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# taz.de -- DFB-Teammanagerin über die WM: „Warum nicht Mädels sagen?“
> DFB-Teammanagerin Doris Fitschen erklärt, warum sie übertriebenen
> Feminismus „amüsant“ findet und immer schon Libero statt Libera gesagt
> hat.
Bild: Alexandra Popp im Spiel gegen die Elfenbeinküste
taz: Frau Fitschen, die Debatte über die krassen Qualitätsunterschiede
zwischen den WM-Teams läuft seit dem 10:0-Sieg der Deutschen über die
Elfenbeinküste. War das Spiel wirklich weniger wert als eine
Trainingseinheit?
Doris Fitschen: Absolut nicht. Wir wussten vorm Spiel nicht genau, was auf
uns zukommt. Wir haben Bilder gesehen, und da hatten die Spielerinnen der
Elfenbeinküste schon ihre Qualitäten, gerade im Spiel nach vorne. Unsere
Mannschaft hat genau das umgesetzt, was das Trainerteam ihnen gesagt hat.
Wir waren auch richtig gut. Unser Team hat gemacht, was es sich vorgenommen
hatte.
Das war konkret?
Die Basis für alles sind die Zweikämpfe, die man annimmt.
Die Elfenbeinküste hat es den Deutschen aber auch einfach gemacht.
Sicher. Sie haben hinten aufgemacht, sodass sich vorne Räume geöffnet
haben. Dann kam bei uns Spielfreude dazu und ein schnelles Tor.
Wie wird das Team darauf eingestellt, von einem schwachen auf einen relativ
schweren Gegner wie Norwegen zu treffen?
Die Mannschaft weiß, dass man gegen Norwegen mit der gleichen Einstellung
antreten muss. Das muss man bei einer WM sowieso gegen jeden Gegner. Und
dann können wir auch unsere Qualitäten ausspielen.
Die Mannschaft aus Norwegen ist keine Unbekannte wie die Elfenbeinküste.
Gibt es besondere Dinge, die trainiert werden?
Wir kennen den Spielstil. Der hat sich auch durch neue Spielerinnen nicht
radikal verändert. Die Videoanalysten und das Trainerteam haben Norwegen
seit Wochen und Monaten beobachtet, beim Algarve-Cup zum Beispiel.
Wesentlich wird sein, dass wir die Zweikämpfe annehmen.
Hat sich der Frauenfußball seit der WM 2011 radikal weiterentwickelt?
Auf jeden Fall. Sowohl in taktischer als auch in physischer Hinsicht. Und
auch das Umfeld der verschiedenen Teams, die Teams hinter den Teams sind
immer breiter aufgestellt. Bei uns sind das rund 20 Leute. Bei den
Französinnen und US-Amerikanerinnen sind es noch mehr. Da wird an
Kleinigkeiten gefeilt, um alles rauszuholen, was möglich ist.
Was halten Sie von der Debatte über die Aufstockung auf 24 Teams bei der
WM?
Es gibt Gründe dafür und dagegen. Es ist eine Chance für Teams aus der
Elfenbeinküste und Thailand, die Aufmerksamkeit für diesen Sport in ihrem
Land zu erhöhen. Aber auch die Schweiz und Holland werden hier als
WM-Neulinge eine gute Rolle spielen. Natürlich ist das Leistungsvermögen
unterschiedlich. Aber für die Weiterentwicklung des Frauenfußballs bringt
das einen Schub. Sonst würden doch immer fast dieselben 16 Mannschaften
gegeneinander spielen.
Das ist bei den Männern ja auch so.
Ja. Und da gibt es auch hohe Ergebnisse.
7:1 gegen Brasilien.
Genau. Da müsste man auch überlegen, ob … Nein. Aber die DFB-Männer haben
auch schon mal 8:0 bei einer Weltmeisterschaft gewonnen. Natürlich ist das
Leistungsgefälle bei ihnen nicht so extrem wie bei den Frauen, aber bei uns
wird das immer besser. Außerdem zeigt auch das Medieninteresse und die
Einschaltquote von 5 Millionen Zuschauern am Sonntag, dass sich etwas getan
hat.
Aber es gibt nicht mal ein „Kicker“-Sonderheft zur WM.
