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# taz.de -- Noch mehr Angst vorm Fracking: Alarmierende Krebsrate
> In Rotenburg erkranken überdurchschnittlich viele Männer an Blutkrebs.
> Der Ort ist ein Zentrum der Fracking-Erdgasförderung.
Bild: Ein Fracking-Bohrloch der Firma ExxonMobil in der Nähe von Rotenburg (Ar…
BERLIN taz |Für die Fracking-Industrie sind die neuen Nachrichten aus der
norddeutschen Kleinstadt Rotenburg an der Wümme ein Fiasko. In der
Kreisstadt ist die Zahl der an Blutkrebs erkrankten älteren Männer
gegenüber einer Vergleichsregion drastisch erhöht, gab das
„Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen“ (EKN) am Montag bekannt. In
und um Rotenburg gibt es zahlreiche Bohrlöcher zur Gewinnung von Erdgas.
Vor wenigen Monaten gab es aus der benachbarten Samtgemeinde Bothel
ähnliche Schlagzeilen. Auch dort wurde bei älteren Männern eine erhöhte
Krebsrate bei Neuerkrankungen festgestellt.
Für Rotenburgs Bürgermeister Andreas Weber (SPD) war das nicht
überraschend. Er hatte laut [1][Kreiszeitung] so was schon erwartet,
nachdem im vergangenen Jahr die Daten aus Bothel bekannt wurden. Dort war
die prozentuale Zunahme der Krebsfälle im Vergleich zu Rotenburg sogar noch
höher. Für den Landkreis Rotenburg war es der Anlass, beim EKN
weitergehende Untersuchungen zu beantragen. [2][Für mehrere Regionen um
Rotenburg herum wurden daraufhin die Krebsdaten einer Sonderauswertung
unterzogen.]
Das Ergebnis: Neben Bothel ist nur Rotenburg von der erhöhten Krebsrate
betroffen. „Bei rund 55 erwarteten Fällen wurden 72 Erkrankungen
beobachtet, dies entspricht einer Erhöhung um 31 Prozent“, heißt es beim
EKN. Vor allem beim Multiplen Myelom, einer Form von Knochenmarks-Krebs,
war die Neuerkrankungsrate erhöht.
Bei Frauen aus Rotenburg sind zwar auch erhöhte Zahlen bei den
Neuerkrankungen gefunden worden. Dieser Wert ist aber nach Angaben des EKN
nicht signifikant, kann also auf das statistische Rauschen zurückzuführen
sein.
## Moratorium gefordert
Für Kathrin Otte vom [3][„Gemeinnützigen Netzwerk für Umweltkranke“] sind
die Daten höchst besorgniserregend. In der Förderregion Rotenburg wird seit
über 70 Jahren Gas gefördert. Allein im Stadtgebiet gibt es 70
Tiefbohrungen, ebenso in Bothel. Im Zeitraum von 1992 bis 2008 wurden laut
Otte in Rotenburg 24 Fracking-Vorgänge vorgenommen.
„Unseres Wissens nach soll zumindest bei einzelnen Fracks benzolhaltiger
Diesel im Fracfluid eingesetzt worden sein“, so Otte. Benzol gehöre zu den
Umweltstoffen, die als Auslöser für Multiple Myelome diskutiert werden.
Auch wenn die Ursachen bisher nicht eindeutig geklärt sind, müsste sofort
die Reißleine gezogen werden: Die Antwort könne nur ein „konsequentes
Moratorium“ für Fracking sein, sagt Otte.
So weit wollen die Lokalpolitiker nicht gehen: Es sei „fahrlässig, jetzt in
eine bestimmte Richtung zu denken“, wiegelt etwa der CDU-Landrat Hermann
Luttmann in der Kreiszeitung ab. Auch Bürgermeister Weber spricht von
„Spekulationen“.
In Bothel läuft derzeit noch eine Umfrageaktion: Dort sind 7.000 Fragebogen
ausgegeben worden, mit denen ermittelt werden soll, ob es bei den an Krebs
erkrankten Botheler Gemeinsamkeiten im Lebenslauf gibt, die auf einen
Auslöser für die Erkrankungen hinweisen. Aber auch das werden vermutlich
nur Hinweise sein.
23 Jun 2015
## LINKS
[1] http://www.kreiszeitung.de/lokales/rotenburg/rotenburg-ort120515/bothel-sin…
[2] http://www.krebsregister-niedersachsen.de/index.php/auswertungenkrebshaeufi…
[3] http://www.genuk-ev.de/frackingfragen.html
## AUTOREN
Wolfgang Löhr
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