| # taz.de -- Folgen der Abgasaffäre: VW und das Familiensilber | |
| > Auch die VW-Tochter Škoda hat Software manipuliert. Sie ist eng an den | |
| > Konzern gebunden. Was passiert mit ihr, wenn gespart werden muss? | |
| Bild: Als Abgaswerte noch keine Rolle spielten: altes Skoda-Modell | |
| Prag taz | Wenn Wolfsburg hustet, fürchtet man sich in Tschechien vor einer | |
| Grippeepidemie. Denn zwischen Böhmerwald und Riesengebirge gilt die | |
| Automobilindustrie als wichtigster Wirtschaftssektor. Rund ein Viertel der | |
| industriellen Produktion des Landes hängt von ihr ab. | |
| Kein Wunder, dass die Abgasaffäre von Volkswagen den Tschechen aufstößt – | |
| zumal die tschechische VW-Tochter Škodadirekt involviert ist: Ende | |
| September musste die Geschäftsführung zugeben, dass die Firma selbst 1,2 | |
| Millionen Fahrzeuge mit manipulierten Abgaswerten auf den Markt gebracht | |
| hatte. | |
| Kein Wunder, dass Tschechien bei der EU-Kommission in Brüssel neben | |
| Deutschland als einer der härtesten Gegner verschärfter Abgasnormen gilt. | |
| Allein 2014 machte die tschechische Autoindustrie Umsätze von umgerechnet | |
| 40 Milliarden Euro, das sind immerhin 7,4 Prozent des gesamten | |
| Bruttoinlandsprodukts. Sie gehört zu den größten und beliebtesten | |
| Arbeitgebern des Landes: Derzeit arbeiten dort 155.000 Menschen, wobei ihr | |
| Durchschnittslohn von umgerechnet 1.300 Euro den tschechischen | |
| Gesamtdurchschnitt um 23 Prozent übersteigt. | |
| ## Globaler Kickstart | |
| Aber der Autobau ist nicht nur ein Industriezweig. Für die meisten | |
| Tschechen ist er ein Nationaldenkmal. Es waren die beiden Tüftler Václav | |
| Laurin und Václav Klement, die 1905 im mittelböhmischen Mladá Boleslav ihr | |
| erstes Auto präsentierten: eine zweisitzige Voiturette mit immerhin sieben | |
| PS. Inzwischen werden in Tschechien über eine Million Autos pro Jahr | |
| gebaut. | |
| Der globale Kickstart für die Autoindustrie aber kam 1991, als Volkswagen | |
| einen ersten 30-prozentigen Anteil an den Škoda-Werken kaufte. Die hatten | |
| zwar 40 Jahre lang erfolgreich mit Trabant, Wartburg und Lada konkurriert. | |
| Ob das Traditionsunternehmen aber auf dem globalen Markt bestehen könnte, | |
| war damals jedoch eine offene Frage. | |
| „Was ist der Unterschied zwischen einem Škoda und einem Schaf?“, ging | |
| damals ein Witz. „Es ist weniger peinlich, wenn man in einem Schaf kommt.“ | |
| Ein knappes Vierteljahrhundert später hatte Škoda so viel Erfolg, dass es | |
| selbst der Mutter VW – seit 2000 hundertprozentige Eigentümerin – zu bunt | |
| wurde: Man solle die Autos weniger luxuriös gestalten, weil Škoda zu einer | |
| zu großen Konkurrenz werde, lautet die Wolfsburger Vorgabe. Auch blieb der | |
| nordamerikanische Markt für Škoda tabu. | |
| Nun sorgt man sich in Mladá Boleslav und Prag, wie es mit VW nach dem | |
| Skandal weitergeht. Schließlich könnten die Wolfsburger in der Folge | |
| horrender Straf- und Schadenersatzzahlungen gezwungen sein, Marken zu | |
| veräußern. Dazu könnte auch Škoda gehören, befürchtete Industrieminister | |
| Jan Mládek nach Bekanntwerden der Manipulationen: „Autos werden in | |
| Tschechien auch weiterhin produziert werden, aber was das für Marken sein | |
| werden und welchen Eigentümer sie haben, muss in Zukunft nicht so klar | |
| sein, wie es noch vor Kurzem schien“, so der Sozialdemokrat. | |
| Experten sehen die Zukunft weniger schwarz. So schlimm könne es nicht | |
| werden, dass VW sein Familiensilber losschlägt. „Wir können erwarten, dass | |
| VW seine erfolgreiche Marke Škoda nicht verkaufen wird“, meint Jan Linhart, | |
| Analytiker bei KPMG. Vielleicht nicht ganz. Möglich aber, dass der Konzern | |
| einen Anteil an Škoda zum Verkauf stellt. „Das würde dem Konzern einen | |
| beträchtlichen Batzen Bargeld einbringen und die bestehende Synergie der | |
| Marken im Rahmen der VW-Gruppe erhalten“, erklärt Linhart. | |
| 21 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Alexandra Mostyn | |
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