# taz.de -- Ankündigung vom Kraftfahrtbundesamt: Millionen Autos in die Werkst… | |
> Wegen des Abgasskandals hat das Kraftfahrtbundesamt VW zu einer | |
> Rückrufaktion verpflichtet. 8,5 Millionen Autos sind europaweit | |
> betroffen. | |
Bild: Manipulation am Fließband verpflichtet: Eine freiwillige Reperatur reich… | |
BERLIN/FLENSBURG dpa | Schwarzer Tag für Volkswagen: Der Autobauer muss im | |
Abgas-Skandal europaweit rund 8,5 Millionen Diesel in die Werkstätten | |
holen. Allein in Deutschland zwingt der mit Abstand größte Rückruf in der | |
VW-Firmengeschichte 2,4 Millionen Autofahrer nächstes Jahr dazu, mit den | |
Dieseln zur Nachbesserung zu fahren. VW kündigte an, dafür zu kämpfen, | |
verlorenes Vertrauen bei den Kunden zurückzugewinnen. Eine Reform der | |
Führungs- und Konzernstruktur soll Manipulationen künftig erschweren. Eine | |
„schonungslose Aufklärung“ soll die Vorgänge rund um die Software rasch | |
lückenlos aufarbeiten. | |
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ordnete einen verpflichtenden Rückruf für | |
alle Fahrzeuge mit manipulierter Motor-Software in Deutschland an. Die | |
Rückrufaktion muss befolgt werden, ansonsten kann laut KBA im äußersten | |
Fall die Stilllegung der Fahrzeuge drohen. Die Großaktion soll laut | |
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Januar 2016 starten und | |
dürfte sich bis zum Jahresende hinziehen. | |
Das Bundesamt werde „den Beginn und den Fortgang der Rückrufaktion | |
überwachen“, sagte Dobrindt. Bei freiwilligen Nachbesserungen in der Regie | |
des Konzerns bleibt es also nicht. Bis Ende Oktober muss VW der Behörde nun | |
die geplante neue Software für die 2,0-Liter-Modelle vorstellen, bis Ende | |
November dann die Lösungen für die Fahrzeuge mit 1,6 Litern und 1,2 Litern | |
Hubraum. VW habe zugesichert, dass den Kunden durch die Umrüstungen keine | |
Kosten entstünden. | |
„Volkswagen erlebt eine schwierige Zeit“, schrieb VW-Vorstandschef Matthias | |
Müller am Donnerstag in einem Brief an Dobrindt, der der Deutschen | |
Presse-Agentur vorliegt. Mit der KBA-Entscheidung sei nun aber „eine | |
Möglichkeit eröffnet, für die Europäische Union ein gemeinsames und | |
abgestimmtes Vorgehen in allen Mitgliedsstaaten zu erreichen“. Müller | |
sicherte den betroffenen Kunden Transparenz zu. VW werde „hart daran | |
arbeiten, Vertrauen wieder herzustellen“. | |
Die Rückrufaktion trifft vor allem die VW-Kernmarke. Aber auch die | |
VW-Schwestermarken Audi, Seat, Skoda und einige VW-Nutzfahrzeuge zählen zum | |
Kreis des Rückrufes. Es geht um 2,4 Millionen Fahrzeuge, wie Dobrindt | |
erläuterte. Ursprünglich war von 2,8 Millionen die Rede gewesen – gemäß d… | |
anfänglichen Zulassungen. Inzwischen seien davon aber rund 400.000 Wagen | |
hierzulande nicht mehr auf den Straßen. | |
## Gewinnziele gekappt | |
Die Autobranchenexperten Ferdinand Dudenhöffer und Stefan Bratzel sagten | |
der dpa, dass es sich bei den europaweit 8,5 Millionen betroffenen Wagen um | |
die bisher größte Rückrufaktion in Europa handeln dürfte. Der für die | |
Wolfsburger beispiellose Vorgang entspricht damit beinahe einem globalen | |
Jahresabsatz. Der Konzern mit seinen zwölf Marken verkaufte 2014 weltweit | |
gut 10 Millionen Fahrzeuge. Für mögliche Rückrufe hatte VW schon 6,5 | |
Milliarden Euro zurückgestellt und Gewinnziele gekappt. | |
Laut KBA handelt es sich bei der Software um eine „unzulässige | |
Abschalteinrichtung“. VW muss sie aus allen Fahrzeugen entfernen und | |
