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# taz.de -- Nach dem Ende der Sanktionen: Irans Ölproblem
> Nach dem Ende der Sanktionen erhofft sich der Westen lukrative Deals mit
> Teheran. Doch die Hoffnung auf den Aufschwung im Iran ist verfrüht.
Bild: Plauschen unter (neuen) Freunden: Ruhani und Renzi.
Berlin taz | Papst Franziskus, Matteo Renzi, François Hollande – die Liste
der Personen, die Irans Präsident Hassan Ruhani bei seiner Europa-Visite
derzeit trifft, ist erlesen. Kein Wunder: Mit Ruhani kommt erstmals seit
fast zwei Jahrzehnten wieder ein iranischer Staatschef zum Staatsbesuch
nach Europa. Seine viertägige Visite in Italien und Frankreich ist Teil der
Bemühungen Teherans, nach der Umsetzung des Atomabkommens wieder an alte
Partnerschaften anzuknüpfen.
Möglich wurde dies durch die Aufhebung der harschen Sanktionen gegen Iran,
nachdem das Land Schritte zur Eindämmung seines Nuklearprogramms ergriffen
hatte. Ruhani geht es auch um lukrative Deals, so zwischen iranischen
Gasfirmen und dem italienischen Öldienstleister Saipem.
Westliche Exporteure und Investoren halten das Land mit den zweitgrößten
Erdöl- und Erdgasquellen in der Welt für einen idealen Markt. In seinen
fast 80 Millionen Einwohnern sehen sie 80 Millionen Kunden. Das Land gilt
zudem als äußerst liquide. Der von Präsident Rohani oft angekündigte
Neubeginn wird nämlich durch die freiwerdenden schätzungsweise hundert
Milliarden Dollar begünstigt, die auf ausländischen Banken im Zuge der
Sanktionen eingefroren wurden.
Nun will Rohani zu allen Staaten - Israel ausgenommen - gute Beziehung
aufzubauen. Das Atomabkommen öffne „eine goldenen Seite“ in der iranischen
Geschichte, über Twitter erlärte er: „Die iranische Wirtschaft ist nun frei
von den Ketten der Sanktionen und es ist an der Zeit, zu bauen und zu
wachsen.“
## Weitgehend vom Öl- und Gasexport abhängig
Wer die finanziellen Möglichkeiten des Landes genauer unter die Lupe nimmt,
stößt auf Probleme. Irans seit Jahren kriselnde Wirtschaft ist weitgehend
von der Öl- und Gasindustrie abhängig. Mehr als 80 Prozent der staatlichen
Einnahmen stammen aus dem Öl- und Gasexport. Das von den USA und der EU
verhängte Embargo über das iranische Öl hatte dessen Exportquote drastisch
gesenkt. Mit den EU-Sanktionen, die 2012 begannen, ging der Öl-Export von
2,3 Millionen Barrel pro Tag auf eine Million Barrel zurück. Die
Öleinnahmen brachen von 118 Milliarden Dollar im Jahr 2011 auf 42
Milliarden Dollar im Jahr 2013 ein.
Nun kündigte Vize-Ölminister Rokneddin Dschawadi an, den Export kurzfristig
um eine halbe Million Barrel zu steigern. Mittelfristig sollen die
Ausfuhren dasselbe Niveau wie vor den Sanktionen erreichen. Doch angesichts
maroder Förderanlagen und Raffinerien ist es fraglich, ob Iran dazu in der
Lage ist. Diese stammen zum größten Teil aus der Schahzeit. Anstatt die
Anlagen und Raffinerien zu modernisieren, konzentrierte sich der Staat
lange auf den Ausbau der Atomindustrie, die Abermilliarden kostete, ohne
einen nennenswerten Teil des Energiebedarfs decken zu können.
Um den erhofften wirtschaftlichen Aufschwung herbeiführen zu können, muss
die Ölindustrie dringend modernisiert werden. Das kann der Iran aus eigenen
Mitteln nicht leisten, er ist auf finanzkräftige ausländische Investoren
angewiesen. Doch deren Interesse ist angesichts der Lage auf dem
internationalen Ölmarkt nicht allzu groß. Hier steht ein Überangebot einer
sinkenden Nachfrage gegenüber.
Auch die politische Lage in der Region und im Iran selbst, die im Land
bestehende nahezu totale Kontrolle der Wirtschaft durch den Staat und die
weit verbreitete Korruption bilden große Hindernisse für eine
wirtschaftliche Zusammenarbeit. Iran müsste demnach versuchen, ausländische
Unternehmen durch günstigere Bedingungen ins Land zu locken.
## Iranische Exporte beschleunigen Ölpreisverfall
Allerdings ist der Ölpreis inzwischen drastisch gesunken. Und: Die Talfahrt
würde durch die Steigerung der iranischen Exporte noch beschleunigt. Um dem
Preisverfall entgegen zu wirken, müssten andere OPEC-Staaten, allen voran
Irans Erzrivale Saudi-Arabien, ihre Fördermengen reduzieren – das ist kaum
anzunehmen.
Gerade Saudi-Arabien, das bereits seit geraumer Zeit alles unternimmt, um
eine Stärkung Irans als Regionalmacht zu verhindern, wird, wie in den
letzten Monaten bereits geschehen, alles versuchen, um Irans Entwicklung zu
bremsen. Iran habe nicht die Absicht, die Spannungen auf dem Weltmarkt zu
verschärfen, sagte Ölminister Bijan Sangeneh. „Aber wir wollen unseren
Marktanteil zurückgewinnen.“ Doch das geht derzeit nur über noch günstigere
Preise. Das heißt, dass der Iran die Preise weiter nach unten treiben
dürfte.
26 Jan 2016
## AUTOREN
Bahman Nirumand
## TAGS
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