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# taz.de -- Sicherheitslage in Berlin: Irgendwie gefährdet
> Der Innensenator sieht Berlin im Fadenkreuz, aber nicht tatsächlich
> bedroht. Fußball-Bundesligist Hertha BSC will am Sonntag spielen.
Bild: Sie sollen aufpassen: PolizistInnen am Hauptbahnhof, schwer bewaffnet
Eine Hertha, die am Sonntag spielen möchte. Weihnachtsmärkte, die öffnen
wollen. Und ein Innensenator, der versucht, den Ball flach zu halten. Es
ist der Tag nach der Länderspiel-Absage. Ist so etwas nun auch für Berlin
zu erwarten, die Stadt der Großveranstaltungen und Spitzensportereignisse?
Innensenator Frank Henkel (CDU) sieht das anders. Es gebe eine abstrakt
hohe Gefährdungslage, und ja, Berlin stehe „im Fadenkreuz des islamischen
Terrorismus“. Aber nichts deute auf einen konkreten Anschlag hin, äußert
sich Henkel vor Journalisten im Abgeordnetenhaus. „Vorsicht ist jetzt
geboten“, sagt er, „aber Angst wäre ein schlechter Ratgeber.“
Henkel ist verspätet ins Parlament gekommen, war gerade noch in einer
Telefonkonferenz mit seinen Innenministerkollegen. Im Ausschuss für
Verfassungsschutz wartet man schon auf ihn, um Aktuelles zur
Sicherheitslage zu hören Um den Verfassungsschutzbericht für 2014 sollte es
eigentlich gehen, sonst ein Stunden füllendes Thema. Doch wie so manches
ist nach Paris auch das anders. Vieles, was in dem Bericht steht, müsse
jetzt wie kalter Kaffee wirken, sagt Innenstaatssekretär Bernd Krömer
(CDU).
Für Henkels Vortrag ziehen die Abgeordneten in den sogenannten
Sicherheitsraum auf derselben Etage um, in einen fensterlosen und
abhörgeschützten Raum. Noch in öffentlicher Sitzung hat sich der
Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux als Ausschussvorsitzender ungewohnt
staatstragend gegeben. „Wir sind verwundbar, aber wir werden die Lage
meistern“, sagt er. Und dass „unsere Sicherheitskräfte“ den Terroristen
überlegen seien. Später wird er der taz sagen, dass das als Replik auf
Henkel gedacht war: In einer Zeitung habe sich der Innensenator zitieren
lassen, dass Streifenpolizisten den Terroristen „heillos unterlegen“ seien.
Gegenüber den Journalisten unterstützt Henkel die Idee, die Bundeswehr auch
im Inland einsetzen zu können. „Ich glaube, es ist richtig, darüber zu
diskutieren“, sagt er, auch wenn er derzeit nicht die notwendige
Zweidrittelmehrheit sieht, um dafür die Verfassung zu ändern. Im Nachhinein
bestätigt sieht sich der Innensenator darin, dass im Entwurf für den neuen
Landeshaushalt 2016/17 doppelt so viel Geld wie bisher für bessere
Schutzausrüstung für Polizisten vorgesehen ist.
Bevor man in den Sicherheitsraum umzieht, sind von Verfassungsschutzchef
Bernd Palenda noch Erkenntnisse zu hören, inwieweit Salafisten und
Islamisten unter Flüchtlingen anzuwerben versuchen. Es sei „von allen
politischen Spektren“ versucht worden, das Flüchtlingsthema zu
instrumentalisieren, von Rechts- und Linksextremen und von salafistischen
Kräften. Deren Werbeversuch geschehe „unter dem Deckmantel der humanitären
Hilfe“, sei aber bislang nicht sehr erfolgreich verlaufen, sagt Palenda.
Man habe den Betreibern von Flüchtlingsheimen Informationen gegeben, wie
sie solche Bemühungen erkennen könnten.
Im Laufe des Mittwochs folgen Ansagen, dass geplante Großveranstaltungen
stattfinden. Ein Sprecher des Weihnachtsmarkts auf dem Gendarmenmarkt, der
nächsten Montag öffnen will, wird mit der Nachricht zitiert, dass man
Koffer und große Rucksäcke nicht mit durch die Eingänge nehmen dürfe.
Hertha BSC kündigt ein „umfangreiches Maßnahmenpaket“ für das
Bundesligaspiel am Sonntagnachmittag an, ohne konkret zu werden. Offenbar
soll es vor allem mehr Ordner geben. Andere Spitzenvereine reagieren
ebenfalls (siehe Text oben). Auch Hertha-Trainer Pál Dárdai äußert sich:
„Wenn du jetzt jedes Spiel absagt, haben die Menschen irgendwann große
Angst.“
18 Nov 2015
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Polizei Berlin
Attentat
Sicherheit
Verfassungsschutzbericht
TSG Hoffenheim
Terrorismus
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Terrorismus
Schwerpunkt Islamistischer Terror
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