# taz.de -- Noch mehr Massenunterkünfte: In Lagerhallen sortiert | |
> Künftig sollen Asylbewerber in neuer Erstaufnahme registriert und von | |
> dort in andere Bundesländer verteilt werden | |
Bild: Null Privatsphäre, dafür konstanter Geräuschpegel: Flüchtlinge in ein… | |
HAMBURG taz | Hamburg wird die Aufnahme von Flüchtlingen noch im Dezember | |
ganz neu organisieren. Weil die Zentrale Erstaufnahme (ZEA) in der | |
Harburger Poststraße zu klein ist, wird sie nach Rahlstedt in den Ortsteil | |
Meiendorf verlegt. Dort sollen in einem Gewerbegebiet drei Lagerhallen für | |
bis zu 2.900 Flüchtlinge bereitgestellt werden. Noch vor Ort soll das | |
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) entscheiden, wer in Hamburg | |
bleibt und wer nach „Königsteiner Schlüssel“ in andere Bundesländer | |
verteilt wird. | |
Das sind die meisten. Im Oktober waren 10.437 Schutzsuchende in die Stadt | |
gekommen, von denen nur 2.887 Hamburg zugewiesen wurden. Doch wegen des | |
Platzmangels in der Harburger Poststraße wurden viele Menschen schon vor | |
ihrer Registrierung in andere Notunterkünfte in Hamburg verteilt. Künftig | |
soll das nicht mehr geschehen, wie aus einer Power-Point-Präsentation der | |
Innenbehörde hervorgeht. | |
Der Plan: Alle Flüchtlinge werden zunächst mit Shuttle-Bussen vom | |
Hauptbahnhof in die ZEA am Bargkoppelweg 66a mit 800 Plätzen gefahren. Dort | |
soll binnen zwei Tagen die Registrierung erfolgen und darüber entschieden | |
werden, ob und wohin die Flüchtlinge verteilt werden. Dauert es länger, | |
kann als Puffer eine benachbarte „Wartehalle“ am Bargkoppelweg 60 mit 600 | |
Plätzen für ein bis zwei Tage genutzt werden. | |
Danach sollen alle Flüchtlinge, die in Hamburg bleiben, in die bereits im | |
Betrieb befindliche Unterbringung am nahen Bargkoppelstieg mit 1.500 | |
Plätzen ziehen. Dort soll die ärzliche Untersuchung stattfinden, die | |
Leistungsansprüche beantragt und der Asylantrag gestellt werden, bevor die | |
Menschen nach fünf Tagen in eine der neu geschaffenen 31 Dezentralen | |
Erstaufnahmen (DEA) kommen. | |
Das sei ein wichtiger neuer Baustein der Flüchtlingshilfe, sagt | |
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Zuletzt habe die Stadt rund 7.000 | |
Flüchtlinge erst einmal untergebracht, obwohl sie auf Dauer gar nicht in | |
der Stadt bleiben sollen. Das neue System sei schneller und werde „die | |
Stadt entlasten“. | |
„Alle Leistungen an einem Ort: Das hilft der Stadt und den Geflüchteten“, | |
sagte auch die Grünen-Flüchtlingspolitikerin Antje Möller. Je schneller sie | |
registriert seien, desto schneller erhielten sie Sozialleistungen und | |
medizinische Versorgung. | |
In einem Punkt allerdings unterscheiden sich Dressels und Möllers | |
Einschätzungen. Laut der Grünen-Politikerin kommen alle Asylsuchenden, die | |
in Hamburg verbleiben, im Anschluss in eine DEA der Stadt – „unabhängig vom | |
jeweiligen Herkunftsstaat“. | |
Laut Dressel wird es in Zukunft, wenn der in Berlin von der Großen | |
Koalition geschlossene Asylkompromiss umgesetzt wird, eine dritte | |
Möglichkeit geben. Flüchtlinge aus als sicher eingestuften Herkunftsländern | |
würden dann von Meiendorf aus in die zentralen Registrierungsstellen für | |
Menschen ohne Bleibeperspektive kommen, die in Bayern geplant sind. Deren | |
Zahl wäre aber gering. Laut Statistik der Innenbehörde kamen im Oktober nur | |
noch ein Prozent der Flüchtlinge aus den Balkanstaaten. | |
Die fraktionslose Abgeordnete Dora Heyenn sieht das Modell kritisch. „Ich | |
fürchte, die Maßnahmen sollen für eine schnellere Abschiebung sorgen“. Sie | |
frage sich, ob „Wartehalle“ das hamburgische Wort für „Transitzone“ se… | |
Die Meindorfer CDU-Politikerin Claudia Folkers begrüßte das neue Konzept. | |
Es gebe aber schon jetzt Probleme mit der bestehenden Unterkunft am | |
Bargkoppelstieg, „weil die Flüchtlinge zum Nichtstun verdammt sind“. Die | |
Initiative „Meiendorf hilft“, in der sie mitarbeitet, unterstütze die | |
Flüchtlinge mit Dolmetschern, Deutschkursen, einer Kinderspiel-AG und einer | |
Kleiderkammer. | |
Leider werde es den Ehrenamtlichen aber nicht leicht gemacht, sich zu | |
engagieren, sagt Folkers. „Das ist aber nötig, damit die Stimmung nicht | |
kippt“. Das Gewerbegebiet sei klein und von Wohnhäusern umgeben. „Wenn es | |
jetzt heißt, im Maximalfall werden da 10.000 im Monat durchgeschleust, ist | |
das schon eine Größenordnung die die Menschen erschreckt.“ | |
6 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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