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# taz.de -- Referentin für Gesundheitspolitik über Altenpflege-Tarifvertrag: …
> Tarifvertrag für Altenpflege-Azubis soll in Bremen allgemeinverbindlich
> werden – um Anschluss ans Lohnniveau der Krankenpflege zu halten.
Bild: Krystyna Nieroda liebt ihren Beruf als Pflegekraft im Stadtteilhaus St. R…
taz: Frau Bury, verdienen Beschäftigte und Azubis in der Altenpflege zu
wenig?
Carola Bury: Das lässt sich so verallgemeinert nicht sagen. Was wir
allerdings genau wissen, ist: Wir brauchen in Zukunft mehr Beschäftigte und
deshalb auch mehr Auszubildende in der Pflege. Und um die zu bekommen, muss
die Branche konkurrenzfähig sein.
Was meinen Sie mit konkurrenzfähig?
Die Pflege konkurriert ja auch mit dem Handel oder Handwerk um potenzielle
Auszubildende. Will man junge Menschen für die Pflege gewinnen, müssen die
Bedingungen gut sein – und zwar sowohl in der Ausbildung als auch was die
Arbeit der fertig Ausgebildeten betrifft.
Und das wird durch einen Tarifvertrag verbessert?
Auf jeden Fall auch: Wir haben hier ja jetzt erstmals bundesweit einen
Tarifvertrag für die Auszubildenden in der Altenpflege. Die sind finanziell
bislang deutlich schlechter gestellt als beispielsweise die in der
Krankenpflege: Hier sorgt der Tarifvertrag, den Ver.di mit den Arbeitgebern
der freien Wohlfahrtspflege ausgehandelt hat, dafür, dass der Anschluss
nicht verloren geht.
Aber normalerweise müsste doch der Preis steigen: Wenn es wenig Azubis
gibt, müssten die sich doch die Lehrstelle aussuchen können?
Das ist im Handel oder beim Handwerk so, aber nicht bei der Altenpflege.
Wieso?
Da ist zuerst die Frage: Wie viel Schulplätze stehen zur Verfügung. Die
waren bisher nicht beliebig nach oben zu generieren wie im Handwerk.
Deshalb fordern wir mit der Gewerkschaft und mit Arbeitgebern gemeinsam,
die Zahl der Schulplätze zu erhöhen.
Nun schlägt der [1][Arbeitgeberverband] Pflege vor, einen bundesweiten
Tarifvertrag auszuhandeln, auch damit die Vereinbarungen in Bremen und
Niedersachsen nicht für [2][allgemeinverbindlich] erklärt werden. Wäre das
eine Lösung?
Es kommt ja immer darauf an, wer durch einen Tarif gebunden wäre, und
inwiefern Tarifflucht möglich ist. Hier haben die Wohlfahrtsverbände
verhandelt – und durch diesen neuen Tarifvertrag liegen die
Ausbildungsvergütungen 20 Prozent höher als bislang. Dass ein bundesweiter
Tarifvertrag mit anderen Verhandlungspartnern auch einen so großen Schritt
machen würde, ist nicht sicher.
Dieser große Schritt ist eine Botschaft?
Ja. Ich denke, das ist ein Signal an die jungen Menschen: Hier ist eine
Branche, die versucht, gute Arbeitsbedingungen herzustellen. Deswegen sind
ja auch Urlaubsanspruch und Wochenarbeitszeit neu geregelt. Das Schlagwort
ist: Die Konkurrenz darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen
werden. Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung hier in Bremen würde das
bekräftigen.
Die Arbeitgeberverbände der Branche bestreiten, dass die Konkurrenz auf dem
Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird: Wo sind die Belege fürs
Schlagwort?
Ich verstehe nicht, warum sich die privaten Arbeitgeber gegen die
Allgemeinverbindlichkeit sträuben, wenn sie doch – wie sie behaupten – das
Gleiche bezahlen. Dann würde nur etwas zur Pflicht erklärt, was doch
ohnehin Praxis ist.
Wenn es keinen positiven Befund für einen Konkurrenzkampf auf Kosten der
ArbeitnehmerInnen gäbe, wäre es eine weitere Regulierung eines ohnehin
stark regulierten Bereichs.
Die Untersuchungen der Boeckler-Stiftung – die letzte war 2013 – zeigen,
dass auch in der Pflege tarifgebundene Unternehmen rund 24 Prozent höhere
Gehälter zahlen als ungebundene. Es ist ebenso festgestellt worden, dass
befristet Beschäftigte deutlich weniger verdienen als unbefristet
Beschäftigte. Die Untersuchungen zeigen, dass es sinnvoll ist, hier wieder
zu weitreichenden Tarifverträgen zu kommen. Dieses ist ein erster Schritt
in Bremen.
Es hat noch nie einen [3][Tarifvertrag] in dieser Branche gegeben.
Das ist richtig. Es hat früher aber Situationen gegeben, in denen sehr viel
mehr Beschäftigte der Altenpflege Teil des öffentlichen Dienstes waren. Was
ich Ihnen zugebe ist, dass die Tarife nicht der einzige Punkt sind, an dem
die Situation sich ändern muss: Hier liegt noch einiges im Argen.
Nun soll die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Azubi-Vertrags ja laut
Arbeitnehmerkammer nur „ein erster Schritt sein“ und den Tarifvertrag für
die gesamte Branche vorbereiten: Aber fertig Ausgebildete sind doch wohl in
der Lage, sich einen Job zu suchen und wegzuziehen?
Das tun ja auch manche. Und es gibt auch Arbeitgeber, die das bewusst
einsetzen und Kopfprämien zahlen. Nur es kann ja nicht Sinn und Zweck sein,
dass punktuell einzelne Verbesserungen angeboten werden. Es ist wichtig,
dass eine Untergrenze eingezogen wird.
Es gibt doch einen Mindestlohn?
Aber einen ganz niedrigen: Im Moment haben wir in der Pflege 9,40, ab 1.
Januar 9,70 Euro. Wir liegen also deutlich unter 10 Euro – und wir sprechen
von einer schweren und belastenden Arbeit.
30 Nov 2015
## LINKS
[1] http://www.arbeitgeberverband-pflege.de/das-haben-wir-zu-sagen/arbeitgeberv…
[2] http://www.gesetze-im-internet.de/tvg/__5.html
[3] http://www.arbeitnehmerkammer.de/politikthemen/arbeit-soziales/20150512_bam…
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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