| # taz.de -- Anschlagserie in Paris: „Anteilnahme und Hilfe“ | |
| > Die Berliner SPD versucht auf ihrem Parteitag, Normalität herzustellen. | |
| > Doch wie geht das im Schatten des Terrors in Frankreich? | |
| Bild: Trauer im Kongresszentrum am Alexanderplatz: „Nous sommes unis“ – W… | |
| Berlin taz | Von einem unguten Gefühl zu reden, mit dem viele | |
| SPD-Delegierte an diesem Samstagmorgen zum Berliner Landesparteitag | |
| gekommen sind, wäre eine Verharmlosung. Es ist viel schlimmer: Ist man | |
| hier, jetzt, mitten in Berlin, am richtigen Ort? Und woran, bitte, soll man | |
| denken: das Parteiprogramm, die jüngste Auseinandersetzung mit dem | |
| Koalitionspartner CDU über den Umgang mit Flüchtlingen, eine anstehende | |
| Abstimmung in wenigen Stunden? | |
| All das ist natürlich nicht unwichtig, aber: Ist es wesentlich? Dann tritt | |
| Landeschef Jan Stöß programmgemäß als erster ans Rednerpult, und nach | |
| wenigen Sätzen sagt er: „Dieser Anschlag hätte auch hier stattfinden | |
| können.“ | |
| Meint er wirklich hier, in Berlin, der deutschen Hauptstadt? Oder ist es | |
| doch eher eine allgemeine Umschreibung für die deutsche Gesellschaft? Stöß | |
| fügt hinzu: „Der Anschlag gilt Europa und der offenen Demokratie.“ Also | |
| doch irgendwie – beides. | |
| Der Berliner SPD-Chef redet offensiv, aber gleichzeitig zurückhaltend; es | |
| gelingt ihm in diesen ersten Minuten des Parteitags, eine Stimmung | |
| auszudrücken, die viele im fensterlosen Kongresszentrum am Alexanderplatz | |
| ebenso empfinden. Was letztlich dabei hilft, dass die Delegierten auf dem | |
| Parteitag ihre Arbeit aufnehmen, Wortmeldungen leidlich zuhören, ab und an | |
| applaudieren oder verstört den Kopf schütteln. | |
| ## Lähmung des Morgens | |
| Die Berliner SPD hat enge Beziehungen nach Paris. Im 10. Arrondisment, in | |
| dem ein Teil der Anschläge stattfand, haben Berliner Genossinnen bereits | |
| Wahlkampf gemacht, erinnert sich Stöß, der Bürgermeister gehört den | |
| befreundeten Sozialisten an. „Das sind die Straßen, wo wir selbst oft zu | |
| Besuch waren“, sagt Stöß. Und trauert: „Wir sind in Gedanken bei Euch in | |
| Paris. Wir denken an die Toten, an Menschen, die gestorben sind, in | |
| Situationen, in denen sie ihr Leben genießen wollten.“ | |
| Der Applaus folgt erst, als Stöß betont: „Doch unsere freie und offene | |
| Gesellschaft werden die Attentäter nicht zerstören.“ Da ist die Lähmung des | |
| Morgens, die Rat-, die Fassungslosigkeit im Kongresszentrum ein kleines, | |
| ein gutes bisschen aufgelöst. | |
| Kurz darauf sind die Delegierten wieder in Berlin, in der Landespolitik. | |
| „Ganz klar entgegentreten“ werde man allen, die jetzt versuchen sollten, | |
| die Anschläge für ihre rechtspopulistischen, parteipolitischen Ziele zu | |
| nutzen, sagt Stöß – es ist auch ein Warnung an den kleineren | |
| Koalitionspartner CDU. | |
| ## „Keine direkten Auswirkungen“ | |
| Michael Müller, der Regierende Bürgermeister, kündigt kurz danach vor den | |
| Delegierten an, dass an diesem Abend das Brandenburger Tor in den Farben | |
| der Trikolore leuchten wird, wie schon nach den Anschlägen in Paris im | |
| Januar diesen Jahres. „Wir werden Anteilnahme ausdrücken und unsere Hilfe | |
| anbieten“, sagt der SPD-Regierungschef. Und man werde wachsam sein, wenn | |
| Rechtspopulisten versuchen, diese Situation auszunutzen. | |
| Am Rande des Parteitags, den Müller aus privaten Gründen früh verlassen | |
| muss, betont er, dass die Anschläge „keine direkten Auswirkungen auf | |
| Berlin“ haben, man werde „angemessen und sensibel“ reagieren. Müller war… | |
| vor voreiligen Schlüssen, etwa der Verbindung der Anschläge mit der Debatte | |
| um die hohe Zahl der Flüchtlinge, die nach Europa kommen. „Viele Menschen, | |
| die derzeit zu uns kommen, fliehen vor diesen Menschen“. | |
| Zu diesem Zeitpunkt hat die allgemeine Aussprache auf dem Parteitag | |
| begonnen, mit Debatten über Rekommunalisierung, Kitas, Flüchtlinge. Ein | |
| bisschen Alltag eben, hier, wo der Anschlag auch hätte stattfinden können. | |
| 14 Nov 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
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