Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Experte über VW, Behörden und Abgase: „Es könnte mehr Rückruf…
> Dass Autos auf dem Prüfstand anders reagieren als auf der Straße, ist
> seit 10 Jahren bekannt, sagt Axel Friedrich. Ein Gespräch über Wartung
> und Verantwortung.
Bild: „Vermutlich wird die Nachrüstung aber innerhalb eines Tages abzuwickel…
taz: Herr Friedrich, dem Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg reichen die
freiwilligen Rückrufpläne von VW nicht. Traut man dem Konzern nicht mehr?
Axel Friedrich: Einen solchen Rückruf hat es noch nie gegeben. Das
Kraftfahrt-Bundesamt hat sich immer darauf verlassen, dass die Hersteller
ihre defekten Autos selbst in die Werkstätten zurückbeordern. Dabei sollte
es eigentlich normal sein, dass die Zulassungsbehörden den Rückruf
anordnen, wenn erhebliche Mängel bei der Abgasreinigung bestehen. Bisher
hat sich Flensburg da aber geweigert.
Vielleicht sah die Leitung des Amtes nie „Gefahr im Verzug“?
Das ist gar nicht nötig. Wenn es erhebliche Mängel gibt, müssen diese
abgestellt werden. Jedes Jahr sterben in Europa 430.000 Menschen vorzeitig,
weil die Luft nicht sauber ist. Das ist doch ein ausreichender Grund. Alle
haben mittlerweile eingesehen, dass die VW-Diesel einen erheblichen Mangel
haben.
Müssen VW-Fahrer nun tagelang ohne Auto auskommen?
Wie die Autos genau instand gesetzt werden, ist noch nicht ganz klar. Bis
die technischen Lösungen entwickelt sind, wird es noch etwas dauern.
Vermutlich wird die Nachrüstung aber innerhalb eines Tages bei einer
normalen Wartung mit abzuwickeln sein.
Steht den Fahrzeughaltern Schadensersatz zu?
Dafür müssten sie einen persönlichen Schaden nachweisen, das dürfte aber
schwierig werden. Den Schaden hat die Umwelt.
Warum greift das Amt in Flensburg jetzt ein?
Dem Verkehrsministerium, dem das Kraftfahrt-Bundesamt untersteht, wird es
ein Anliegen gewesen sein, dass die Flensburger endlich ihrer
Kontrollfunktion nachkommen. Dass Autos so gebaut sind, dass sie die
Stickoxidgrenzwerte bei Messungen auf der Straße anders als auf dem
Prüfstand um ein Mehrfaches überschreiten, ist in Fachkreisen schon seit
gut zehn Jahren bekannt.
Welche Verantwortung trägt die Behörde?
Die Behörde hätte die Autos viel früher im realen Betrieb testen müssen.
Allerdings hat sie vom Verkehrsministerium dafür auch kein Geld bekommen.
Wie unabhängig ist Flensburg?
Sie finanziert sich zu einem Teil durch die Zulassung neuer Modelle. Diese
ist eine Dienstleistung. Dafür zahlt die Autoindustrie Geld. Die Behörde
arbeitet also eng mit den Herstellern zusammen. Und sie konkurriert mit
anderen Zulassungsstellen in Europa. Hat ein Autobauer Probleme bei der
Zulassung, droht er einfach damit, zu einer Stelle in irgendeinem anderen
EU-Land zu gehen. Das können sie machen. Natürlich schaut da jeder, dass er
keinen Auftrag verliert. Und so gibt es eine Verbindung zwischen Behörde
und Industrie, die dazu führt, dass nicht ausreichend kontrolliert wird.
Was müssen andere Autokonzerne fürchten?
Das Verkehrsministerium prüft jetzt auch Kfz anderer Hersteller. Die Daten,
die wir haben, zeigen, dass viele Hersteller vielleicht nicht überhöhte
Stickoxid-, aber Kohlendioxidwerte haben. Also könnte es auch noch mehr
Rückrufe geben.
Muss man Diesel abschreiben, wenn die strengere Aufsicht kommt – weil er
nur durch Tricks umweltfreundlich wird?
Nein, denn es gibt Gegenbeispiele, etwa die Limousine BMW-i5 Diesel. Dieses
Auto hält die Grenzwerte in Kalifornien ein, und die sind bis zu viermal
schärfer als in Europa.
16 Oct 2015
## AUTOREN
Hanna Gersmann
## TAGS
Volkswagen
Autos
Diesel
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Dieselskandal
Dieselskandal
Dienstwagen
Dieselskandal
Rückruf
Volkswagen
CO2
Schwerpunkt TTIP
## ARTIKEL ZUM THEMA
GM-Chefin in Doppelfunktion: Vom Arbeiterkind nach ganz oben
Mary Teresa Barra ist seit 2014 als erste Frau an der Spitze des
Autokonzerns GM. Nun übernimmt sie auch den Verwaltungsratsvorsitz.
Managementforscher über Firmenkultur: „VW ist nicht Katastrophe genug“
Mitarbeiter, die Missstände in ihrem Haus kritisieren, werden selten
geschätzt. Johannes Ludwig fordert deshalb Gesetze, die Whistleblower
begünstigen.
Schadstoffausstoß von Fahrzeugen: Diesel-Pkw dreckiger als Busse
Privatautos blasen bei Test in Norwegen mehr gefährliche Abgase in die Luft
als Nutzfahrzeuge. Denn die werden strenger untersucht.
Dienstwagen des Berliner Senats: Viel Diesel, wenig Klarheit
Der Senat weiß nicht, ob sein Fuhrpark vom VW-Skandal betroffen ist – weil
er es nicht überprüft, kritisieren die Grünen.
Folgen der Abgasaffäre: VW und das Familiensilber
Auch die VW-Tochter Škoda hat Software manipuliert. Sie ist eng an den
Konzern gebunden. Was passiert mit ihr, wenn gespart werden muss?
Ankündigung vom Kraftfahrtbundesamt: Millionen Autos in die Werkstätten
Wegen des Abgasskandals hat das Kraftfahrtbundesamt VW zu einer
Rückrufaktion verpflichtet. 8,5 Millionen Autos sind europaweit betroffen.
Aufarbeitung von Dieselgate: VW-Kungelei nervt Brüssel
Umweltministerin Hendricks fordert schärfere Kontrollen, doch ansonsten
steht Berlin auf der Bremse. Das sorgt in der EU für Kopfschütteln.
Gefälschte Abgastests: Der Diesel ist tot, es lebe der Diesel
Die VW-Betrügereien bei Abgastests haben die Dieselmotoren insgesamt in
Verruf gebracht. Am Ende sind sie noch lange nicht.
Kommentar Freihandelsabkommen TTIP: Im Abgasnebel
Die Befürworter des umstrittenen TTIP-Abkommens werben ausgerechnet mit dem
VW-Skandal. Damit verkehren sie die Fakten ins Gegenteil.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.