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# taz.de -- Wirtschaftskrise in Nigeria: Jeder Dollar ist heiß begehrt
> Der niedrige Ölpreis ruiniert das Land. In Nigeria liegt die Wirtschaft
> am Boden. Nun werden auch noch die Devisen knapp.
Bild: Dollar: mehr als ein Statussymbol.
Abuja taz | Jeden Morgen parkt Buba Joda sein kleines Auto auf der
gegenüberliegenden Straßenseite des Sheraton-Hotels mitten in Abuja. Noch
vor ein paar Jahren galt es als eines der besten in Nigerias Hauptstadt.
Heute trifft man sich lieber anderswo auf einen Kaffee, Tee oder Softdrink.
Joda sieht es von der Bank aus, auf der er sitzt und wartet. Seit 18 Jahren
arbeitet er als Geldwechsler und betreibt eine mobile Wechselstube. Er
kommt zu seinen Kunden oder wartet auf dem größten Währungsschwarzmarkt auf
sie.
So schlecht wie im Moment lief das Geschäft noch nie, denn der Naira ist im
freien Fall. Anfang Februar gab es für einen US-Dollar noch 300 Naira.
Heute sind es manchmal knapp 400. Die Zentralbank gibt den Kurs derzeit bei
offiziell knapp 200 Naira an. „Ich kann mich noch an das Jahr 2014
erinnern“, sagt Joda, „damals wurde ein Dollar in 165 Naira umgerechnet,
manchmal sogar in 140 Naira.“ Jetzt ist der Geldwechsler über jeden Dollar
und Euro froh, der noch ins Land kommt.
Dollar Scarcity heißt die neue Lage, abgeleitet von der wohl bekannten Fuel
Scarcity. Diese tritt in regelmäßigen Abständen ein, wenn das Land wieder
einmal zu wenig Benzin hat. Stundenlanges Warten vor Tankstellen und ein
blühender Schwarzmarkt sind die Folgen.
Ursache für die Dollar Scarcity ist der weltweit gesunkene Ölpreis. Nigeria
– gefördert wird seit 1956 – ist extrem abhängig vom schwarzen Gold.
Versuche, in andere Bereiche, etwa Landwirtschaft, zu investieren, gibt es
zwar. Über lange Zeit sind diese jedoch nicht einmal halbherzig verfolgt
worden. Nach Angaben der nationalen Ölgesellschaft (NNPC) werden deshalb
täglich bis zu 2,5 Millionen Barrel Rohöl gefördert. Im weltweiten
Vergleich hat sich Afrikas einwohnerreichster Staat auf Platz sechs
hochgearbeitet und ist Spitzenreiter auf dem Kontinent.
## Präsident zu Gesprächen in Saudi-Arabien
Mehr Geld für das schwarze Gold ist wohl auch das beherrschende Thema beim
jüngsten Staatsbesuch von Präsident Muhammadu Buahri (73) gewesen. In
Saudi-Arabien, ebenfalls Ölproduzent, sagte er gemeinsam mit König Salman:
Beide Länder wollen alles dafür tun, um den Preis zu stabilisieren –
Details nannten sie nicht.
Das wünschen sich auch viele Händler, die Waren aus dem Ausland
importieren. Saidu Sani gehört dazu. Sein Geschäft liegt ein wenig
versteckt am Jabi-Motor-Park, dem bekanntesten Busbahnhof Abujas. Es ist
schwierig, bis zu seinem kleinen Verkaufsraum vorzudringen, denn überall
stehen braune Türen. „Die ist aus China, die hier aus der Türkei“, zeigt …
auf zwei Exemplare. Die Türkei hat es ihm angetan. Von dort hat er
besonders gerne Ware nach Nigeria gebracht. Warum, das kann er gar nicht so
genau sagen. Es klingt fast wie Europa, ist aber bei Weitem nicht so teuer.
Doch es ist lange her, dass er das letzte Mal Ware aus dem Ausland
empfangen hat. „Es gibt in diesem Land keine US-Dollar mehr“, klagt er.
Alleine könnte er ein solches Geschäft gar nicht mehr stemmen. Einzige
Möglichkeit ist noch, sich mit anderen Verkäufern zusammenzutun. „Dann
müsste jeder bringen, was er noch hat.“
Saidu Sani zeigt rechts und links auf seine Nachbarn. So könnten die Kosten
geteilt werden, aber auch die Gewinne. Im Moment ist ihm aber sogar das
Geschäft zu riskant. Stattdessen sucht er nach gebrauchten, aber gut
erhaltenen Türen. Die Gewinnspanne ist allerdings marginal.
## Wirtschaft ankurbeln mit lokalen Produkten
Präsident Buhari steht seit Wochen unter Druck. Gerne heißt es, dass der
Staat spätestens bis zum Jahresende komplett pleite ist. Er scheint das
jedoch aussitzen zu wollen und hat sich wiederholt gegen eine Abwertung des
Naira ausgesprochen. Seine Frau Aisha ist laut einem lokalen
Zeitungsartikel pragmatischer. „Made in Nigeria“ – Produkte aus dem Land
wie etwa Tomatenpaste – soll die Bevölkerung kaufen, um die Wirtschaft
anzukurbeln.
In Jabi möchte sich auch Saidu Sani seinen Optimismus erhalten. „Wenn die
Regierung erst einmal arbeitet und der Staatshaushalt verabschiedet ist,
wird das schon besser werden, so Gott will.“
3 Mar 2016
## AUTOREN
Katrin Gänsler
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