| # taz.de -- Flüchtlingsversorgung in Hamburg: Baustelle Unterbringung | |
| > Um das Chaos bei der Flüchtlingsunterbringung in den Griff zu kriegen, | |
| > will die Stadt Hamburg das System stärker zentralisieren. Doch die | |
| > Umstellung verzögert sich. | |
| Bild: Riesen-Baustelle: Das neue Einreisezentrum für Flüchtlinge in Hamburg. | |
| HAMBURG taz | Die große Umwälzung in der Flüchtlingsunterbringung verzögert | |
| sich: Mit dem geplanten „Einreisezentrum“ am Bargkoppelweg in Meiendorf | |
| wollte die Stadt Hamburg noch im Dezember dem Chaos und dem Notstand | |
| abhelfen, die bei der Unterbringung der Flüchtlinge herrschen. Nun dauert | |
| es doch länger. | |
| Wie lange, will die Innenbehörde noch nicht sagen – zum jetzigen Zeitpunkt | |
| eine Prognose abzugeben wäre unseriös, sagte der Referent des | |
| Innensenators, Hauke Carstensen. Auch woran die Fertigstellung scheitert, | |
| können die Behörden nicht so genau sagen. | |
| Hinter dem „Einreisezentrum“ steht folgende Idee: Anstatt wie bisher zuerst | |
| in die Zentrale Erstaufnahme (ZEA) in der Harburger Poststraße zu gehen, | |
| sollen alle Ankommenden sich in Zukunft in der ZEA 1 im Bargkoppelweg | |
| registrieren und von da aus direkt nach dem Königsteiner Schlüssel | |
| umverteilt werden, falls sie nicht in Hamburg bleiben können. Die | |
| Registrierung soll innerhalb von ein bis zwei Tagen von statten gehen – | |
| Schlafmöglichkeiten sind in der Halle deshalb gar nicht erst vorgesehen. | |
| ## Ausweichhalle ist geplant | |
| Schlafen können die Flüchtlinge erst in der zweiten Station des Komplexes: | |
| In der ZEA 2, fünf Minuten zu Fuß von der ZEA 1, wo sie bis zu fünf Tage | |
| bleiben sollen, bevor sie anschließend auf eine der dezentralen | |
| Erstaufnahmen (DEA) verteilt oder eben in ein anderes Bundesland geschickt | |
| werden. | |
| Geplant ist außerdem eine Ausweichhalle, die ZEA1a, wo die Menschen | |
| schlafen können, falls die Registrierungshalle überlaufen ist. Das ist | |
| durchaus kein unwahrscheinliches Szenario: Mit einer Kapazität von 800 | |
| Personen ist die Super-ZEA zwar groß, aber nicht viel größer als die völlig | |
| überlaufene Harburger Post. | |
| Derzeit baut die Stadt die ehemaligen Lagerhallen in Meiendorf um – wie | |
| weit der Umbau fortgeschritten ist, kann Christiane Kuhrt, die Sprecherin | |
| des zentralen Koordinierungsstabs Flüchtlinge, nicht genau sagen. „Wir | |
| befinden uns im ersten Bauabschnitt“, sagt sie – wie viele Bauabschnitte es | |
| insgesamt sind, sei unklar. Als Grund für die Verzögerung nennt Kuhrt | |
| „Unwägbarkeiten bei den Gewerken“. | |
| ## Keine Handwerker, keine Bauarbeiter | |
| Das kann alles heißen, das gibt sie zu: Von Problemen bei der Statik bis zu | |
| fehlenden Materialien. Auch die Innenbehörde formuliert es allgemein: | |
| Gewerke wie Schreiner-, Tischler oder Malerarbeiten bauten aufeinander auf | |
| – „verzögert sich eine, verzögern sich alle“, sagte Hauke Carstensen. | |
| Die Meiendorfer CDU-Politikerin Claudia Folkers, die sich bei der | |
| Initiative „Meiendorf hilft“ engagiert, vermutet, es werde dort derzeit gar | |
| nicht gebaut. Zumindest sei nie jemand zu sehen, keine Handwerker, keine | |
