| # taz.de -- Quotendebatte auf der Berlinale: Routine der Ausgrenzung | |
| > Warum liegt die kreative Gestaltungsmacht im Fernsehen in den Händen von | |
| > Männern über 50? Die Organisation Pro Quote Regie kämpft dagegen. | |
| Bild: Unter einer Quote dürfe die Qualität nicht leiden, sagt Degeto-Chefin C… | |
| Berlin taz | Es tut sich was, seit 340 Film- und Fernsehregisseurinnen | |
| Politik machen. Pro Quote Regie, die organisierte Stimme der | |
| Filmemacherinnen, legt seit zwei Jahren Zahlen vor, in denen die | |
| eingeschliffene Routine der Ausgrenzung vor allem im Fernsehen sichtbar | |
| wird. Die neueste Studie des Bundesverbands Regie hält fest, dass das ZDF | |
| im Jahr 2014 gerade mal 8,4 Prozent seiner Regieaufträge an Frauen vergab. | |
| Keine einzige konnte mit einem Budget von über 5 Millionen Euro arbeiten. | |
| Niemand in den einschlägigen Produktionsfirmen, Fördergremien und | |
| Fernsehanstalten, die das Gesicht des deutschen Films in Kino und Fernsehen | |
| bestimmen, mag sich gern bei offenem Sexismus ertappen lassen. | |
| So haben zumindest die ARD-Sender und ihre Tochterfirma Degeto Film eine | |
| erste schrittweise Anhebung der Aufträge an Frauen angekündigt und die | |
| Bereitschaft signalisiert, interne Ursachenforschung zu betreiben (während | |
| das ZDF sich vorerst in beleidigtes Schweigen hüllt). Doch Pro Quote Regie | |
| schlägt auch Gegenwind entgegen. | |
| Mehr Regisseurinnen, warum nicht? Aber unter einer Quote von 30, in zehn | |
| Jahren 50 Prozent dürfe die Qualität nicht leiden, so etwa äußerte sich | |
| Degeto-Chefin Christine Strobl. Fallen Frauen aus dem Raster, weil sie | |
| schlechtere Filme machen, wo doch 40 Prozent weibliche Filmstudierende ihr | |
| Diplom machen und überdurchschnittlich oft Preise für ihre Debüts gewinnen? | |
| Welcher Qualitätsbegriff bestimmt die Mechanismen, die rechtfertigen, dass | |
| die kreative Gestaltungsmacht im ZDF etwa überwiegend in Händen von Männern | |
| über 50 liegt? | |
| ## Geniebegriff des 19. Jahrhunderts | |
| Die Genderfrage, die sich als Qualitätsfrage verkleidet, war das Thema | |
| einer Debatte, zu der Pro Quote Regie am Dienstag in den gut besuchten | |
| Plenarsaal der Akademie der Künste eingeladen hatte. | |
| Christian Becker, Produzent von „Fuck you, Göhte 1“ und Geschäftsführer … | |
| Münchener Blockbuster-Fabrik Rat Pack, wiederholte das bekannte Argument, | |
| Regisseurinnen würden sich zu selten mit ihren Projekten bemerkbar machen. | |
| Er räumte allerdings ein, dass er sich schon auf der Münchener | |
| Filmhochschule ein Kumpel- und Kollegennetzwerk geschaffen habe. | |
| Sind Frauen selbst schuld, wenn sie gegen Seilschaften nicht ankommen? Die | |
| Regisseurin Jutta Brückner stellte den Rätseln über die Dysfunktionalität | |
| kreativer Frauen lieber steile Thesen entgegen, um auf die Macht unbewusst | |
| wirkender Normen aufmerksam zu machen: Die gesellschaftliche Wertschätzung | |
| künstlerischen Handwerks speise sich immer noch aus dem Geniebegriff des | |
| 19. Jahrhunderts. | |
| Ein Künstler, der gegen die Widrigkeit der Produktionsverhältnisse keine | |
| Karriere aufbauen könne, sei immerhin ein verkannter Meister, Frauen | |
| dagegen könnten nicht vom Genieverdacht profitieren. Nur in Umbruchzeiten | |
| hätten sie bislang ihre Chance ergreifen können. | |
| Das Podium der Pro-Quote-Regie-Veranstaltung steckte die Landkarte einer | |
| vielversprechenden Film- und Fernsehlandschaft ab, in der anstelle der | |
| denkfaulen Bedienung flacher Komödien, Krimi- und Romanzenformate mehr | |
| Querdenkerinnen ihre Geschichten erzählen und – so die Anregung des | |
| Scriptdoktors Roland Zag – der ausgelaugte Heldentypus abdankt. | |
| Über diesen Kampf sollten Regisseurinnen aber nicht die Sicherung ihrer | |
| Arbeit vernachlässigen. „No Future without Past“, die jährlich zur | |
| Berlinale stattfindende Veranstaltung des Internationalen | |
| Frauenfilmfestivals Dortmund/Köln, widmet sich dem Appell, das weibliche | |
| Filmerbe angemessen zu archivieren, zu restaurieren und zugänglich zu | |
| machen. | |
| Notwendig ist eine fortlaufende Überarbeitung der Filmlisten, nach denen | |
| deutsche Archive die Relevanz von Filmen beurteilen und ihre | |
| Digitalisierung vorantreiben, notwendig auch das Bewusstsein der | |
| Filmemacherinnen für den Wert ihres Werks. | |
| 18 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudia Lenssen | |
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