# taz.de -- Flüchtlinge auf dem Weg nach Dänemark: Abwarten – und dann weit… | |
> Nach der dänischen Grenzschließung herrscht „gespenstische Ruhe“ am | |
> Bahnhof Flensburg. Viele Politiker sind verstimmt. | |
Bild: Während Pendler sich über die Kontrollen ärgern, ist es auf dem Flensb… | |
KIEL taz | Polizisten stehen mit giftig-gelben Warnwesten an den | |
Autobahnen, Wagen schieben sich einspurig auf die Kontrollposten zu: Seit | |
Montagmittag bewacht Dänemark seine Grenzen zu Deutschland und lässt nur | |
noch Personen mit gültigen Papieren herein. Die Regierung von | |
Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen reagiert damit auf die verstärkten | |
Kontrollen in Schweden, mit denen der Nachbar den Flüchtlingsstrom | |
eindämmen will. | |
Der Domino-Effekt hat nun auch für Deutschland Folgen. Während Pendler sich | |
über die Kontrollen ärgern, ist es auf dem Flensburger Bahnhof | |
„gespenstisch ruhig“, berichtet Pelle Hansen, Sprecher der | |
Flüchtlingsinitiative, die seit Monaten hier Durchreisende versorgt. | |
Während in Spitzenzeiten über tausend Menschen pro Tag von der nördlichsten | |
Stadt Schleswig-Holsteins nach Dänemark ausreisten, waren es am Dienstag | |
gerade einmal 40. | |
Die Ruhe an der Grenze bedeute aber keineswegs, dass die Flüchtenden ihre | |
Pläne aufgeben, nach Skandinavien weiterzureisen, meint Hansen: „Wer es | |
nicht legal schafft, wird es auf anderen Wegen versuchen. Die Politik | |
treibt die Menschen zu Schleppern – das kann eigentlich niemand wollen.“ | |
Politiker in Norddeutschland sind nicht glücklich über die Entscheidung der | |
nördlichen Nachbarn. „Europa zeichnet sich durch Freizügigkeit aus“, sagte | |
der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD) dem | |
NDR. Er habe Verständnis für den Wunsch, die Flüchtlingsbewegung in | |
geordnete Bahnen zu lenken – es sei aber notwendig, diese Ordnung in der | |
gesamten EU herzustellen. | |
Sein Amtskollege aus Schleswig-Holstein, Torsten Albig (SPD), bedauerte die | |
Entscheidung ebenfalls: „Dies kann das gute Zusammenleben in der | |
deutsch-dänischen Grenzregion beeinträchtigen und insbesondere die Pendler | |
belasten.“ | |
## Erst 10 Tage, dann vielleicht 20 | |
Die dänische Regierung hatte angekündigt, zunächst zehn Tage lang die | |
Grenzübergänge zu überwachen. Die Maßnahme kann weitere 20 Tage verlängert | |
werden. Der FDP-Landtagsabgeordnete Ekkehard Klug warnt bereits vor der | |
„schrittweisen Abschaffung eines ‚Europa ohne Grenzen‘ “. Sein | |
Fraktionskollege Wolfgang Kubicki rechnet mit einer kurzfristigen Erhöhung | |
der Flüchtlingszahlen in Schleswig-Holstein. | |
Die Zahlen sagen anderes: In den Transitorten Kiel, Lübeck, Flensburg und | |
Puttgarden sind von insgesamt 15.000 Plätzen in den | |
Erstaufnahmeeinrichtungen derzeit nur rund 8.000 besetzt, heißt es aus dem | |
Innenministerium. Pelle Hansen von der Flensburger Initiative hat eine | |
Erklärung dafür: „Viele Menschen bleiben in Hamburg oder an anderen Orten, | |
nach dem Motto: Abwarten hilft.“ | |
Wer gültige Papiere hat, kann die Grenze überqueren. Flüchtlinge können | |
auch in Dänemark Asyl beantragen – die meisten wollen aber weiter nach | |
Schweden, viele haben dort bereits Verwandte oder Bekannte. Schweden galt | |
bisher als das Land in der EU, das – gemessen an seiner Einwohnerzahl – die | |
meisten Flüchtlinge aufnahm. 160.000 Asylsuchende wurden 2015 dort | |
registriert. In Dänemark beantragten dagegen im vergangenen Jahr nur 13.000 | |
Menschen Asyl. | |
6 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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