# taz.de -- Umfragen vor den Landtagswahlen: Es wird spannend – überall! | |
> Die etablierten Parteien hoffen bei den Landtagswahlen auf Einzelerfolge. | |
> Uneingeschränkt jubeln wird wahrscheinlich nur die AfD. | |
Bild: Am 13. März wird gewählt: Wahlkampf in Rheinland-Pfalz. | |
Berlin taz | Die aktuellen Stimmungstests für Baden-Württemberg, | |
Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt deuten auf einen spannenden Wahlausgang | |
am übernächsten Sonntag hin – und zwar in allen drei Bundesländern. | |
Ob CDU, SPD, Grüne, Linkspartei oder FDP: Die StrategInnen in den | |
Parteizentralen müssen allesamt darauf hoffen, eine schlechte Gesamtbilanz | |
hinter Einzelerfolgen verstecken zu können. Einiges spricht dafür, dass am | |
Wahlabend nur die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) | |
uneingeschränkt wird jubeln können. | |
Nach den Zahlen, die Infratest dimap im Auftrag der ARD am Donnerstag und | |
die Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des ZDF am Freitag veröffentlicht | |
haben, kann die AfD damit rechnen, künftig als drittstärkste Kraft in den | |
drei Landesparlamenten vertreten zu sein. In der Sonntagsfrage liegt sie | |
derzeit in Sachsen-Anhalt zwischen 17 und 19 Prozent, in Baden-Württemberg | |
zwischen 11 und 13 Prozent sowie in Rheinland-Pfalz zwischen 9 und 10 | |
Prozent. | |
Eine absolute Katastrophe könnten die Wahlen für die SPD werden. In | |
Sachsen-Anhalt liegt sie mit 15 Prozent deutlich hinter der AfD. Auch in | |
Baden-Württemberg drohen die Sozialdemokraten hinter die strammen | |
Rechtsausleger zurück zufallen, zurzeit käme die SPD hier auf desaströse 13 | |
Prozent. In beiden Bundesländern könnte es passieren, dass die GenossInnen | |
sogar zu schwach werden, um noch als alleiniger Juniorpartner einem | |
Ministerpräsidenten von CDU, Grünen oder Linkspartei zur Mehrheit zu | |
verhelfen. | |
## SPD-Strohhalm Malu Dreyer | |
Der einzige Strohhalm, an den sich das Berliner Willy-Brandt-Haus klammern | |
kann, ist die Situation in Rheinland-Pfalz: Mit gegenwärtig 34 Prozent | |
bleibt die SPD zwar immer noch hinter ihrem Ergebnis bei der Landtagswahl | |
2011 (35,7 Prozent) zurück, gleichwohl geht die Tendenz nach oben. Der | |
Rückstand in den Umfragen zur CDU hat sich in den vergangenen Wochen | |
konstant verringert, beträgt jetzt nur noch einen beziehungsweise zwei | |
Prozentpunkte. | |
SPD-Spitzenkandidatin Malu Dreyer hat also noch eine realistische Chance, | |
ihre christdemokratische Herausfordererin Julia Klöckner zu schlagen. | |
Allerdings dürfte es aufgrund der Schwäche der Grünen auf keinen Fall für | |
eine Fortsetzung von Rot-Grün reichen. Für eine Ampelkoalition gäbe es | |
hingegen momentan eine knappe rechnerische Mehrheit. Falls jedoch Dreyer | |
ihren Chefsessel in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei verlieren | |
sollte, dürfte es auch für den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel verdammt eng | |
werden. | |
Für Klöckner, die bis Mitte November vergangenen Jahres noch konstant in | |
den Umfragen über der 40-Prozent-Marke lag, scheint es sich hingegen zu | |
rächen, dass sie sich nicht eindeutig hinter die Flüchtlingspolitik Angela | |
Merkels stellt. Derzeit rangiert die rheinland-pfälzische CDU nur noch | |
zwischen 35 und 36 Prozent, der schon sicher geglaubte Wahlsieg ist in | |
größter Gefahr. | |
Schwarz-Gelb ist ohnehin in weite Ferne gerückt. So scheint es auf eine | |
Große Koalition in dem Bundesland hinauszulaufen, wobei offen ist, ob die | |
CDU oder vielleicht doch noch einmal die SPD als stärkste Partei die | |
Ministerpräsidentin wird stellen können. Gäbe es eine Direktwahl, wäre die | |
Entscheidung laut dem ARD-Deutschlandtrend eindeutig: Mit 50 zu 30 Prozent | |
würde Malu Dreyer Julia Klöckner deutlich distanzieren. | |
Weitaus schlimmer sieht es für Guido Wolf in Baden-Württemberg aus. Mit 37 | |
zu 45 Prozent ist der untalentierte CDU-Spitzenkandidat sogar in der | |
eigenen Anhängerschaft unbeliebter als der amtierende grüne | |
Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der insgesamt in der | |
Direktwahlfrage mit 64 zu 17 Prozent vorne liegt. Offenkundig haben die | |
Grünen den in der WählerInnenschaft akzeptierteren Konservativen | |
aufgestellt. Das wirkt sich auch auf die Sonntagsfrage aus, in der die CDU | |
mit 28 Prozent beziehungsweise 30 Prozent klar hinter den Grünen rangiert. | |
## CDU-Hoffnungsträger Reiner Haseloff | |
Der einzige CDU-Spitzenkandidat, der relativ gelassen dem Wahlsonntag | |
entgegen sehen kann, ist der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Reiner | |
