# taz.de -- OECD-Bildungsbericht 2015: Deutschland macht Fortschritte | |
> Die OECD stellt der deutschen Bildungspolitik gute Noten aus. Die hohe | |
> Studienabbrecherquote sei allerdings problematisch. | |
Bild: Vorschulbildung ist für die spätere Karriere entscheidend, meint die OE… | |
BERLIN taz | Fast schien es so, als suche Stefan Kapferer das berühmte Haar | |
in der Suppe: „Deutschland investiert gemessen an seinem | |
Bruttoinlandsprodukt immer noch deutlich weniger in seine Bildung als | |
andere Länder“, hielt der stellvertretende Generalsekretär der Organisation | |
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bei der | |
Vorstellung des aktuellen Bildungsberichts „Bildung auf einen Blick 2015“ | |
fest. Mit 4,4 Prozent des Volksvermögens liegt man hierzulande unter dem | |
OECD-Durchschnitt von 5,3 Prozent. Es blieb letzten Endes eine Randnotiz. | |
Denn in den zehn Minuten zuvor war Kapferer voll des Lobes für die | |
Entwicklungen im „Bildungsstandort Deutschland“. Das war längst nicht immer | |
so. Zu große Chancenungleichheit, zu wenige Bildungsaufsteiger, zu wenige | |
Studentinnen in den Naturwissenschaften. In den vergangenen Jahren hatten | |
die Bildungswächter immer etwas zu meckern. | |
Jetzt verzeichnen sie viele positive Entwicklungen, besonders bei der | |
frühkindlichen Bildung habe man einen großen Schritt nach vorn gemacht. | |
Mehr als jedes zweite Kind über zwei Jahren nehme an Bildungsprogrammen | |
teil, bei den Dreijährigen seien es gar 92 Prozent. Besonders bei Kindern | |
mit Migrationshintergrund seien solche Angebote wichtig, da sich bereits | |
ein Jahr Vorschulbildung die Ergebnisse bei späteren Bildungstests deutlich | |
verbessern könne. „Vor fünf oder sieben Jahren hätten wir uns über solche | |
Zahlen gewundert“, freute sich Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) über | |
die Entwicklung. | |
Beim Studium sieht die OECD die Stärken Deutschlands inzwischen bei den | |
naturwissenschaftlichen und technischen Studiengängen, den sogenannten | |
MINT-Fächern. 40 Prozent aller AnfängerInnen in Bachelor-Studiengängen | |
nehmen ein Studium in diesem Bereich auf – der höchste Prozentsatz aller | |
OECD-Staaten. „Gott sei dank sind die MINT-Fächer so beliebt, aber wir | |
haben auch viel dafür getan“, meinte Wanka im Hinblick auf die vielen | |
Kampagnen in den vergangenen Jahren. | |
Allerdings ist der Frauenanteil in diesem technischen Bereich laut OECD | |
immer noch niedrig. Der Grund dafür sei in den Elternhäusern zu suchen. Bei | |
40 der Jungen werde erwartet, dass sie später einen technischen Beruf | |
ergreifen, bei Mädchen seien dies nur 14 Prozent. | |
Kaum Probleme sieht Kapferer bei dem Übergang von der Schule oder | |
Ausbildung in den Beruf. Etwa 88 Prozent der Menschen mit einem Studien- | |
oder Fachabschluss sind berufstätig. Die Jugendarbeitslosigkeit sei in | |
Deutschland so niedrig wie in kaum einem anderen OECD-Land. Gerade einmal | |
zehn Prozent der 20- bis 24-Jährigen sind nicht im Berufsleben | |
beziehungsweise einer Aus- oder Weiterbildung. | |
Kurz vor Schluss fiel Kapferer dann noch ein weiterer Bereich mit | |
Nachholbedarf auf – die Quote bei den Studienabschlüssen. Gerade einmal 36 | |
Prozent der StudienanfängerInnen beenden ihr Studium auch. „Wer sein | |
Studium abbricht, kann immer noch eine duale Ausblindung beginnen. Zudem | |
ist das Studium günstiger als in anderen Ländern. Das macht es einfacher | |
einen Rückzieher zu machen“, begründet Kapferer die vergleichsweise geringe | |
Abschlussquote. | |
Wanka bezeichnet sie als „beunruhigend“ und will mit mehr Bildungsberatung | |
an den Gymnasien und mehr Möglichkeiten für Praktika gegensteuern. „Die | |
Schüler müssen Zeit haben, sich auszuprobieren“, formuliert sie die Ziele | |
für die kommenden Jahre. | |
25 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Ronny Müller | |
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