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# taz.de -- Verfassungsschutzreform beschlossen: Neue Regeln für V-Leute
> Bei den Ermittlungen zum NSU versagten die Behörden, urteilte der
> Untersuchungsausschuss. Der Bundestag entschied nun eine Reform, um den
> zu verhindern.
Bild: Halb verdeckt: Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen.
Berlin dpa | Als Lehre aus dem Ermittlungsdesaster im Fall der rechten
Terrorzelle NSU wird die Arbeit der Verfassungsschützer in Bund und Ländern
neu geordnet. Der Bundestag verabschiedete dazu am Freitag eine lange
diskutierte Reform. Die Behörden werden zu einem intensiveren
Informationsaustausch verpflichtet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz
soll mehr Befugnisse bekommen und im Zweifel auch in den Ländern operativ
eingreifen können.
Für den Einsatz von V-Leuten – also Mitgliedern einer Szene, die dem
Inlandsgeheimdienst regelmäßig Informationen liefern – werden im Gesetz
erstmals Regeln und Grenzen festgelegt. Linke und Grüne kritisierten die
Pläne als unzureichend und falsch.
Die Reform ist eine Reaktion auf die Verfehlungen im Fall NSU. Die
Sicherheitsbehörden und auch der Verfassungsschutz waren dem
„Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) jahrelang nicht auf die Spur
gekommen. Der rechten Gruppe werden zwischen den Jahren 2000 und 2007 zehn
Morde zur Last gelegt, an neun Männern aus Zuwandererfamilien und einer
Polizistin.
Ein Untersuchungsausschuss hatte gravierende Mängel bei der Arbeit der
Verfassungsschutzämter im Fall NSU festgestellt. Informationen versandeten,
Hinweise wurden übersehen oder ignoriert.
## Mehr Austausch
Die Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern sollen sich nun mehr
austauschen und ihre Erkenntnisse ausführlicher als bislang in eine
gemeinsame Datenbank einspeisen. Das Bundesamt soll die Zusammenarbeit der
Ämter koordinieren und die Erkenntnisse zu wesentlichen Phänomenbereichen
zentral auswerten.
Bei gewaltorientierten Bestrebungen in den Ländern soll das Bundesamt im
Zweifel selbst in die Beobachtung einsteigen können. „Notfalls auch ohne
Einvernehmen mit dem Land“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière
(CDU). Einige Länder fänden das nicht in Ordnung, die Regelung sei aber
nötig. Bei gewaltorientierten Bestrebungen dürfe es keine blinden Flecken
in Deutschland geben.
Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sagte, der Beschluss bringe
seiner Behörde die nötige Klarheit und Rechtssicherheit in Zeiten großer
Herausforderungen.
## V-Leute aus der rechten Szene
Auch beim V-Mann-Wesen hatten sich im Fall NSU Abgründe aufgetan. Bekannt
wurden Fälle von V-Leuten aus der rechten Szene, die über Jahre horrende
Summen vom Verfassungsschutz kassierten. Ein anderer Rechtsextremist wurde
als Informant angeworben, obwohl er wegen versuchten Mordes im Gefängnis
saß.
Solche Fälle sollen sich künftig nicht mehr wiederholen. Wer etwa zu einer
Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde, scheidet als Quelle für das
Bundesamt künftig aus. Ausnahmen sind im Einzelfall möglich. Menschen, die
wegen Mordes oder Totschlags verurteilt sind, sind aber kategorisch
ausgeschlossen. Auch für die Bezahlung von V-Leuten soll es Grenzen geben.
Geregelt wird außerdem, dass diese Quellen bei „szenetypischen“ Delikten
von einer Strafverfolgung verschont werden können – zum Beispiel bei
Verstößen gegen das Vermummungsverbot.
Nach Ansicht von Linken und Grünen ist die Reform nicht die richtige
Antwort auf das NSU-Desaster. Die Linke forderte, das „V-Leute-Unwesen“
sofort komplett zu beenden und den Verfassungsschutz aufzulösen. Auch die
Grünen rügten die V-Mann-Praxis. Der Fall NSU habe gezeigt, dass
Informanten der rechten Szene mehr Schaden brächten als Nutzen.
3 Jul 2015
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Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
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