Haseloff. Nicht nur, dass er im Falle einer Direktwahl mit 46 Prozent | |
deutlich besser abschneiden würde als sein Herausforderer von Linkspartei, | |
Wulf Gallert (12 Prozent). Haseloffs Partei kann zudem damit rechnen, | |
erneut die mit Abstand stärkste Fraktion im Landtag zu stellen, gegen die | |
keine Regierung zu bilden ist. In den Umfragen liegt die CDU derzeit | |
zwischen 31 und 32 Prozent, also nur knapp unter ihrem Niveau bei der Wahl | |
vor fünf Jahren (32,5 Prozent). | |
Doch auch für Haseloff gibt es noch einen großen Unsicherheitsfaktor. Denn | |
seine schwarz-rote Koalition steht aufgrund der absehbaren Verluste für die | |
SPD stark auf der Kippe. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hätte sie nur noch | |
eine hauchdünne Mehrheit – die futsch wäre, falls die FDP, die momentan | |
zwischen 4 und 4,5 Prozent rangiert, den Sprung in den Landtag doch noch | |
schafft. | |
Selbst wenn ihr das nicht gelingt, könnte es nicht für Schwarz-Rot reichen. | |
Da Haseloff eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen hat und eine Große | |
Koalition mit der Linkspartei nicht denkbar scheint, blieben dann nur noch | |
zwei Alternativen: eine Minderheitsregierung oder Schwarz-Rot-Grün – was | |
eine deutsche Premiere wäre. | |
Allerdings müssten dafür die Grünen überhaupt erst den Wiedereinzug in den | |
sachsen-anhaltinischen Landtag schaffen. Das ist jedoch keineswegs sicher. | |
Momentan liegt die Partei zwischen 5 und 5,5 Prozent, also nur knapp über | |
der Hürde. Auch in Rheinland-Pfalz könnte es noch knapp werden. Vor fünf | |
Jahren holten die Grünen hier noch dank Fukushima sensationelle 15,4 | |
Prozent. Nun werden sie zwischen 6 und 7 Prozent gehandelt – was weniger | |
bedrohlich aussieht als es vor dem Hintergrund des alles überschattenden | |
Zweikampfs zwischen Dreyer und Klöckner ist. | |
## Grüner Superstar Winfried Kretschmann | |
Wenn es ganz schlecht für die Grünen läuft, könnten sie also am 13. März | |
gleich zwei Landtagsfraktionen verlieren. Ausgelassen feiern werden sie | |
wohl trotzdem. Denn der sich abzeichnende Wahlausgang in Baden-Württemberg | |
wird alles andere überschatten. Was noch vor einigen Wochen völlig | |
ausgeschlossen schien, wird jetzt von Tag zu Tag wahrscheinlicher: dass | |
Winfried Kretschmann Ministerpräsident im Ländle bleibt. | |
Sowohl die Forschungsgruppe Wahlen als auch Infratest Dimap taxieren die | |
die Spätzle-Grünen im Augenblick auf phänomenale 32 Prozent – und die CDU | |
zwischen zwei beziehungsweise vier Prozentpunkten dahinter. Falls sich der | |
Trend nicht noch umkehrt, wird Kretschmann also weiter regieren – offen ist | |
allerdings, mit welcher Koalition. Dass es nochmal für Grün-Rot reicht, | |
scheint ausgeschlossen. Blieben also zwei denkbare Optionen: Grün-Rot-Gelb | |
oder die Große Koalition mit der CDU als Juniorpartner, was die | |
wahrscheinlichere Variante ist. | |
## FDP und Linkspartei müssen zittern | |
Licht und Schatten bieten die aktuellen Umfragen für die FDP. Danach liegen | |
die Freidemokraten zwar in Baden-Württemberg mit 7 beziehungsweise 8 | |
Prozent stabil, jedoch kommen sie gegenwärtig nur auf zwischen 5 und 6 | |
Prozent in Rheinland-Pfalz. Hier muss die Partei also ebenso zittern wie in | |
Sachsen-Anhalt, wo sie zum jetzigen Zeitpunkt mit 4 und 4,5 Prozent nicht | |
den Parlamentseinzug schaffen würde. Läuft es jedoch absolut optimal für | |
die neoliberale Lindner-Truppe, könnte sie sogar noch zum eigentlichen | |
Wahlgewinner werden: In allen drei Bundesländern sind Konstellationen nicht | |
ausgeschlossen, die der FDP sogar eine Regierungsbeteiligung bescheren | |
könnten. | |
Davon kann die Linkspartei nur träumen. Aber nicht nur, weil sich für sie | |
die Regierungsfrage erst gar nicht stellen wird, könnte es für die | |
Linkspartei ein gänzlich trauriger Wahlabend werden. Keine eineinhalb | |
Wochen vorher liegt die Partei in der Sonntagsfrage sowohl in | |
Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz bei jeweils 4 Prozent. Das | |
wäre zwar ein besseres Ergebnis als bei den Wahlen 2011. Aber für den | |
Einzug in die Parlamente würde es immer noch nicht reichen. | |
In Sachsen-Anhalt kann die Linkspartei zwar fest davon ausgehen, | |
zweitstärkste Partei zu bleiben. Aber mit derzeit 20 beziehungsweise 21 | |
Prozent droht ihr ein schlechteres Abschneiden als bei den beiden letzten | |
Urnengängen. Damit dürfte der dritte Anlauf des | |
Linkspartei-Spitzenkandidaten und „Frauenverstehers“ Wulf Gallert auch sein | |
letzter sein. | |
4 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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