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# taz.de -- Verbindliche Regeln für die Wirtschaft: Menschenrechte? Wieso denn?
> Die Vereinten Nationen wollen Menschenrechte in Unternehmen
> festschreiben. Aber Deutschland boykottiert die Verhandlungen.
Bild: Wer garantiert,dass ihre Rechte eingehalten werden? Arbeiter einer Kobalt…
Genf taz | Transnationale Unternehmen sind weitgehend abgesichert:
Schiedsgerichte, über die sie auch Staaten verklagen können, um ihre
Investitionen zu schützen, werden bei allen Freihandelsabkommen
mitverhandelt.
Aber was ist mit den Menschen, deren Rechte womöglich durch solche
Investitionen verletzt werden? Viele Gaststaaten transnationaler
Unternehmen sind aufgrund schwacher Strukturen und der
Verhandlungsübermacht der Unternehmen kaum in der Lage, sie zu schützen.
Auch freiwillige Selbstverpflichtungen und Verhaltenskodizes der Konzerne
haben sich als weitgehend unwirksam erwiesen.
Einen ersten Vorstoß, das zu ändern, haben die Vereinten Nationen in dieser
Woche unternommen. Eine Expertengruppe des UN-Menschenrechtsrat soll bis
zum Frühjahr 2016 völkerrechtlichverbindliche Menschenrechtsnormen für
Wirtschaftsunternehmen entwickeln, ihr erstes Treffen in Genf ging am
Freitag zu Ende.
## Bundesregierung ohne Verantwortung
Die Bundesregierung boykottiert diese Beratungen, obwohl Deutschland seit
Anfang 2013 und noch bis Ende 2015 ein gewähltes Mitglied des
Menschenrechtsrates ist. Zudem amtiert der deutsche UNO-Botschafter Joachim
Rückert im laufenden Jahr als Präsident des Menschenrechtsrates und hat
damit eine Gesamtverantwortung für das 47-Staaten-Gremium - unabhängig von
der Haltung der Bundesregierung in bestimmten politischen Fragen.
Der deutsche Boykott stößt nicht nur bei den zum Thema Wirtschaft und
Menschenrechte engagierten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf Kritik
und Unverständnis, sondern auch bei UNO-DiplomatInnen anderer Staaten. „Wir
werden uns an diesen Boykott erinnern, wenn Deutschland das nächste Mal für
eine Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat kandidiert“, erklärte der
Botschafter eines afrikanischen Landes, das bei allen bisherigen Wahlen für
Deutschland gestimmt hat.
Deutschland hatte bereits gegen die Resolution gestimmt, mit der der
Menschenrechtsrat im Juli 2014 die Expertengruppe zur Entwicklung
verbindlicher Menschenrechtsnormen für Wirtschaftsunternehmen eingesetzt
hatte. Auch alle anderen Industriestaaten im Menschenrechtsrat votierten
damals mit „Nein“ - darunter die übrigen EU-Mitglieder Großbritannien,
Frankreich,Italien, Österreich, Tschechien, Irland, Estland und Rumänien,
die beiden EU-Beitrittskandidaten Mazedonien und Montenegro, sowie die USA,
Japan und Südkorea.
## Lieber unverbindlich
Die Industriestaaten halten die „31 Leitprinzipien für Wirtschaft- und
Menschenrechte“ für ausreichend, die der UNO-Menschenrechtsrat 2011
verabschiedet hatte. Diese „Leitprinzipien“ betonen die „Pflicht der
Staaten, die Menschenrechte zu schützen“, auch gegen Bedrohungen durch
wirtschaftliche Akteure. Und sie bestätigen die „Pflicht der Unternehmen,
die Menschenrechte zu respektieren“ sowie das „Recht auf Wiedergutmachung
im Falle erlittener Menschenrechtsverletzungen durch wirtschaftliche
Akteure“. Doch sie enthalten keine verbindlichen Regeln, wie sie
durchgesetzt, ihre Einhaltung überwacht und Verstöße sanktioniert werden
sollen.
Die inzwischen 193 UNO-Staaten haben seit Gründung der Weltorganisation vor
70 Jahren hunderte völkerrechtlich verbindliche Verträge zu
Menschenrechtsnormen sowie zu Arbeits-,Sozial und Umweltstandards
vereinbart. Doch kann sichergestellt werden, dass diese Normen und
Standards auch von Wirtschaftsunternehmen beachtet werden? Insbesondere von
global agierenden transnationalen Konzernen, die sich oftmals ausdrcklich
nicht zwischenstaatlichen Verträge gebunden fühlen?
Diese Debatte begann in der UNO bereits Ende der 60er Jahre , führte
bislang jedoch nur zu immer neuen Varianten freiwilliger
Selbstverpflichtungen oder zu Verhaltenskodizes ohne jeden
Durchsetzungsmechanismus. Die im UNO-System sehr einflussreiche Lobby von
Nestle, Microsoft und anderen transnationalen Konzernen sowie der
Internationalen Handelskammer gelang es bisher, alle Initiativen für
rechtlich verbindliche Regelungen zu verhindern.
10 Jul 2015
## AUTOREN
Andreas Zumach
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