# taz.de -- Schwankung des Ölpreises: Analysten beim Topfschlagen | |
> Wohin geht es mit dem Ölpreis? Der wichtigste Zukunftsausblick der | |
> Branche warnt zwar vor einem Anstieg – enthält aber viele Fragezeichen. | |
Bild: Bohrende Frage: Wie viel ist das Öl wert, das auf diesem westsibirischen… | |
BERLIN taz | Es geschehen seltsame Dinge auf den Finanzmärkten. Am Montag | |
mal wieder. Die Internationale Energie-Agentur IEA veröffentlicht ihre | |
Mittelfristprognose zum Ölmarkt bis zum Jahr 2021. Darin steht, wenig | |
überraschend: Das mit dem niedrigen Ölpreis geht wohl nicht ewig weiter, | |
der wird vermutlich 2017 wieder steigen. | |
Sofort schießt der Ölpreis in die Höhe und damit die Aktienkurse. Immerhin | |
ist die IEA, eine Unterorganisation der Industrieländervereinigung OECD, in | |
Energiefragen globaler Meinungsführer. Früher allerdings verhielt es sich | |
meist andersherum: Steigender Ölpreis bedeutete höhere Kosten für die | |
Industrie, Gefahr fürs Wachstum, ergo sinkende Aktienkurse. | |
Zurzeit ist nichts mehr so, wie es Ökonomen für normal halten. Der niedrige | |
Ölpreis stürzt zahlreiche Förderländer an den Rand der Pleite – auch wenn | |
der Internationale Währungsfonds gestern für die reichen Golfstaaten | |
Entwarnung gab: Bahrain, Kuwait, Katar, der Oman, die Vereinigten | |
Arabischen Emirate und Saudi-Arabien haben 2015 zwar 340 Milliarden Dollar | |
weniger eingenommen als gedacht, sitzen aber laut IWF auf dicken | |
Finanzpolstern. | |
Dennoch überwiegt global die Angst vor einem Kollaps einzelner Länder oder | |
vor Kreditausfällen im Fördergeschäft und damit einer Abwärtsspirale für | |
die Wirtschaft, sollte der Ölpreis nicht steigen. Tut er es, beruhigen sich | |
die Börsen. | |
Das Erstaunliche an dem Bericht der IEA ist die extreme Unsicherheit der | |
Autoren, die wahrscheinlich auf dem weltweit größten Datenschatz zum | |
Ölmarkt sitzen. „Den Ölmarkt der nächsten Jahre zu verstehen ist heute eine | |
Aufgabe von enormer Komplexität“, schreibt die IEA. Steffen Bukold, Analyst | |
des unabhängigen Hamburger Beratungsbüros Energy Comment, sieht das | |
ähnlich: „Da herrscht große Ratlosigkeit. Schon die Prognosen aus dem | |
vergangenen Jahr sind heute überholt“, sagt er. | |
Dass geopolitische Krisen den Ölpreis schwanken lassen – das gehört zu den | |
normalen Unsicherheiten. „Was aber unterschätzt wurde, sind die | |
technologischen Entwicklungen“, sagt Bukold. So gingen noch 2015 viele | |
Experten davon aus, dass die kostspielige Förderung in den USA aufgrund des | |
Preisverfalls sehr schnell sinken würde. Doch hat die Industrie ihre Kosten | |
gedrückt, durch bessere Techniken und „enormen Rationalisierungen“, wie es | |
Bukold nennt. Dadurch verschafften sich die Firmen Luft, viele pumpen | |
weiter. | |
Aus ökologischer Sicht gibt es gemischte Botschaften: Weltweit stieg der | |
Ölverbrauch auf umgerechnet über 15 Milliarden Liter am Tag, ein absoluter | |
Rekordwert. Trotz Energiewende sinkt der Verbrauch in Europa bis 2021 kaum | |
und wächst weltweit ungebremst weiter. Immerhin kürzen immer mehr Staaten | |
ihre Subventionen für Diesel, Kerosin und Benzin. Dazu hat sich die | |
Weltgemeinschaft im Rahmen der neuen, globalen Entwicklungsziele der UN bis | |
2030 auch verpflichtet. | |
Künftig könnte der Ölpreis übrigens scharf nach oben schnellen, warnt die | |
IEA – weil derzeit kaum noch in neue Förderung investiert wird. Schon 2018 | |
könnte es eine starke Unterproduktion geben. Für Bukold gilt weiter: Weg | |
vom Öl. „Man sollte eine Volkswirtschaft nicht von einem Rohstoff abhängig | |
machen, der in jeder Hinsicht - von der Klimaentwicklung bis zur | |
Preisentwicklung - unabsehbare Risiken birgt“, sagt er. | |
23 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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