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# taz.de -- Krise beim Volkswagen-Konzern: Die Betrüger von Wolfsburg
> Nach der Affäre um manipulierte Abgastests bricht die Aktie des
> Autokonzerns ein. Schlittert VW in eine Existenzkrise?
Bild: Mit dem Testbetrug in den USA wackelt auch der Industriestandort Deutschl…
BERLIN taz | Gerade hat VW-Chef Martin Winterkorn den Machtkampf mit dem
Volkswagen-Patriarchen Ferdinand Piëch gewonnen – nun steht er vor einem
viel größeren Problem. Angesichts der Manipulationen von
Abgasuntersuchungen, die Winterkorn bereits zugegeben hat, steckt Europas
größter Autokonzern in einer existenziellen Krise. Denn noch kann niemand
absehen, welchen Schaden – Strafzahlungen, Schadensersatzzahlungen,
Imageverlust, Absatzeinbußen – der Testbetrug in den USA für den
Wolfsburger Konzern global bedeutet.
Fest steht aber schon: Wackelt VW, dann wackelt der Industriestandort
Deutschland – mit allen Konsequenzen für den relativen Wohlstand
hierzulande, der auch einen Teil der Anziehungskraft für Flüchtlinge und
Migranten ausmacht. Kein Wunder, dass VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh am
Montag bekannte: „Wir sind geschockt.“ Nun müsse mit aller Konsequenz
aufgeklärt werden.
Fraglich ist allerdings, ob Winterkorn dafür noch der richtige Mann ist.
Denn wie immer bei gravierenden Verfehlungen gilt: Der Fisch stinkt vom
Kopf her. Entweder hat Winterkorn wissentlich die systematischen
Manipulationen mitgetragen – dann wäre er unhaltbar an der Konzernspitze.
Oder er hat davon nichts gewusst – dann hätte er seinen Laden nicht im
Griff und geriete deshalb ebenfalls in Erklärungsnot, mindestens.
Welche Dimension der Skandal annehmen kann, wurde am ersten Börsentag nach
dem Einräumen der Vorwürfe deutlich: Die Aktie des Konzerns, der weltweit
knapp 600.000 MitarbeiterInnen beschäftigt, fiel am Montag zwischenzeitlich
um 23 Prozent – ein Börsenwertverlust von 17 Milliarden Euro. Zuvor hatte
VW bekannt gegeben, ab sofort den Verkauf von Dieselfahrzeugen in den USA
zu stoppen. Betroffen davon sind die Konzernmarken VW und Audi.
## Drohende Strafzahlung in Milliardenhöhe
VW hatte am Sonntag zugegeben, die Software von Dieselfahrzeugen in den USA
manipuliert zu haben. Die US-Umweltbehörde beschuldigt VW, mithilfe dieser
Computerprogramme die Resultate von Abgasuntersuchungen geschönt haben. VW
drohen deswegen schlimmstenfalls Strafzahlungen von mehr als 18 Milliarden
US-Dollar sowie Schadenersatzforderungen von geschädigten Verbrauchern in
den USA. Es geht um knapp eine halbe Million Autos.
Dabei hat Volkswagen laut US-Umweltbehörde Abschalteinrichtungen bei der
Abgasreinigung eingesetzt, um noch mehr Leistung aus den Motoren
herauszuholen. Der Clou: Die Software des Fahrzeugs hat demnach anhand
verschiedener Parameter erkannt, wenn das Auto getestet wird; in diesem
Fall wurde die Abgasreinigung eingeschaltet. In allen anderen Fällen habe
die Software jedoch auf den Straßenmodus umgeschaltet, was die Effektivität
der Abgasreinigung reduzierte. So seien die Schadstoffemissionen 10- bis
40-mal höher gewesen als von der Behörde vorgegeben. Laut der
Umweltlobbyorganisation Deutsche Umwelthilfe setzen auch andere Hersteller
Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung ein.
Diese Einschätzung teilt auch der Naturschutzbund Nabu. Er kritisiere seit
Langem, dass die Abgaswerte vieler Fahrzeuge nur auf dem Prüfstand
eingehalten und in der Praxis deutlich überschritten würden.
## Gelassenheit bei anderen Herstellern
Die deutschen Konzerne BMW und Daimler zeigten sich mit Blick auf die
US-Untersuchungen am Montag jedoch betont gelassen. Bei Überprüfungen eines
Dieselfahrzeugs habe es keine auffälligen Abweichungen der Werte gegeben,
so BMW. Deshalb sei der Konzern auch nicht von den zuständigen Behörden
kontaktiert worden. Und bei Daimler hieß es: „Es gibt nach unseren
Erkenntnissen keine Untersuchungen zu Mercedes-Benz“, so ein
Unternehmenssprecher. Auch die Volkswagen-Tochterfirma Porsche sieht sich
von den US-Untersuchungen nicht betroffen; sie setzt auf größere Motoren
als VW und Audi, vor allem aber auf Benziner.
Während in Europa Regierungen und Behörden noch zurückhaltend auf den
VW-Skandal reagieren, droht VW am anderen Ende der Autowelt bereits neues
Ungemach. So hat Südkorea neue Abgastests für Modelle aus dem
Volkswagenkonzern angeordnet. Ab Mitte Oktober werde geprüft, ob auch bei
den VW-Modellen auf dem koreanischen Markt getäuscht worden sei – also beim
VW Golf, VW Jetta und dem Audi A3. Das berichtete am Montag die
südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf das
Umweltministerium in Seoul.
21 Sep 2015
## AUTOREN
Richard Rother
## TAGS
Volkswagen
Autoindustrie
Abgase
Dieselskandal
Volkswagen
Martin Winterkorn
USA
USA
USA
Schwerpunkt Klimawandel
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