| Bauarbeiter. „Es tut sich nichts“, so Folkers. | |
| Die Innenbehörde weist den Vorwurf zurück: „Drinnen arbeiten wir mit | |
| Hochdruck“, beteuerte Carstensen. Es sei alles sehr aufwendig – in der ZEA | |
| 2 sollen Flüchtlinge auch medizinisch versorgt werden, deshalb müsste die | |
| komplette Infrastruktur für Röntgengeräte und ähnliches aufgebaut werden. | |
| ## Lob an den Senat | |
| „Es ist ganz normal, dass sich solche Bauvorhaben verzögern“, betont | |
| Carstensen. Man müsse „fair bleiben“ , dürfe nicht nur das Negative sehen: | |
| Im Vergleich zu Berlin stehe Hamburg in puncto Unterbringung ziemlich gut | |
| da. Dazu müsse man sich nur die Zustände am Landesamt für Gesundheit und | |
| Soziales (Lageso), der ersten Anlaufstelle für Flüchtlinge, anschauen. | |
| Vor dem völlig überlasteten Lageso warten hunderte Flüchtlinge wochenlang | |
| in der Kälte, um sich zu registrieren. „Wir bringen in Hamburg 35.000 | |
| Flüchtlinge vorübergehend unter und niemand muss auf der Straße schlafen“, | |
| lobte der Innenpolitiker die Arbeit des hiesigen Senats. | |
| Kritik am Konzept der Super-ZEA kam von der parteilosen Abgeordneten Dora | |
| Heyenn und der Linken-Abgeordneten Christiane Schneider. Beide | |
| befürchteten, dass das Modell hauptsächlich der Sortierung der Flüchtlinge | |
| diene – um ungewollten Schutzsuchende schneller abschieben zu können. | |
| 17 Dec 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
| ## TAGS | |
| Hamburg | |
| Flüchtlinge | |
| Erstaufnahme | |
| Hamburg | |
| Unterbringung von Geflüchteten | |
| Lager | |
| Berlin | |
| Museum | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Feuerwehr | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Chaos mit Todesfolge in Hamburg: Gesundheitskarte zum Todestag | |
| Die Eltern der verstorbenen Rana wussten nicht, dass sie krankenversichert | |
| waren. Ein Info-Blatt wurde im Herbst aus dem Verkehr gezogen. Neuauflage | |
| ungewiss | |
| Flüchtlings-Hilfe in Nord-Deutschland: Kiel will es für Hamburg schaffen | |
| Schleswig-Holstein hat fast 8.000 freie Plätze in der Erstaufnahme – und | |
| prüft, ob dort Flüchtlinge aus Hamburg wohnen können. | |
| Hamburg: Wohnungen statt Massenunterkünfte: Puffer für Vermietersorgen | |
| Die Stiftung „Wohnbrücke“ hilft Flüchtlingen, ein neues Zuhause zu finden, | |
| das nicht in ghettoisierten Großsiedlungen, sondern auf dem Wohnungsmarkt | |
| liegt. | |
| Situation von Flüchtlingen in Berlin: Künast fordert Rücktritt von Czaja | |
| Berlin sei im Katastrophenmodus, sagt die Grüne Renate Künast in Hinblick | |
| auf die Flüchtlinge in der Stadt. Sozialsenator Mario Czaja müsse sein Amt | |
| niederlegen. | |
| Museum wird Flüchtlingsheim | |
| Hamburgs Museum der Arbeit wird ab Februar 2016 ein Jahr lang geflüchtete | |
| Frauen beherbergen: Ein Nebengebäude wird dafür umgebaut | |
| Umzugsstress: Helfer müssen raus | |
| Die Kleiderkammer muss die Messehallen verlassen. Der neue Standort wird | |
| vermutlich am Stadtrand liegen | |
| Entlastung: Retter im Stress | |
| Die Feuerwehr hat mehr als 6.000 Notfalltransporte für Flüchtlinge | |
| geleistet. Jetzt bewilligen die Krankenkassen sechs neue Rettungswagen. |