# taz.de -- Hamburg: Wohnungen statt Massenunterkünfte: Puffer für Vermieters… | |
> Die Stiftung „Wohnbrücke“ hilft Flüchtlingen, ein neues Zuhause zu | |
> finden, das nicht in ghettoisierten Großsiedlungen, sondern auf dem | |
> Wohnungsmarkt liegt. | |
Bild: Mit Hilfe der „Wohnbrücke“ sollen Flüchtlinge auf dem Wohnungsmarkt… | |
HAMBURG taz | Die Idee kam quasi über Nacht. „Die Angst, dass viele Ghettos | |
entstehen, trieb uns um“, erinnert sich Wohnbrücke-Mitgründerin Ute Groll. | |
Denn die Antwort des Senats auf die vielen Schutzsuchenden aus aller Welt, | |
die täglich in Hamburg eintreffen, lautet: große Neubausiedlungen nur für | |
Flüchtlinge. | |
Die Architektin Groll sprach darüber im Frühjahr mit Anne Woywod, einer | |
befreundeten Rechtsanwältin, und aus den Gesprächen wurde ein Projekt: Die | |
Stiftung „Wohnbrücke“, die „ganz normale“ Wohnungen an Flüchtlinge | |
vermitteln will. „500 Wohnungen für etwa 1.500 Flüchtlinge pro Jahr könnten | |
es werden“, gibt Ute Groll das Ziel vor und glaubt: „Diese Form der | |
Unterbringung hat ein hohes Integrationspotenzial.“ | |
Inzwischen ist viel passiert. Woywod und Groll trommelten im April einen | |
runden Tisch zusammen, an dem verschiedene Stiftungen, Eimsbüttels | |
Bezirksamtschef Torsten Sevecke sowie diverse Kirchen- und | |
Behördenvertreter teilnahmen. Alle waren von der Idee begeistert und nach | |
einigen weiteren Zusammenkünften wurde die Wohnbrücke im September auf den | |
Weg gebracht. Heute existiert sie als eigenständige Stiftung, ausgestattet | |
mit eigenem Büro in der Amandastraße und zwei Vollzeitstellen, die sich | |
drei MitarbeiterInnen teilen. | |
Die ersten Wohnungen wurden in den vergangenen Tagen vermittelt. Eine | |
Familie aus Afghanistan fand in Bergedorf eine neue Bleibe, ein Paar aus | |
dem Iran in Altona ein neues Zuhause. 20 weitere Wohnungen stehen bereits | |
für Flüchtlinge bereit. „Wir sind nur an unbefristeten Mietverhältnissen | |
interessiert“, betont Groll, weil „die Menschen nur dann ankommen werden, | |
wenn sie kommen, um zu bleiben.“ | |
Seit das Projekt auch über Multiplikatoren aus der Immobilienwirtschaft | |
bekannt gemacht wird, haben sich bereits zahlreiche private Vermieter | |
gemeldet und Wohnraum angeboten – oft günstiger als zu den marktüblichen | |
Konditionen. Doch auch mit den großen Wohnbaugenossenschaften steht die | |
Wohnbrücke bereits in engem Kontakt. „Das Projekt kommt ins Rollen“, sagt | |
Groll. | |
Zentraler Baustein des Konzepts sind etwa 60 ehrenamtliche | |
„Wohnungslotsen“, die nach einer kurzen Schulung die Flüchtlinge zunächst | |
bei der Wohnungssuche unterstützen – und, wenn ein Mietverhältnis zustande | |
gekommen ist, bei der Beantwortung aller im Zusammenhang damit aufkommenden | |
Fragen. In ihnen haben nicht nur die Flüchtlinge, sondern auch die | |
Vermieter einen verlässlichen Ansprechpartner. | |
Missverständnisse können so schnell ausgeräumt, entstandene Probleme auf | |
kurzem Weg gelöst werden. Oft sind es Kleinigkeiten wie die | |
Treppenhausreinigung oder die Mülltrennung, die den Neumietern erst einmal | |
erklärt werden müssen. Für den Fall von Wohnungsschäden oder Mietausfällen | |
birgt zudem ein Unterstützungsfonds der Wohnbrücke. So sollen die Vermieter | |
abgesichert und damit motiviert werden, an Flüchtlinge zu vermieten. | |
Auch wenn die Hamburger Wohnbrücke die Startlöcher gerade erst verlassen | |
hat, denkt Ute Groll schon weiter, sieht sie „als Pilotprojekt auch für | |
andere Bundesländer“. Denn Vermieter und Flüchtlinge zusammenzubringen, | |
nachbarschaftliche Integration statt Ghettobildung zu fördern, darum geht | |
es schließlich nicht nur in Hamburg. | |
27 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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