# taz.de -- E-Mobility bei der BVG: Eine Ladung Busse | |
> Seit Montag verkehren vier Elektrobusse auf einer der Linie 204 im Westen | |
> der Stadt. Vom Erfolg dieses Projekts könnte einiges abhängen. | |
Bild: Trifft auf die Busflotte der BVG erst seit Montag zu – ein kleines biss… | |
„Gib mir deinen Saft“: Im Prinzip kein besonders passender Spruch auf einer | |
Busfahrt von Zoo nach Südkreuz, aber hier wirbt er, mit sattem BVG-Gelb | |
hinterlegt, für die neue Technologie, die seit Montag zum Einsatz kommt. | |
Vier elektrisch betriebene Busse des landeseigenen Unternehmens pendeln ab | |
sofort auf der Linie 204 zwischen Charlottenburg und Schöneberg. Der Clou: | |
Die Fahrzeuge müssen nur nachts an die Steckdose, im Betrieb beziehen sie | |
den Strom über induktive Ladestationen an den Endhaltestellen. | |
Wenn gleich zwei Senatoren, ein Staatssekretär des Bundes, mehrere | |
Vorstandsvorsitzende aus der Verkehrsbranche und der TU-Präsident an der | |
Jungfernfahrt teilnehmen, muss schon etwas Besonderes dahinterstecken. | |
Tatsächlich handelt es sich um die „weltweit erste kabellos geladene | |
elektrische Buslinie in einer Hauptstadt“, wie man bei der BVG voller Stolz | |
betont, und wer weiß, vielleicht geht dieser Tag wirklich einmal in die | |
Annalen der Elektromobilität ein. Voraussetzung dafür wäre, dass er den | |
Auftakt zum Umstieg auf eine neue Antriebsart und den langfristigen | |
Abschied von fossilen Brennstoffen im ÖPNV markiert. | |
Das hofft jedenfalls Rainer Bomba, Staatssekretär im | |
Bundesverkehrsministerium, der sich in der Spätsommersonne am Südkreuz | |
schon von der Krawatte verabschiedet hat, während die Solarpanels der | |
Pedelec-Station nebenan ein wenig Schatten spenden. „Wer mal ein E-Fahrzeug | |
gefahren ist“, weiß der CDU-Mann, „der will es gar nicht mehr aus der Hand | |
geben.“ Es müsse endlich etwas geschehen in Sachen Energiewende, und | |
deshalb habe sein Haus die E-Bus-Flotte der BVG im Rahmen des Projekts | |
„Schaufenster Elektromobilität“ mit 4,1 Millionen Euro gefördert. | |
BVG-Chefin Sigrid Nikutta spricht dann auch von einem „grundlegenden | |
Schritt in Richtung eines grüneren Berliner Busverkehrs“ und lobt die | |
Zusammenarbeit der beteiligten Akteure aus Politik, Wirtschaft und | |
Forschung. Tatsächlich hat sich insbesondere die Technische Universität um | |
das Projekt verdient gemacht. Schon 2011 suchte Dietmar Göhlich, Professor | |
am „Forschungscampus Mobility2Grid“ der TU-Verkehrsfakultät das Gespräch | |
mit der BVG über eine mögliche Elektrifizierung des Busverkehrs. Göhlich | |
und seine Kollegen haben das Projekt wissenschaftlich begleitet und unter | |
anderem die Ladestation an der Hertzallee - in direkter Nachbarschaft zur | |
TU - eingerichtet. Sie werden jetzt den Betrieb beobachten und im kommenden | |
Jahr eine technisch-wirtschaftliche Gesamtbewertung durchführen. | |
## Geisel findet‘s richtig gut | |
Wie seine Kollegin aus dem Wirtschaftsressort, Cornelia Yzer (CDU), | |
versicherte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) der E-Mobilität | |
seine Unterstützung. Er habe der BVG eine Kofinanzierung des Projekts bis | |
2023 in Aussicht gestellt, die jetzt allerdings noch konkretisiert werden | |
müsse. Die Förderung durch den Bund ist nur bis einschließlich 2016 | |
veranschlagt. | |
Und wie fährt es so sich im Elektrischen? Tatsächlich ist bei 50 | |
Stundenkilometern und hohen Außentemperaturen die Klimaanlage am lautesten. | |
Gerade im Heckbereich, unter dem normalerweise der Dieselmotor rumpelt, ist | |
es spürbar leiser, der Antrieb surrt beim Beschleunigen in einem langen | |
Glissando nach oben und in einem kürzeren nach unten - ein Teil der | |
Bremsenergie kommt dabei wieder der Batterieladung zugute. Die Lebensdauer | |
dieser auf dem Dach verbauten Batterie, erklärt TU-Professor Göhlich, ist | |
nicht kürzer als die des gesamten Busses. Während andere Batterien - nur | |
Laien sprächen von „Akkus“, so Göhlich - gerne „tiefentladen“ werden, | |
bevorzugt das für den BVG-Bus entwickelte Modell einen Ladezustand von 30 | |
bis 60 Prozent. | |
Der induktive Ladevorgang, den alle Beteiligten gerne mit dem einer | |
elektrischen Zahnbürste vergleichen, ist dann ziemlich unspektakulär: Am | |
Unterboden senkt sich eine Vorrichtung bis eine Handbreit über den Asphalt, | |
dann passiert nichts Sichtbares mehr. Nach fünf bis zehn Minuten ist | |
ausreichend „getankt“ und der Bus kann wieder in die Gegenrichtung starten | |
- leise, abgasfrei und klimafreundlich: Alle vier Exemplare zusammen | |
bewirken nach Angaben der BVG eine jährliche CO2-Ersparnis von 260 Tonnen. | |
Diese Rechnung geht natürlich nur auf, wenn Strom aus erneuerbaren Energien | |
zum Einsatz kommt. Und das ist tatsächlich der einzige Kritikpunkt, den man | |
beim Bund für Umwelt und Naturschutz BUND auf der Liste stehen hat: „Nur | |
Strom mit dem Grünstromlabel ist echter Ökostrom“, sagt Martin Schlegel, | |
verkehrspolitischer Referent beim BUND Berlin, „die BVG dagegen bezieht | |
Strom aus einem Erzeugermix, der mit Zertifikaten grüngewaschen wird.“ Aber | |
das gilt natürlich in erster Linie für den Betrieb von U-Bahn und Tram – | |
der Verbrauch der vier E-Busse dürfte sich gegenüber der BVG-Schienenflotte | |
im mikroskopischen Bereich bewegen. | |
1 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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