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# taz.de -- Studie zur Schulzeitverkürzung: G8 stresst Schüler
> Mehr Stress, weniger Zeit für Freunde: Das achtjährige Gymnasium in
> Baden-Württemberg wirkt sich aufs Sozialleben der Schüler negativ aus.
Bild: Abiturienten am achtjährigen Gymnasium fühlen sich mehr gefordert
STUTTGART taz | Wer in acht Jahren das Abitur machen muss, empfindet
größeren Stress, hat weniger Zeit, um Freunde zu treffen, und ist
schlechter in Englisch. In Mathe, Physik und Bio sind die Leistungen nach
der Umstellung vom neunjährigen Gymnasium, G9, zum achtjährigen Gymnasium,
G8, nahezu konstant geblieben. Das sind die Ergebnisse einer Studie, die
das Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung der Universität
Tübingen heute vorgelegt hat.
Dafür wurden die Leistungen von 5000 Abiturienten an 48 zufällig
ausgewählten Gymnasien anhand von PISA-ähnlichen Tests abgefragt. Außerdem
wurden Fragen zu Wohlbefinden und Freizeitverhalten gestellt. Es wurden
Schüler der Abiturjahrgänge 2011, dem letzten reinen G9-Jahrgang, des
Jahrgangs 2012, als zwei Klassenstufen gleichzeitig Abitur machten, und
2013, dem ersten reinen G8-Jahrgang, befragt. Die Datenerhebung erfolgte
über das Nationale Bildungspanel, die Auswertung übernahmen die Tübinger
Bildungsforscher in eigener Initiative.
G8 ist in Baden-Württemberg seit 2004 die Regel, lediglich an 44
Modellschulen können Schüler derzeit das Abitur wieder nach neun Jahren
machen.
## Der gefühlte Stress ist größer
„G8 ist mit einem schweren Rucksack gestartet“, sagt Kultusminister Andreas
Stoch (SPD) anlässlich der Vorstellung der Studienergebnisse. Eltern hätten
die Mehrbelastung ihrer Kinder beklagt, obwohl die zeitliche Belastung
durch Unterricht nicht gestiegen sei, so Stoch. Dass die empfundene
Belastung bei den Jugendlichen zugenommen hat, belegt die Studie jetzt.
Woher der gefühlte Stress kommt? Bildungsforscher Trautwein vom
Hector-Institut sieht einen Teil der Erklärung in der gesellschaftlichen
Diskussion über G8, nach dem Motto „Ich habe gehört, dass es im G8 allen so
schlecht geht, also geht es mir jetzt auch schlecht.“ Er plädiert dafür,
die Diskussion um G8 und G9 zu beenden. Außerdem müssten Lehrer den
Schülern vermitteln, dass sie leisten können, was gefordert wird.
## Lehrer sollen Schüler coachen
Zu diesem Zweck will Kultusminister Stoch Coachingsysteme an Gymnasien
einführen. Lehrer und Schüler sollen gemeinsam regelmäßig Leistungsziele
festlegen, überprüfen und über Probleme sprechen. Ob die Landesregierung
die dafür zusätzlich benötigten Stunden finanzieren wird, ist allerdings
noch völlig unklar.
Carsten Rees, Vorsitzender des Landeselternbeirats, würde diesen Schritt
begrüßen: „Das Coaching wäre eine super Sache, wenn es käme.“ Die
Lehrergewerkschaft GEW setzt sich für mehr Ganztags-Gymnasien ein ein, die
auch der Kultusminister ankündigte. GEW-Vorsitzende Doro Moritz sagt: „Die
immer Belastung der Schüler lässt sich am wirksamsten durch eine bessere
Verteilung des Unterrichts in einem guten Ganztagskonzept abbauen.“
Ob G8 tatsächlich zugunsten der Gesundheit von Schülern weiterentwickelt
wird, könnte eine weitere Bildungsstudie zeigen, die Trautwein für „sehr
sinnvoll“ hielte. Bei einer Fortführung müsse sich das Kultusministerium
jedoch um die Finanzierung kümmern. Im Ministerium hat man sich mit dieser
Frage bislang nicht beschäftigt. Trautwein sagt: „Geprüfte Sicherheit ist
bei Spielsachen, die auf den Markt kommen, vorgeschrieben. Bei
Bildungsreformen gibt es nur ein wenigs systematisches Monitoring.“
21 Apr 2015
## AUTOREN
Lena Müssigmann
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