| # taz.de -- Kommentar Anschlagserie in Paris: Angriff der Angst | |
| > Die Terroranschläge in Paris treffen Frankreich. Und sie gelten dem | |
| > öffentlichen Raum. Er darf nicht preisgegeben werden. | |
| Bild: An einem der Anschlagplätze: Einschusslöcher im Restaurant Le Carillon … | |
| Die Schüsse sind eben erst verhallt, da hat sich das Leben schon verändert. | |
| In Paris bleiben die Museen zu, die Bibliotheken geschlossen und die | |
| Schwimmbäder gesperrt. Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat die Menschen | |
| aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Die Maßnahmen zeigen das Besondere | |
| [1][dieses Terrorangriffs]: Es ist ein Angriff auf die Freiheit des | |
| öffentlichen Raums. | |
| Die Terroristen haben Menschen in einer Konzerthalle getötet, am | |
| Fußballstadion, in Cafés. Sie wollen uns den öffentlichen Raum streitig | |
| machen. Ihr Anschlag galt Menschen, fast 130 sind tot. Aber diese Tat gilt | |
| auch Orten. Die Museen, die Bibliotheken, die Schwimmbäder sind zu toten | |
| Orten geworden. | |
| Das Ziel der Terroristen ist es, dass wir uns fragen, ob wir noch ins | |
| Konzert gehen, ob wir uns noch ins Stadion trauen dürfen, ob wir uns in | |
| einem Café auf die Terrasse setzen. | |
| Terroristenkalkül als Alltagsüberlegung. Nehme ich lieber den früheren Bus, | |
| weil er nicht so voll ist? Ist dieser Kinosaal nicht zu groß und deshalb | |
| ein Risiko? Wäre der Mittwochabend nicht sicherer als der Freitag? Die | |
| Wahnsinnigen wollen, dass wir uns fragen, ob wir nur noch dort sicher sind, | |
| wo viele Pariser nun ihr Wochenende verbringen: zu Hause. | |
| ## Die Stunde der Angstmacher | |
| Es ist die Herrschaft der Angst, der Terroristen anhängen. In der | |
| Staatsperversion, die sie sich erträumen, macht niemand im öffentlichen | |
| Raum, was er oder sie will, sondern was die Mächtigen erlauben. Konzert | |
| kontrolliert, im Stadion geprüft, Café überwacht. Frei ist man höchstens: | |
| zu Hause. | |
| Jetzt werden alle fragen, was zu tun ist. Wie wir uns wehren können. Die | |
| eine Gefahr folgt einer rechten Denkart. Sie besteht darin, in den Krieg zu | |
| ziehen wie es die USA nach dem 11. September getan haben. Die Worte des | |
| französischen Präsidenten François Hollande, der die Anschläge einen | |
| Kriegsakt genannt hat, weisen in diese Richtung, auch wenn eine | |
| militärische Reaktion Frankreichs zum Glück nie das Ausmaß von Bushs | |
| Kriegen haben wird. | |
| Die Gefahr besteht aber auch in einem europäischen Bürgerkrieg – einem | |
| Krieg nicht mit Waffen-, sondern mit Wortgewalt. In einem Gefecht der Ab- | |
| und der Ausgrenzung. Angela Merkel hat ja noch einmal gegen die Angst vor | |
| Einwanderung geredet, am Freitagabend im Fernsehen war das, noch bevor die | |
| Nachrichten aus Paris eintrafen. Dieses Reden möchten die Angstmacher jetzt | |
| hinwegfegen. | |
| So eine Reaktion würde jede Differenzierung plattwalzen. Sie würde die | |
| Bürgerrechte zur Reminiszenz erklären. Die Kontrolle drohte dann nicht nur | |
| dem öffentlichen Raum, in dem wir am Eingang von Kino und Café den Ausweis | |
| zeigen müssten. Die Überwachung reichte dann auch ins Private: bis nach | |
| Hause. | |
| ## Europa kann es richtig machen | |
| Die Gefahr von links besteht darin, die Polizisten zum Feindbild zu | |
| erklären. Auch das wäre falsch. Sie sind Garanten des öffentlichen Raumes. | |
| Die Frage muss bleiben, was ihnen eine freiheitliche Gesellschaft erlauben | |
| darf, und sie muss scharf gestellt werden. Aber nicht in Frage stehen darf, | |
| dass die Polizei eine wichtige Rolle spielt, die zum Rechtsstaat gehört. | |
| Noch einmal: Was ist zu tun? Europa erleidet seit Jahrzehnten schreckliche, | |
| traurige Anschläge. 1995, vor 20 Jahren, verübten Islamisten einen Anschlag | |
| auf den öffentlichen Raum in Paris. In der U-Bahn-Station Saint-Michel | |
| starben acht Menschen, rund 150 wurden verletzt. 2004 war es der | |
| öffentliche Verkehr, als Terroristen mit ihren Bombenanschlägen auf Züge im | |
| Madrider Bahnhof Atocha 191 Menschen ermordeten. | |
| Europa hat sich damals als erstaunlich seelenrobust erwiesen. Es hat sich | |
| nicht für den Weg eines Krieges entschieden, und es hat den öffentlichen | |
| Raum nicht der totalen Kontrolle preisgegeben. Wir sind nicht zu Hause | |
| geblieben. | |
| Für immer in Angst? Nein. | |
| 14 Nov 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Georg Löwisch | |
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