| # taz.de -- Geldpolitik der Europäischen Zentralbank: Mario gegen mau und mini | |
| > EZB-Präsident Draghi will das Anleihenkaufprogramm auf 1,5 Billionen Euro | |
| > und den Strafzins für Bankeinlagen erhöhen. Die Börse sackt ab. | |
| Bild: Die EZB haut noch mehr Geld raus. | |
| Berlin taz | Die Inflation ist zu mini, die Konjunktur zu mau – deshalb | |
| steuert die Europäische Zentralbank (EZB) nun mit noch mehr | |
| Staatsanleihenkäufen und höheren Strafzinsen für Bankeinlagen nach. Das | |
| umstrittene Kaufprogramm für Staatsanleihen werde um sechs Monate bis | |
| „mindestens“ Ende März 2017 verlängert, sagte EZB-Präsident Mario Draghi… | |
| Donnerstag nach einer Ratssitzung in Frankfurt. | |
| Seit März kaufen die Notenbanken des Euroraums bereits jeden Monat | |
| Staatsanleihen sowie Wertpapiere im Umfang von 60 Milliarden Euro an. | |
| Künftig sollen auch Schuldtitel von Kommunen und Regionen aufgekauft werden | |
| können. Das frische Geld soll über Banken in Form von Krediten bei | |
| Unternehmen und Verbrauchern ankommen – und so für mehr Wachstum und | |
| höheren Preisauftrieb sorgen. Das EZB-Programm namens „quantitative | |
| Lockerung“ oder „Quantitative Easing“ sollte zuvor bis September 2016 | |
| laufen. Bisher waren Anleihenkäufe in Höhe von 1,14 Billionen Euro | |
| vorgesehen, nun sind es 1,5 Billionen – etwa das Fünffache des Etats des | |
| Bundes. | |
| Damit die Banken das Geld auch wirklich weiterreichen, erhöht die | |
| Zentralbank zudem den Einlagezins, zu dem Banken ihr Geld kurzfristig bei | |
| der EZB parken können, von minus 0,2 Prozent auf minus 0,3 Prozent. Es ist | |
| also eine Art Strafzins, die Geldinstitute müssen für die Einlagerung | |
| zahlen. | |
| Die Maßnahmen bedeuten eine Verstärkung des bereits drastischen EZB-Kurses: | |
| Die Inflation im Euroraum dümpelt seit Monaten knapp über null Prozent – | |
| trotz der Geldschwemme. Dauerhaft niedrige Preise gelten aber als Risiko | |
| für die Konjunktur, weil Unternehmen und Verbraucher in der Hoffnung auf | |
| weiter sinkende Preise Investitionen aufschieben könnten. Die Wirkung der | |
| Anleihenkäufe ist aber umstritten, weil bereits extrem viel billiges | |
| EZB-Geld im Umlauf ist, die Inflation aber weiter historisch niedrig | |
| bleibt. „Wir tun es, weil es wirkt, nicht weil es fehlschlägt“, sagte | |
| Draghi. | |
| Gerade in Deutschland ist die ultralockere Geldpolitik umstritten. Die | |
| Bundesbank warnt regelmäßig davor, dass sich Investoren und Staaten an das | |
| billige Geld gewöhnen und höhere Risiken eingehen oder Reformen | |
| verschleppen. Angesichts der „starken, bislang schon sichtbaren Effekte“ | |
| sei die EZB-Aktion „übertrieben“, sagte der Chef des ifoInstituts, | |
| Hans-Werner Sinn. Der EZB gehe es statt um Preisstabilität „eher um die | |
| Rettung maroder Staaten und Banken“ Das sei „eine wirtschaftspolitische | |
| Zielsetzung, die nicht durch das EZB-Mandat gedeckt“ sei. Für die Börsen | |
| hingegen hatte Draghi zu wenig getan. Die Aktienmärkte im Euroraum drehten | |
| am Nachmittag ins Minus. | |
| 3 Dec 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Kai Schöneberg | |
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