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# taz.de -- Vor dem Koalitionsausschuss: Unionsstreit über Flüchtlinge
> Die Linie im Unionslager ist uneinheitlich: Besonders die CSU kritisiert
> die zeitweilige Grenzöffnung für Geflüchtete aus Ungarn und Österreich.
Bild: Der bayerische Innenminister (r.) verlässt sich in der Flüchtlingsfrage…
Berlin dpa | Die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für
eine Aufnahme der in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge stößt auf scharfe
Kritik der Schwesterpartei CSU. Das Parteipräsidium habe die vom Bund
erteilte Einreiseerlaubnis in einer eigens einberufenen Telefonkonferenz
einmütig als „falsche Entscheidung“ gerügt, sagte Generalsekretär Andreas
Scheuer am Samstagabend in München.
Mehrere Präsidiumsmitglieder hätten vor einer „zusätzlichen Sog-Wirkung“
gewarnt. Die CSU wolle dies in der Sitzung des Koalitionsausschusses am
Sonntagabend in Berlin deutlich thematisieren. Die Bild am Sonntag hatte
als erstes über die Präsidiumsschelte berichtet.
Der massenhafte Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland müsse begrenzt
werden, betonte Scheuer. „So kann es nicht weitergehen.“ Jeder Flüchtling,
der sich nach Europa aufmache, denke an Deutschland. „Aber das kann
Deutschland alleine nicht leisten.“
Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann sagte beim Besuch einer
Polizeidienststelle in Passau, die Entscheidung sei mit den Ländern nicht
abgesprochen gewesen. Sie sei ein „völlig falsches Signal innerhalb
Europas“, das korrigiert werden müsse.
## SPD lobt Kanzlerin
Dagegen lobte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi die Bundeskanzlerin
ausdrücklich: „Die Entscheidung der Bundesregierung in dieser humanitären
Ausnahmesituation war die einzig richtige“, sagte sie der Bild am Sonntag.
„Wir mussten ein starkes Signal der Menschlichkeit setzen – um zu zeigen,
dass Europas Werte auch in schwierigen Zeiten gelten.“
Beim Treffen der Koalitionsspitzen am Sonntag Abend soll im Kanzleramt
unter anderem geklärt werden, wie viel Geld der Bund den Ländern und
Kommunen für die Flüchtlingshilfe zusätzlich zur Verfügung stellen will.
Haushälter von Union und SPD beziffern den Spielraum auf bis zu fünf
Milliarden Euro, ohne den ausgeglichenen Haushalt zu gefährden. Endgültige
Entscheidungen dürften am 24. September bei einem Bund-Länder-Gipfel
fallen.
Die Gesamtkosten für die Betreuung der Flüchtlinge belaufen sich nach
Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) auf rund 10
Milliarden Euro in diesem Jahr. Nachdem beim Flüchtlingsgipfel im Juli ein
Bedarf von 5,6 Milliarden Euro für 450.000 Asylbewerber veranschlagt worden
war, sei ein solches Volumen für die nun prognostizierten 800.000
Neuankömmlinge von der Größenordnung her realistisch, hieß es der Zeitung
zufolge übereinstimmend aus verschiedenen Verwaltungen auf Kommunal-,
Landes- und Bundesebene.
## Forderung nach Einwanderungsgesetz
Auf kommunaler Ebene würden die jährlichen Kosten pro Flüchtling je nach
Bundesland mit 12.000 bis 13.000 Euro beziffert, schreibt die FAS. Darin
enthalten seien Unterkunft, Verpflegung, Taschengeld, Gesundheitskosten und
Verwaltungsaufwand. Auch hieraus ergebe sich bei 800.000 Flüchtlingen eine
Summe von ungefähr 10 Milliarden Euro.
Beim Koalitionsausschuss ausgeklammert werden sollen gravierende
Streitpunkte zwischen Union und SPD – etwa die Frage, ob an Flüchtlinge
Sachleistungen statt Bargeld ausgereicht werden sollen, und ob es, wie von
der SPD gefordert, ein Einwanderungsgesetz braucht. Die Spitzenpolitiker
sprächen „ausschließlich über die Frage, wie wir die große Zahl der
Flüchtlinge in Deutschland menschenwürdig unterbringen können“, sagte
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) pochte am Samstag auf Haushaltsdisziplin
trotz erheblicher Mehrkosten durch steigende Flüchtlingszahlen: „Wir können
nicht einfach sagen: Weil wir eine schwere Aufgabe haben, spielt jetzt der
ausgeglichene Haushalt oder die Frage der Verschuldung überhaupt keine
Rolle mehr.“ Bei der Unterbringung von Flüchtlingen und der Integration
dauerhaft in Deutschland bleibender Menschen müsse „jede Ebene – Länder,
Kommunen und auch der Bund – ihren fairen Anteil tragen“.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte bei einem Treffen der
G20-Finanzminister und –Notenbankchefs in Ankara, zur Deckung des Kosten
solle der in diesem Jahr erwartete Milliarden-Überschuss als künftiger
Puffer genutzt werden. Dafür ist ein Nachtragsetat nötig.
6 Sep 2015
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