# taz.de -- Aufklärung über NSU-Mord in Hamburg: Viele neue offene Fragen | |
> Die Linke beantragt in der Bürgerschaft einen Untersuchungs-Ausschuss zum | |
> NSU. Welche Rolle spielten die Sicherheitsbehörden und die Neonazi-Szene? | |
Bild: Enthüllung des Straßenschildes zur Erinnerung an den ermordeten Süleym… | |
HAMBURG taz | Die Linksfraktion in der Bürgerschaft wird auf der | |
Juli-Sitzung den Antrag stellen, einen Parlamentarischen | |
Untersuchungsausschuss (PUA) zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) | |
einzurichten. Der PUA-NSU mit richterlichen Befugnissen soll 14 Jahre nach | |
dem Mord an Süleyman Tasköprü, der sich morgen jährt, die Hintergründe der | |
NSU-Anschlags- und Mordserie aufhellen, was die hanseatischen | |
Sicherheitsbehörden nicht konnten oder nicht wollten. | |
„Der gesamte NSU-Komplex ist bei weitem noch nicht aufgeklärt“, sagt die | |
Innenpolitikerin der Linken, Christiane Schneider. „Das sind wir den Opfern | |
der Morde schuldig.“ | |
60 Fragen zu fünf Komplexen hat die Linke aufgelistet, die der Ausschuss | |
untersuchen soll. Wie kam der NSU gerade auf den Gemüseladen der Tasköprüs | |
in der Schützenstraße, wer hat ihn ausgekundschaftet und wer hat dem NSU | |
dabei geholfen, fragt Schneider. | |
Im thüringischen Landtag sei gerade ein zweiter NSU-Ausschuss eingerichtet | |
worden, der vor allem die bundesweiten Verbindungen der „Zwickauer Zelle“ | |
um das Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe unter die Lupe | |
nehmen soll, die in den 1990er Jahren beim „Thüringer Heimatschutz“ | |
radikalisiert wurden. | |
## „Mentor“ Christian Worch | |
Im Münchner Prozess gegen Beate Zschäpe hat der | |
Ex-Verfassungsschutz-Spitzel (V-Mann) Kai Dalek angegeben, dass für den | |
Chefideologen des „Thüringer Heimatschutzes“, Tino Brandt, der Hamburger | |
Neonazi Christian Worch ein „Mentor“ gewesen sei. | |
Der von Brandt aufgebaute „Heimatschutz“ hatte das von Worch 1992 | |
entwickelte militante Konzept der Anti-Antifa übernommen. Kai Dalek war | |
unter der Führung Worchs im bundesweiten Netzwerk „Gesinnungsgemeinschaft | |
der neuen Front“ für die Führung der Szene in Thüringen zuständig. | |
Die Pinneberger Combat 18-Strukturen und die Hamburger Neonazi-Szene um | |
Worch, Thomas Wulff und den inzwischen verstorbenen Rechtsanwalt Jürgen | |
Rieger, der in Thüringen das Schulungszentrum „Schützenhaus“ unterhielt, | |
hätten für das NSU-Netzwerk eine zentrale Rolle gespielt, sagt Schneider. | |
Die Beteuerungen des Verfassungsschutzes, dass es keine „Verbindungen“ des | |
NSU zur Szene an der Elbe gegeben habe, könne nur aufrecht erhalten | |
bleiben, wenn man von einem Trio mit einigen wenigen Unterstützern ausgehe. | |
„Das haben die Untersuchungsausschüsse in anderen Bundesländern längst | |
widerlegt“, findet Schneider. | |
## Unbeantwortete Fragen | |
Hamburg sei mit Mecklenburg- Vorpommern bisher das einzige „Tatort-Land“, | |
das keinen Ausschuss eingerichtet habe. „Aber auch in Hamburg muss Vieles | |
aufgeklärt werden“, sagt Schneider. Unbeantwortet seien viele Fragen zur | |
Rolle der Sicherheitsbehörden: Was wusste der Verfassungsschutz angesichts | |
der Tatsache, dass der V-Mann „Corelli“ aus dem unmittelbaren Umfeld des | |
Trios 2006 einem V-Mann des städtischen Inlandsgeheimdienstes eine CD mit | |
„NSU-Bezug“ anvertraute? | |
Und warum konzentrierte die Polizei ihre Mordermittlungen trotz des Tipps | |
eines bayerischen Polizei-Profilers auf die Organisierte Kriminalität und | |
die Familie, fragt sich Schneider. | |
25 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Peter Müller | |
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