Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schulbücher in Südkorea: Die wahre Wahrheit
> Bald soll es nur noch ein Geschichtsbuch für Südkoreas Schulen geben.
> Kritischer Umgang mit der eigenen Geschichte ist kaum zu erwarten.
Bild: Wie in südkoreanischen Schulen Geschichtunterricht aussieht, will ab 201…
SEOUL taz | Während in koreanischen Klassenzimmern Lehrbuchinhalte vor
allem auswendig gelernt werden, wird außerhalb der Schule darüber hitzig
debattiert: Die konservative Regierungspartei hat diese Woche angekündigt,
die Geschichtsbücher der Oberschulen durch selbst rekrutierte Professoren
ab 2017 zu vereinheitlichen. Als „korrektes Lehrbuch“ möchte sie die
künftige Publikation bezeichnet wissen – als ob es sich um Mathematik mit
nur einer richtigen Antwort handeln würde.
Noch können die Schulen unter acht Lehrbüchern auswählen. Viele davon
behandeln Themen, die in Südkorea lange unter den Teppich gekehrt wurden:
Kollaborateure während der japanischen Besatzungszeit, Massenerschießungen
an Zivilisten im Koreakrieg oder Folter unter der Militärdiktatur der
Nachkriegszeit. Für viele Konservative ist dies eine „masochistische
Geschichtsauffassung“.
Auch kritisieren sie, dass einigen der Bücher zu viele direkte Zitate aus
Nordkorea enthalten, die den verfeindeten Bruderstaat in einem positiven
Licht darstellen könnten. Penibel zählten einige Abgeordnete auf, dass in
einem Lehrbuch das Kim-Reich nur zweimal als Diktatur bezeichnet wurde,
aber das Wort ganze 24-mal im Zusammenhang mit dem Süden verwendet würde.
Überhaupt seien 90 Prozent aller Historiker ohnehin „Linke“, meinte
Parteichef Kim Moo-sung vor Reportern. Kurz zuvor hatten einige von ihnen
herausbekommen, das sein Vater ein Kollaborateur der japanischen
Kolonialmacht gewesen war und Koreaner zu Spenden an das Besatzungsmilitär
gedrängt hatte.
## Forscher verweigern sich
Neben der japanischen Besatzungszeit ist vor allem die Militärherrschaft
von Park Chung-hee, dem Vater der jetzigen Präsidentin, der umstrittenste
Punkt. Kritiker fürchten, die Tochter wolle jetzt das Familienerbe
reinwaschen.
Mehr als 50.000 Südkoreaner haben schon eine Petition gegen den
Regierungsplan unterschrieben. Darunter sind auch Hunderte
Geschichtsprofessoren. Sie haben angekündigt, nicht als Autoren für die
neuen Lehrwerke zur Verfügung zu stehen. Laut Korea Times würde es für die
Regierung schwer, genügend angesehene Forscher als Autoren zu gewinnen.
Der Führer der liberalen Oppositionspartei, Moon Jae-in, bat darum, den
Gesetzesentwurf mit der Regierung besprechen zu dürfen, bevor er in Kraft
tritt. Sein Gegenüber von der Saenuri-Partei lehnte ab. Das Thema stünde
nicht zur politischen Diskussion.
15 Oct 2015
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Südkorea
Bildung
Schule
Geschichtsschreibung
Historiker
Südkorea
Südkorea
Südkorea
Nordkorea
Japan
Feminismus
Diktatur
Rentner
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schulsystem in Südkorea: Übermüdete Überflieger
Südkorea ist wie seine ostasiatischen Nachbarn Pisa-Spitzenreiter. Für die
Schüler des Landes ist das rigide Bildungssystem eine Tortur.
Protestbewegung in Südkorea: Paranoia provoziert Proteste
60.000 Menschen protestierten im November in Südkorea. Die repressive
Regierung Park Geun Hyes erklärt Kritiker oft zu Agenten.
Geschichtsschreibung in Südkorea: Kampf gegen Kommunismus
Südkoreas Regierung will ein nationalistisches Geschichtsbuch verfassen.
Lehrer und Schüler wehren sich gegen die Zensur.
Entspannung in Korea: Kein K-Pop mehr für den Norden
Eine Eskalation zwischen Nord- und Südkorea scheint abgewendet. Die
verfeindeten Staaten konnten die jüngste Krise doch noch entschärfen.
Kommentar Japan und Südkorea: Deutschland ist kein Vorbild
Die Geschichtsbewältigung zwischen Südkorea und Japan funktioniert nicht.
Deutschland gilt dort als positives Beispiel — und das ist falsch.
Feministinnen in Korea: Wenn Frauen für Frieden marschieren
Sie überquerten die Grenze von Nord- nach Südkorea. Kritiker beschimpfen
die Feministinnen als Propaganda-Marionetten.
Jahrestag des Massakers von Gwangju: Wieso ruhe ich nicht bei ihnen?
Vor 35 Jahren rebellierte die Bevölkerung der Stadt Gwangju gegen Südkoreas
Diktatur. Zeitzeugen erzählen von Verlust, Reue und Vergessen.
Senioren in Südkorea: „Die Jugend behandelt uns wie Dreck“
Die Nachkriegsgeneration hat Südkorea wieder aufgebaut. Doch viele Senioren
müssen bis ins hohe Alter arbeiten. Ein Tag im Rentner-Park von Seoul.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.