sicherstellen, dass die Abgasvorschriften künftig eingehalten werden. | |
Für die Autofahrer ändert sich bis dahin nichts. „Die Fahrzeuge sind | |
verkehrssicher und können deswegen auch im Einsatz ganz normal gefahren | |
werden“, sagte Dobrindt. Halter müssen erst aktiv werden, wenn sie von VW | |
Post bekommen. Die Rückrufaktion ist dann Pflicht. Laut KBA gibt es bei | |
Weigerungen zunächst wiederholte Aufforderungen. | |
VW plant für die betroffenen Autos mit 2,0 Litern Hubraum reine | |
Software-Lösungen. Bei Motoren mit 1,6 Litern Zylindervolumen ist wohl | |
zusätzlich eine Anpassung in der Motortechnik nötig – also ein Eingriff | |
nicht nur über die Programmierung. Diese technische Lösung steht vermutlich | |
erst ab September 2016 zum Einbau zur Verfügung, wie Dobrindt sagte. Was | |
genau bei den 1,2-Liter-Motoren technisch nachgebessert werden muss, blieb | |
zunächst vage. Laut KBA sind die von VW skizzierten Anpassungen noch nicht | |
abschließend bewertet. | |
Der VW-Konzern betont, dass alle neuen Diesel mit der Abgasnorm Euro 6 | |
nicht von dem Skandal betroffen sind. Zudem seien auch diejenigen Wagen, | |
die nun im Rückruf stehen, technisch sicher und fahrbereit. Post sollen die | |
Halter „in den nächsten Wochen und Monaten“ erhalten. | |
Mit dem verpflichtenden Rückruf schaltet sich das KBA direkt in die Affäre | |
ein und überlässt sie nicht allein dem Konzern. Europas größter Autobauer | |
hatte im Oktober einen Katalog mit Plänen an das Bundesamt gesandt, in | |
denen es um die Bewältigung des Skandals der per Spezialsoftware geschönten | |
Abgaswerte geht. Es drohen Milliardenkosten für die Nachbesserung, mögliche | |
Strafzahlungen und Gerichtsprozesse. | |
## „Führungsverständnis neu ausrichten“ | |
Auch in Österreich müssten rund 363.000 Fahrzeuge in die Werkstätten, hieß | |
es am Donnerstag aus dem Verkehrsministerium in Wien. Die französische | |
Regierung will die Steuern auf Dieselkraftstoff auf das Niveau von Benzin | |
anheben, um gegen die „massive Verdieselung“ der französischen Autoflotte | |
vorzugehen. Die Deutsche Umwelthilfe pocht darauf, dass die versprochenen | |
Werte nicht nur im Labor, sondern auch im realen Straßenverkehr eingehalten | |
werden. Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer: „Wir | |
brauchen einen Plan, wie zugelassene Fahrzeuge die Grenzwerte auch im | |
Realbetrieb einhalten.“ | |
VW-Vorstandschef Müller forderte am Donnerstag vor Managern in Leipzig „ein | |
anderes, ein moderneres Volkswagen“. Es gelte, die Entscheidungsstrukturen | |
anzupassen und Verantwortung zu delegieren. „Wir müssen auch die Kultur und | |
das Führungsverständnis im Konzern neu ausrichten“, sagte Müller. Es gebe | |
„großen Veränderungsbedarf“. | |
Müller und VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh schrieben am Donnerstag auch | |
der Belegschaft. Das Gebot der Stunde sei es nun, die Weichen so zu | |
stellen, dass sich ein vergleichbarer Skandal niemals wiederhole. „Dazu | |
gehört, dass wir Kritik, die jetzt auch öffentlich zum Beispiel an | |
Führungsstrukturen, fehlender Offenheit oder am Umgang mit Problemen geübt | |
wird, zulassen und konstruktiv damit umgehen.“ | |
Mit dem Rückruf drohen VW laut Experten auch Kosten, die über die | |
Nachbesserungen hinausgehen. Eine Entschädigung für Nutzungsausfall komme | |
infrage, erklärte die Verbraucherzentrale Niedersachsen. | |
15 Oct 2015 | |
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