# taz.de -- Bundesregierung will Erdgas-Förderung: Ein klein wenig weniger Fra… | |
> Der Schutz weiterer Trinkwassergebiete soll Kritiker des Frackinggesetzes | |
> besänftigen. Einigen Landesregierungen reicht das nicht aus. | |
Bild: Protestschild gegen Fracking auf einem Acker in NRW. | |
BERLIN taz | Die Bundesregierung geht einen kleinen Schritt auf die | |
KritikerInnen des umstrittenen Erdgas-Frackings zu. Das Kabinett will das | |
kommende Gesetz etwas verschärfen: Die Gebiete, in denen zum Schutz des | |
Trinkwassers nicht gefrackt werden darf, sollen ausgedehnt werden. Mit dem | |
Kompromissangebot will die Regierung den Weg ebnen, damit ihr Gesetzentwurf | |
Mitte Juni im Bundestag verabschiedet wird. Dort fordern ausgerechnet | |
Politiker aus den eigenen Reihen der schwarz-roten Koalition, die Regeln, | |
wann gefrackt werden darf, deutlich zu verschärfen. | |
Die Methode ist umstritten, weil Förderfirmen neben Wasser und Sand auch | |
Chemikalien unter hohem Druck in tiefe Gesteinsschichten pressen, damit aus | |
den entstehenden Poren Erdgas an die Oberfläche steigt. Dabei besteht die | |
Gefahr, dass neben der eingepressten Chemie auch natürlich im Untergrund | |
vorkommende Schadstoffe wie Benzol das Grundwasser verschmutzen. | |
Deshalb plädiert auch der Bundesrat mehrheitlich für höhere Hürden. In | |
ihrem Beschluss hat sich die Bundesregierung nun mit den Argumenten der | |
Länderkammer auseinandergesetzt. Im bisherigen Entwurf waren nur Gegenden | |
ausgeschlossen, aus denen das „gesamte“ Oberflächenwasser etwa in eine | |
Trinkwassertalsperre fließt. | |
Nun soll das Wort „gesamt“ gestrichen werden. Fracking könnte also auch | |
dort nicht mehr stattfinden, wo nur ein Teil des Regenwassers mit dem | |
Trinkwasser in Berührung kommt. Damit wäre in mehr Gebieten Fracking | |
verboten – was zusätzliche Grenzen für Förderfirmen wie Exxon und | |
Wintershall bedeutet. Formal müssen die Koalitionäre im Bundestag der | |
Empfehlung nicht folgen, werden aber wahrscheinlich zustimmen. | |
## Die 3.000-Meter-Grenze | |
An einigen anderen Punkten prüft die Regierung, ob sie den KritikerInnen | |
weiter entgegenkommen will. Dabei geht es unter anderem darum, ob auch | |
Gebiete für Fracking tabu sein sollen, in denen die Trinkwassergewinnung | |
„Vorrang“ hat. An anderen Stellen bleibt das Kabinett dagegen hart. | |
Beispielsweise schmettert es die Forderung des Bundesrates ab, die | |
3.000-Meter-Grenze aufzugeben. | |
Der bisherige Gesetzentwurf lässt Erdgas-Fracking in Tiefen bis 3.000 | |
Metern nur unter harten Auflagen zu. Tiefer als 3.000 Meter soll aber | |
weiter gefrackt werden dürfen – wie in Niedersachsen seit Jahrzehnten | |
praktiziert. Käme es auch unter der 3.000-Meter-Grenze zu hohen Auflagen, | |
hätten die Öl- und Gaskonzerne ein zusätzliches Problem. | |
## Ein Affront gegen die Bundesländer | |
Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) reicht das | |
Angebot der Regierung deshalb nicht: „Das ist ein Affront gegenüber den | |
Bundesländern. Die Bundesregierung will offensichtlich mit aller Macht die | |
Risikotechnologie Fracking in Deutschland durchdrücken, obwohl es im | |
Bundesrat keine Mehrheit dafür gibt“, sagt er. | |
Remmel forderte die „Bundestagsabgeordneten aus NRW auf, den Gesetzentwurf | |
der Bundesregierung abzulehnen“. Der baden-württembergische Umweltminister | |
Franz Untersteller (Grüne) lehnt die 3.000-Meter-Grenze ebenfalls ab. | |
Das Bundeskanzleramt geht davon aus, dass der Bundestag das Gesetz am 18. | |
Juni beschließt. Der Bundesrat kann es verzögern, aber nicht verhindern | |
oder entscheidend ändern. Die Regierung drückt aufs Tempo, weil sie | |
verhindern will, dass die ohnehin zahlreichen KritikerInnen an Stärke | |
gewinnen. | |
20 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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