# taz.de -- Umstrittenes Freihandelsabkommen TTIP: Massenhaft Gründe für ein … | |
> Das Freihandelsabkommen TTIP wird immer unbeliebter. In Kassel suchen | |
> Aktivisten nach Mitteln, um es zum Scheitern zu bringen. | |
Bild: Geheime Verhandlungen: Massendemo gegen TTIP im Oktober in Berlin | |
Berlin taz | Noch nie hat ein geplantes Handelsabkommen so viele Menschen | |
bewegt, so viele Ängste und Befürchtungen ausgelöst wie das | |
Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU. Seit 2013 verhandeln | |
UnterhändlerInnen alle zwei bis drei Monate an einem geheimen Ort. Am | |
Freitag in Brüssel wollen die Chefunterhändler vor die Presse treten und | |
feinabgestimmte Verlautbarungen zur 12. TTIP-Verhandlungsrunde bekannt | |
geben. | |
In Deutschland, aber auch in anderen Ländern ist eine Massenbewegung gegen | |
TTIP entstanden. AnwältInnen, Kulturschaffende, NaturschützerInnen, | |
GewerkschafterInnen, UnternehmerInnen und andere Gruppen sammeln | |
Unterschriften gegen das Abkommen, organisieren Tagungen dazu oder Aktionen | |
dagegen. | |
Politik und große Wirtschaftsverbände versprechen, dass TTIP zu Wachstum | |
und mehr Arbeitsplätzen führt. Daran glauben die KritikerInnen nicht. Sie | |
fürchten, dass das Abkommen multinationalen Konzernen mehr Einfluss | |
verschafft und Sozial- und Umweltstandards senkt. | |
„Die Stopp-TTIP-Bewegung ist eine Demokratiebewegung“, sagt Jörg Haas, | |
Sprecher der Organisation Campact, die einer der wichtigsten Promotoren der | |
TTIP-Proteste ist. An diesem Wochenende versammeln sich in der Universität | |
Kassel einige hundert AktivistInnen aus den unzähligen Initiativen im Land. | |
In 36 Workshops und drei Podiumsdiskussionen mit internationaler | |
Beteiligung beraten sie ab Freitagmittag darüber, wie sie TTIP zum | |
Scheitern bringen können. Im Oktober hat die Bewegung mit der | |
Großdemonstration in Berlin, zu der mehr als 200.000 Teilnehmende kamen, | |
einen Höhepunkt erreicht – ungewiss ist, ob sie damit ihren Zenit | |
überschritten oder Anlauf für die nächste Etappe genommen hat. | |
## Private Schiedsgerichte umstritten | |
Manche AktivistInnen planen als nächstes Projekt eine Volksabstimmung, | |
andere setzen auf lokale TTIP-freie Zonen. In der Diskussion sind Aktionen | |
zum Deutschlandbesuch von US-Präsident Obama im April oder eine weitere | |
Großdemonstration im Herbst in Deutschland. „Ein wichtiger Punkt ist die | |
Mobilisierung gegen Ceta“, sagt Haas. Das Freihandelsabkommen zwischen der | |
EU und Kanada ist eine Art ältere Schwester von TTIP und bereits fertig | |
verhandelt. Im Laufe des Jahres steht die Ratifizierung im EU-Parlament an. | |
Zurzeit befindet es sich in der juristischen Feinabstimmung. Dabei sollen | |
Passagen zu den umstrittenen privaten Schiedsgerichten überarbeitet werden, | |
mit denen Konzerne Staaten nach unliebsamen Entscheidungen auf | |
Schadenersatz verklagen können. | |
In Kommissionskreisen heißt es, die neue kanadische Regierung sei bereit, | |
die Vorschläge der EU zu akzeptieren, die sie nach Protesten gemacht hat. | |
Danach sollen die Schiedsgerichte nicht mehr mit Rechtsanwälten besetzt | |
sein, sondern Gerichte mit Berufsrichtern sein, die anders als bislang | |
vorgesehen eine Berufungsinstanz haben. | |
In der Stopp-TTIP-Gemeinde wird das als reine Kosmetik gesehen. Die | |
Änderungen gehen auf Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zurück, der | |
so die Proteste einfangen wollte. Er tritt energisch für Ceta und TTIP ein | |
und sieht in den GegnerInnen offenbar die üblichen Verdächtigen – linke | |
Kapitalismuskritiker. Doch Jörg Haas von Campact widerspricht: „Die | |
TTIP-Bewegung kommt aus der Mitte der Gesellschaft.“ | |
Das sieht auch Julian Schenke vom Göttinger Institut für | |
Demokratieforschung so. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern hat er eine | |
Studie über die FreihandelsgegnerInnen erstellt. „Es sind die arrivierten | |
Mittelschichten, die gegen TTIP protestieren“, sagt er. Die KritikerInnen | |
sind gut gebildet, viele haben Erfahrung mit sozialen Protesten. „Es ist | |
ein Neinsager-Protest“, sagt der Politikwissenschaftler. „Die | |
Protestierenden wehren sich weniger gegen die Dinge, die passieren, als | |
gegen die, die sie fürchten.“ Dass die Verhandlungen im Verborgenen | |
stattfinden, nutzt den GegnerInnen: „Alles, was im Geheimen läuft, ruft in | |
Deutschland ein großes Misstrauen hervor“, sagt Schenke. | |
Die EU-Kommission versucht mit einer PR-Offensive, den Ruf von TTIP zu | |
retten. Nicht sehr erfolgreich: Nach einer Emnid-Umfrage ist die Zustimmung | |
zu dem Abkommen in der Bundesrepublik im Februar auf 25 Prozent gesunken. | |
Im vergangenen Juni waren es noch 47 Prozent. | |
25 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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