# taz.de -- Parlamentswahl in Dänemark: Hetze gegen Migranten | |
> Vor der Wahl am Donnerstag liegen Sozialdemokraten und Rechtsliberale | |
> gleich auf. Beide spielen die nationalistische Karte. | |
Bild: Es sieht nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Helle Thorning-Schmidt u… | |
STOCKHOLM taz | Helle Thorning-Schmidt contra Lars Løkke Rasmussen. Laut | |
letzten Umfragen liefern sich vor der Parlamentswahl in Dänemark am | |
Donnerstag die sozialdemokratische Ministerpräsidentin und ihr | |
Herausforderer von der rechtsliberalen Venstre ein Kopf-an-Kopf-Rennen um | |
die Regierungsmacht. | |
Wie es in Dänemark seit einigen Legislaturperioden üblich geworden ist, war | |
auch ein Großteil des Wahlkampfs von einem Kopf-an-Kopf-Rennen geprägt und | |
zwar zum Thema Migrationspolitik. Die großen Parteien überboten sich einmal | |
wieder an Vorschlägen zur Verschärfung des Ausländerrechts und an | |
gegenseitigen Vorwürfen, zu wenig gegen die „Einwandererschwemme“ zu tun. | |
„Ich wohne seit 25 Jahren in Dänemark und habe noch nie einen härteren Ton | |
in der Ausländerdebatte erlebt“, sagt Izzet Tokmak, Sozialarbeiter in | |
Kopenhagen und Mitglied des Rats für ethnische Minoritäten. „Jetzt mischen | |
die Sozialdemokraten da auch noch mit.“ | |
Tatsächlich prägte diesmal nicht in erster Linie die rechtspopulistische | |
Dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti, DF) diese Debatte, sondern die | |
Sozialdemokraten. Schon vor Monaten hatte Thorning-Schmidt die | |
„Ausländerkarte“ gezogen. Flüchtlinge aus Kriegsgebieten wie Syrien | |
erhalten kein Asyl mehr, sondern nur einen einjährigen vorübergehenden | |
Aufenthalt ohne Möglichkeit einer Familienzusammenführung. | |
Das wurde stolz als „größte ausländerrechtliche Restriktion der letzten 12 | |
Jahre“ verkauft. „Stramme Asylregeln und mehr Forderungen an Einwanderer“ | |
und „Kommst du nach Dänemark, sollst du arbeiten“ verkündeten | |
sozialdemokratische Werbebotschaften. | |
## Vorwurf: „Politischer Selbstmord“ | |
Diese Kampagnen stehen für die frühere Haltung der DF, konstatiert der | |
Politikwissenschaftler Søren Risbjerg Thomsen. Und die liberale | |
Tageszeitung Politiken meinte: „Der dänische Nationalismus ist auf dem Weg | |
zu neuen Höhen.“ | |
„Unwürdig“, „im Widerspruch zu sozialdemokratischen Grundwerten“ und | |
„Kniefall vor niedrigsten Instinkten“ lautete Kritik auch aus den eigenen | |
Reihen. Schwedische Sozialdemokraten sahen die Schwesterpartei mit ihrer | |
ausländerpolitischen Linie „politischen Selbstmord“ begehen und der | |
dänische Schriftsteller Rune Engelbreth Larsen warf der Partei vor, sie | |
schreibe ihren eigenen Nekrolog. Doch den Vorwurf von Nationalismus, | |
Populismus oder gar Rassismus weist Thorning-Schmidt zurück: Sie habe die | |
Partei dorthin geführt, wo sie „hingehöre“. | |
## Restriktive Ausländerpolitik | |
Die Sozialdemokraten versuchten mit dieser Taktik der DF, die Umfragen bei | |
18 bis 20 Prozent sehen, Stimmen abspenstig zu machen, sagt der | |
Staatswissenschaftler Kasper Møller Hansen. Doch das sei riskant: Die | |
WählerInnen würden im Zweifel nicht die Kopie, sondern das Original wählen. | |
Und bei restriktiver Ausländerpolitik „haben Venstre und Dänische | |
Volkspartei einen Vorsprung“. | |
Hält der knappe Vorsprung, den einige Umfragen Løkke Rasmussen | |
prophezeiten, könnten diese beiden größten Parteien des rechten | |
Politikspektrums erstmals eine Regierung bilden. Der Venstre gilt die DF | |
anders als in den letzten 15 Jahren nun als koalitionsfähig. Sie hat unter | |
ihrem Vorsitzenden Kristian Thulesen Dahl ihre ausländerfeindliche Politik | |
zwar im Kern nicht geändert, aber die rassistische Rhetorik zurückgefahren. | |
Frischen Wind im Folketing verspricht eine erst vor wenigen Monten | |
gegründete rot-grüne Partei. Der Alternativet (Alternative) wird zugetraut, | |
die Sperrklausel (zwei Prozent) zu überwinden. Im Parlament könnte sie | |
Zünglein an der Waage werden und Thorning-Schmidt und einer möglichen | |
Linkskoalition zur Mehrheit verhelfen. | |
Die vom linksliberalen Exkultusminister Uffe Elbæk geführte Partei will die | |
dänische Gesellschaft in eine nachhaltige Zukunft führen. So soll es bis | |
2040 eine ausschließlich ökologische Landwirtschaft und eine | |
Energieerzeugung komplett aus erneuerbaren Quellen geben. Die | |
Wochenarbeitszeit soll von 37 auf 30 Stunden gesenkt, basisdemokratische | |
Elemente und solche die den politischen Prozess transparenter machen in der | |
Verfassung verankert werden. Von einer „Rückkehr der Utopie in die dänische | |
Politik“ spricht das linke Blatt Information. | |
18 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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