# taz.de -- Polnischer Außenminister zu EU-Kritik: „Verständnis wäre wüns… | |
> Die PiS greift mit Gesetzen in Justiz und Medien ein, die EU droht mit | |
> Konsequenzen. Polens Außenminister fordert nun Solidarität – vor allem | |
> von Deutschland. | |
Bild: Fordert mehr Verständnis von Deutschland: der polnische Außenminister W… | |
BERLIN afp/rtr | Die europaweit in der Kritik stehende neue polnische | |
Regierung fordert von Deutschland mehr Solidarität. „Etwas mehr Verständnis | |
der Deutschen für unsere politische Situation wäre wünschenswert“, sagte | |
Außenminister Witold Waszczykowski der Bild-Zeitung. Polen sei sich | |
bewusst, dass Deutschland „eine entscheidende Stimme im Chor Europas“ habe. | |
Die Deutschen sollten sich fragen, was sie von Polen erwarteten, forderte | |
der Minister. „Braucht Ihr Polen nur als Pufferzone zu Russland? Als | |
Lieferant billiger Arbeitskräfte? Als Zulieferer und verlängerte Werkbank | |
für große deutsche Konzerne? Oder sind wir Polen, bei allen | |
wirtschaftlichen Größenunterschieden, ein Partner Deutschlands, zumindest | |
bei der Lösung der Probleme in unserem Teil Europas?“ | |
Die neue polnische Regierung steht in der EU massiv in der Kritik. | |
[1][Unter anderem hatte das Parlament zum Jahreswechsel im Eilverfahren ein | |
Mediengesetz verabschiedet,] das die konservative Regierungspartei Recht | |
und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski vorgelegt hatte. Damit | |
werden die Chefs der öffentlich-rechtlichen Sender künftig direkt von der | |
Regierung ernannt oder abberufen. Eine zuvor verabschiedete Reform des | |
Verfassungsgerichts erschwert zudem die Arbeit der Verfassungshüter. | |
„Wir wollen lediglich unseren Staat von einigen Krankheiten heilen, damit | |
er wieder genesen kann“, sagte Witold Waszcykowski Bild. Bei den Medien sei | |
unter der Vorgänger-Regierung ein bestimmtes linkes Politik-Konzept | |
verfolgt worden. „Als müsse sich die Welt nach marxistischem Vorbild | |
automatisch in nur eine Richtung bewegen - zu einem neuen Mix von Kulturen | |
und Rassen, eine Welt aus Radfahrern und Vegetariern, die nur noch auf | |
erneuerbare Energie setzen und gegen jede Form der Religion kämpfen.“ Das | |
habe mit traditionellen polnischen Werten nichts zu tun. | |
Die EU-Kommission will als Konsequenz Mitte Januar über die Lage des | |
Rechtsstaates in Polen beraten. Die geplante Beratung ist die Vorstufe zu | |
einem Prüfverfahren, das die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit durch die | |
Mitgliedstaaten überwachen soll. [2][Der deutsche EU-Kommissar Günther | |
Oettinger (CDU) hatte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gesagt,] | |
er werde sich bei der Sitzung der EU-Kommission am 13. Januar dafür | |
einsetzen, „dass wir jetzt den Rechtsstaatsmechanismus aktivieren und | |
Warschau unter Aufsicht stellen“. | |
## Umgang mit Flüchtlingen | |
Polen sei seit 16 Jahren Mitglied der Nato, führte Waszczykowski nun in der | |
Bild-Zeitung aus. Noch immer aber liege der Sicherheitsstatus seines Landes | |
weit unter dem Westeuropas. „Wir möchten, dass die Nato Truppen in Polen | |
stationiert, damit dieses Ungleichgewicht verschwindet“, sagte der | |
Außenminister. „Die deutsche Seite verhindert das seit Jahren, weil sie | |
Russland nicht provozieren will.“ | |
Verständnis forderte der Minister auch im Streit um die europaweite | |
Aufteilung von Flüchtlingen. Sein Land habe 1,5 Millionen Arbeitslose, mehr | |
als eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine lebten in Polen. „Und zwei | |
Millionen unserer Landsleute haben das Land verlassen - auch die möchten | |
wir gern in die Heimat zurückholen.“ | |
Deshalb seien Flüchtlinge aus Syrien und Irak zwar in Polen willkommen, | |
sagte der Minister. „Aber wir werden selbst in den Hotspot-Lagern | |
aussuchen, wer zu uns kommt: Menschen, die nachweisen können, dass sie | |
nicht aus wirtschaftlichen Gründen fliehen, die Papiere vorweisen können | |
und die vor allem aus freiem Willen nach Polen und in kein anderes Land | |
einreisen“, kündigte Wazczykowski an. „Zwangsweise Deportationen nach Polen | |
- das wäre vor dem Hintergrund unserer Geschichte fatal“, fügte der | |
Minister hinzu. | |
4 Jan 2016 | |
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