Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Protest gegen Flüchtlngsunterkunft: Häuslebauer lieber unter sich
> In Neugraben-Fischbek soll in einem Neubaugebiet nun auch ein Viertel für
> 3.000 Flüchtlinge entstehen. Das macht manchem künftigen Hausbesitzer
> Sorgen.
Bild: Hätten Anwohner drauf verzichten können: Flüchtlingsquartier in Neugra…
HAMBURG taz | An der südwestlichen Landesgrenze Hamburgs, fast schon in
Niedersachsen, will der Senat ein neues Mega-Quartier bauen. Auf einem 70
Hektar großen Areal plant die Stadt den Bau von 1.500 Wohnungen, einen
Kindergarten und ein kleines Gewerbegebiet. Außerdem soll auf dem
Grundstück eine Folgeunterkunft mit Holzhäusern für 3.000 Flüchtlinge
entstehen. Der Senat hat das Vorhaben bereits vergangene Woche abgesegnet
und einen Zuschuss von 46 Millionen Euro beschlossen. Jetzt muss noch die
Bürgerschaft zustimmen.
Der Plan, in Neugraben-Fischbek ein Wohnquartier zu errichten, ist alt.
Schon seit Anfang der 90er-Jahre sei ein Wohnquartier am Vogelkamp
vorgesehen gewesen, sagt Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld
(SPD), die am Montag im Rathaus das Projekt vorstellte. Die Planungen
hätten sich über Jahre hingezogen, Bebauungspläne seien mehrmals geändert
worden, aber umgesetzt wurde schließlich fast nichts.
Ein seltener Vogel war der Grund für die langen Diskussionen gewesen: Der
Wachtelkönig, der im angrenzenden Landschaftsschutzgebiet zu Hause ist und
unter Artenschutz steht, könnte durch die geplante Siedlung bedroht und
vertrieben werden, hatten Tierschützer befürchtet. Das umfangreiche
Bauvorhaben von damals 3.000 geplanten Wohnungen war deshalb nicht zustande
gekommen.
Im Jahr 2012 hatte es eine erneute öffentliche Planungsdiskussion gegeben,
an deren Ende verschiedene Schutzvorkehrungen für den Wachtelkönig
beschlossen wurden. Daraufhin setzte die Stadtplanungsbehörde die IBA als
Projektentwicklerin ein und beauftragte sie, das Vorhaben endlich
umzusetzen.
Dass es nun so teuer wird, sei der extrem langen Planungszeit geschuldet,
sagte Senatorin Stapelfeld. 46 Millionen Euro seien in der Tat kein kleiner
Betrag, räumte auch der Leiter des Bezirksamts Harburg, Thomas Völsch
(SPD), ein. „Das entspricht etwa dem Gesamtbudgets des Bezirksamts für ein
Jahr“, sagt er.
Während die Geschäftsführerin der IBA, Karen Pein, für das teure Projekts
als „familienfreundliches neues Quartier in bester Lage und mit optimaler
Verkehrsanbindung“ wirbt, stößt der Plan bei den AnwohnerInnen auf wenig
Gegenliebe. Als der Senat Ende September bekannt gab, dass Am Aschenland,
an der Westseite des riesigen Areals, 3.000 Flüchtlinge unterkommen sollen,
protestierten sie. Unter dem Motto „Ja zur Hilfe, Nein zur Politik“ gingen
am vorvergangenen Sonntag 1.000 Menschen gegen die Unterkunft in ihrem
Stadtteil auf die Straße.
Einige der zukünftigen EigentümerInnen der noch in der Planung und
teilweise im Bau befindlichen Häuser zogen auch gleich ihr Kaufinteresse
zurück. Weil sie einen Wertverlust ihrer Immobilien befürchten oder nicht
in direkter Nachbarschaft zu den Flüchtlingen wohnen wollen, haben bereits
vier potenzielle KäuferInnen ihre Reservierung gekündigt, sagte Karen Pein.
Einige AnwohnerInnen wollen klagen, um die Unterkunft zu verhindern. Der
Anwalt Gero Tuttlewski, der auch schon an den Sophienterrassen und in Klein
Borstel einen Baustopp für Flüchtlingsunterkünfte erwirkt hat, soll sie
vertreten. Beim Bezirksamt und bei der IBA ist man entspannt. „Bis jetzt
liegt keine Klage vor“, sagte Bezirksamtsleiter Thomas Völsch. Karen Pein
versicherte, es gebe keinen Grund, die Grundstückspreise von 180 bis 220
Euro pro Quadratmeter zu senken oder sich um die Vermarktung zu sorgen.
Die besorgten AnwohnerInnen hingegen haben schon ihre nächste Demo
angekündigt: Am Sonntag wollen sie erneut protestieren. Auch Mitglieder der
Initiative „Willkommen an der Süderelbe“ wollen sich laut Hamburger
Abendblatt an dem Protest gegen ein großes Flüchtlingsquartier beteiligen.
2 Nov 2015
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Flüchtlinge
Hamburg
IBA
Integration
Schwerpunkt Rassismus
Lager
Flüchtlinge
Hamburg
## ARTIKEL ZUM THEMA
Senat öffnet Unterkünfte: Neue Nachbarn für Geflüchtete
Flüchtlingsquartiere sollen nun bald auch von anderen Wohnungssuchenden
genutzt werden. Doch wie weit die soziale Durchmischung gehen soll, ist
umstritten
Militanz in Hamburgs Reichenviertel: Geländegängig gegen Flüchtlinge
Anwohner blockieren mit ihren Autos Baumfällungen für den Bau eines
Flüchtlingsheims. Sie erwirken gerichtlich einen kurzfristigen Baustopp.
Hamburg: Wohnungen statt Massenunterkünfte: Puffer für Vermietersorgen
Die Stiftung „Wohnbrücke“ hilft Flüchtlingen, ein neues Zuhause zu finden,
das nicht in ghettoisierten Großsiedlungen, sondern auf dem Wohnungsmarkt
liegt.
Flüchtlingsquartier in Hamburg-Klein Borstel: Baustopp zunächst vom Tisch
Das Flüchtlingsquartier im Hamburger Stadtteil Klein Borstel kann weiter
gebaut werden. Das Bezirksamt-Nord erteilt eine Baugenehmigung.
Verhinderte Flüchtlingsunterkunft: Wir sprechen uns vor Gericht​
Nach dem Baustopp für eine Flüchtlingsunterkunft in Klein Borstel redet der
Hamburger Senat nicht mit den Klägern – weitere Bauvorhaben könnten sich
verzögern​.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.