“, hieß es in einer Pressemitteilung. Fest steht:
Der Rücktritt kam plötzlich. Sogar in Kreisen des mächtigen
VW-Aufsichtsrats zeigte man sich verblüfft.
## Zuerst trat Winterkorn zurück
Allerdings überrascht eher das Timing denn die Entscheidung als solche.
Eigentlich war das seit über einem Vierteljahrhundert für den Konzern
tätige VW-Urgestein als erstes Opfer des Abgas-Skandals gehandelt worden,
nachdem das US-Umweltamt EPA seine Vorwürfe vor knapp einem halben Jahr
publik gemacht hatte. Horn, der den Job als US-Chef erst im Januar 2014
antrat, hatte Monate vergeblicher Verhandlungen um Schadensbegrenzung mit
den US-Regulierern zu verantworten.
Bereits im Frühling des vergangenen Jahres habe er von möglichen Verstößen
gegen Emissionsregeln erfahren, sagte Horn im Oktober: „Ich wurde
informiert, dass die Vorschriften der EPA verschiedene Strafen vorsehen.“
Erst am 18. September war die Behörde an die Öffentlichkeit gegangen und
hatte VW damit in eine tiefe Krise gestürzt.
Der Konzern gab zwei Tage später zu, bereits seit 2009 in großem Stil
Abgaswerte gefälscht zu haben. Weltweit sind über elf Millionen Fahrzeuge
betroffen. Es gibt zahlreiche Klagen, in den USA drohen zweistellige
Milliardenstrafen.
Doch statt Horn, der das Geschäft der Marke VW dort leitete, wo die Misere
ihren Lauf nahm, trat Konzernchef Martin Winterkorn zurück. Horn schien
damit zunächst aus dem Schneider. Er war auch von strategischer Bedeutung
für VW, denn der US-Vertrieb trug ihn auf Händen. „Wir stehen zu 100
Prozent hinter Michael“, sagte Alan Brown, der Vorsitzende des Verbands der
VW-Vertragshändler noch im November. Die Autoverkäufer sind als Schlüssel
zur Kundschaft und potenzielle Sammelkläger enorm wichtig für die Zukunft
von VW in Amerika.
## Am 24. März läuft das Ultimatum ab
Horn hatte den Spitzenjob wegen des schwächelnden US-Absatzes bereits als
Krisen-Manager übernommen. „VW hat auf dem US-Markt kein richtiges
Konzept“, kritisierte Branchenkenner Ferdinand Dudenhöffer seinerzeit.
Doch in guten Verkaufszahlen schlug sich Horns guter Draht zum Vertrieb
nicht nieder. Die Anteile der Wolfsburger auf dem wichtigen Auslandsmarkt
schrumpften weiter – im Zuge des Abgas-Skandals, der zu einem
Diesel-Verkaufsstopp führte, sogar massiv. Das stellt Interims-Nachfolger
Woebcken vor diverse Probleme.
Der Ex-BMW-Manager, der kürzlich bereits zum Leiter des
Nordamerika-Geschäfts ernannt wurde, übernimmt ein Feld von Krisenherden.
Eine Einigung mit den Behörden über einen Plan zur Beseitigung der
Betrugsprogramme muss ebenso dringend her wie eine Strategie, um die Kunden
zurückzugewinnen.
Am 24. März läuft das Ultimatum eines US-Richters ab, bei dem über 600
Klagen gebündelt sind. Zudem ermitteln das Justizministerium und 50
Staatsanwälte der US-Bundesstaaten. Es brennt an allen Ecken und Enden.
10 Mar 2016
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