# taz.de -- Lage in Erstaufnahmeeinrichtungen spitzt sich zu: Aufschrei gegen d… | |
> In Hamburg kommt es immer wieder zu Demonstrationen, weil die | |
> Registrierung schleppend verläuft. | |
Bild: Bereits Mitte Oktober demonstrierten rund 50 Geflüchtete aus der Erstauf… | |
HAMBURG taz | Die Lage in den Erstaufnahme- Einrichtungen für Flüchtlinge | |
in Hamburg hat sich weiter zugespitzt. Fast täglich kommt es zu kleinen | |
Aufständen der Schutzsuchenden. Der Grund: „Es tut sich ewig nichts, die | |
Leute warten auf die Registrierung und bekommen keine Informationen von der | |
Ausländerbehörde“, berichtet eine Flüchtlingshelferin, die ihren Namen | |
nicht in Zeitung lesen will: „Es brodelt gewaltig“, sagt sie. | |
In der Unterkunft Kurdamm in Hamburg-Wilhelmsburg – einer ehemaligen | |
Schule, in der 250 Menschen hausen – habe sich die Ausländerbehörde vor | |
zwei Wochen das letzte Mal blicken lassen und einige Flüchtlinge | |
registriert, berichtet die Unterstützerin. „Seither gib es keine neuen | |
Informationen – die Menschen warten, aber nichts passiert.“ | |
Ähnliches berichtet der Syrer Tarek aus einem Zeltlager in einem | |
umgewidmeten Baumarkt im Stadtteil Eidelstedt. Registrierungsteams kämen | |
nach dem Zufallsprinzip in die Unterkünfte, sagt er. Einigen Flüchtlingen | |
sei gesagt worden, sie müssten bis Februar auf ihre Papiere warten. Den | |
Flüchtlingen gehe das Bargeld aus, so dass sie ihren besonderen Bedarf | |
nicht mehr decken könnten. | |
Die Misere bei der Registrierung räumt die Einwohnerzentralamt durchaus | |
ein. „Es dauert“, sagt Sprecher Norbert Smekal. „Manchmal auch lange.“ … | |
genaue Zeitspanne könne er nicht nennen. Die Spannen seien auch | |
unterschiedlich. Dass es zu Demonstrationen komme, so Smekal weiter, sei | |
nicht überraschend und nachzuvollziehen. | |
In der Zeit des Wartens bekommen die Flüchtlinge keine materielle | |
Unterstützung, räumt Smekal ein. „Erst nach der Registrierung wissen wir, | |
ob ein Flüchtling verteilt wird oder wer hier bleibt und um wen wir uns | |
intensiver kümmern müssen“, so der Sprecher. Dann bekämen die Flüchtlinge | |
auch Sachleistungen, eine Gesundheitskarte und Taschengeld. Dass die | |
Bedingungen zurzeit so brisant seien, liege an den vielen Flüchtlingen die | |
zurzeit in Hamburg eintreffen. „Unser Priorität liegt momentan darin, | |
Obdachlosigkeit zu verhindern“, so Smekal. | |
Im Stadtteil Wilhelmsburg ist, wie das städtische Unternehmen „Fördern und | |
Wohnen“ bestätigte, zu allem Unglück auch noch die Krätze ausgebrochen. | |
Mitarbeiter des Trägers geben den Flüchtlingen, die wegen der mangelnder | |
Registrierung noch über keine Gesundheitskarte verfügen, zwar | |
„24-Stunden-Versicherungsscheine“ für eine Arztbesuche mit. Doch kürzlich | |
seien Flüchtlinge mit Zetteln zurückgekommen, auf denen stand: „Bitte nicht | |
in unsere Praxis schicken“, berichtet die Helferin. | |
Viele Hausärzte wollten die Flüchtlinge nicht behandeln. Es seien zwar | |
zweimal die Woche auch zwei Ärzte vor Ort, die könnten aber die Krätze mit | |
ihren Mitteln nicht unter Kontrolle bekommen, sagt die Flüchtlingshelferin. | |
„Die Bedingungen sind einfach katastrophal“, sagt sie. Eine Waschmaschine | |
und zwei Duschen für 250 Menschen sei einfach zu wenig. „Die Leute sind | |
gestresst untereinander, weil sie sich nicht anstecken wollen.“ | |
Immer wieder hätten sich protestierende Flüchtlinge vor dem Büro der | |
Betreuer versammelt, wo die Mitarbeiter sie beschwichtigten. | |
Einen ähnlichen Proteste organisierten die Eidelstedter Flüchtlinge am | |
Montag. Tags darauf hätten sie dann viel weniger zu essen bekommen, sagt | |
der Syrer Tarek: zum Frühstück nur noch die halbe Auswahl, zum Abendessen | |
Suppe statt einer richtigen Mahlzeit. Er vermutet, die Flüchtlinge sollten | |
für ihren Protest bestraft werden. | |
Susanne Schwendtke, die Sprecherin von „Fördern und Wohnen“, versichert, es | |
habe sich um einen Zufall gehandelt: „Es gab Essen wie immer.“ Wegen eines | |
Versehens bei einem Caterer habe der Nachtisch gefehlt und abends habe es | |
Eintopf gegeben. | |
28 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
Gernot Knödler | |
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