Wir haben eine große Konkurrenz gehabt. Bundesliga, Pokalfinale,
Champions-League-Finale der Männer. Das ist vorbei. Jetzt sind wir dran.
Sie haben kürzlich in einem Interview gesagt, dass Sie es gut finden, dass
die Spielerinnen als Persönlichkeiten wahrgenommen werden. Das ist
interessant. Es gilt ja schnell als despektierlich, über das Privatleben
von Sportlerinnen zu sprechen, weil vermutet wird, man würde sie als
Sportlerinnen nicht ernst nehmen.
Unsere Spielerinnen haben viel zu bieten. Es sind sympathische, moderne,
junge Frauen, die mitten im Leben stehen, die teilweise berufstätig sind,
studieren, unterschiedliche Hintergründe haben. Da gibt es viel zu
erzählen, ohne dass man über wilde Partys berichten müsste. Das ist doch
für Fans oder potenzielle Fans interessant.
Das deutsche Team besteht aus sehr unterschiedlichen Charakteren. Wie hält
man die zusammen?
Wir haben alle das gleiche Ziel, den gleichen Traum. Und Respekt. Gegenüber
dem Zeugwart genauso wie gegenüber der Trainerin und unter allen
Spielerinnen. Die haben sehr viel Spaß miteinander. Da sind bunte Vögel wie
Nadine Angerer, solche mit trockenem Humor wie Bianca Schmidt, solche, die
sehr kommunikativ sind wie Almuth Schult oder Célia Sasic mit ihrem
Multikultihintergrund.
Ist Nadine Angerer so etwas wie die Mutti im eher jungen DFB-Team?
Die Spielerinnen haben großen Respekt vor dem, was sie geleistet hat. Und
Natze umgekehrt auch vor den jungen Spielerinnen, die sich selbstbewusst
einbringen. Sicher gibt es einen Wettbewerb, aber es gibt keinen Neid.
Dzsenifer Marozsan beispielsweise wurde am Sonntag ja noch geschont. Anja
Mittag spielte auf ihrer Position und schoss drei Tore. Und was tut
Dzsenifer? Sie macht sich keine Gedanken darüber, ob sie jetzt überflüssig
ist, sondern geht zu ihr und umarmt sie herzlich.
Gibt es Neid auf die Männer im Fußball?
Nein, überhaupt nicht. Wir vergleichen uns mit uns selbst vor zehn Jahren
und nicht mit den Männern.
Die Männer werden immer gefragt: Wann kommen die Spielerfrauen?
Familie und Freunde sind noch relativ wenig da. Eigentlich hab ich bisher
nur die Mutter von Nadine Angerer gesehen. Aber im Laufe des Turniers
erwarten wir da noch mehr.
Was ist die blödeste Frage im Frauenfußball?
Früher hat mich am meisten die Frage genervt, ob es Libero oder Libera
heißt. Und noch blöder ist es, wenn Journalisten ein Interview anfragen und
die erste Frage ist, wie man den Namen schreibt. Und dann das, was Sie auch
gemacht haben: Der Vergleich mit den Männern. Mit der Aufmerksamkeit. Da
hab ich immer das Gefühl, wir müssen uns rechtfertigen. Im Vergleich zu
allen anderen Sportarten haben wir eine große Aufmerksamkeit. Wir haben da
so viel geleistet.
Immer noch sagen viele, dass Frauenfußball nichts mit Fußball zu tun hat.
Würde es den Frauen helfen, wenn man sich darauf einigt, dass Frauenfußball
eine andere Sportart ist?
Was mich auch immer ein bisschen stört, ist, dass es Frauenfußball heißt.
Wir spielen Fußball. Es ist dieselbe Sportart. Man spricht ja auch nicht
vom Frauenhundertmeterlauf, sondern von den 100 Metern der Frauen. Und wenn
die Frauen laufen, sagt niemand: Die sind ja total lahm. Natürlich gibt es
physische Unterschiede und deshalb spielen wir auch anders. Aber es ist
dieselbe Sportart. Man kann eben nur die Leistungen nicht miteinander
vergleichen.
Netzfeminismus, die Aufschrei-Debatte – verfolgen Sie oder die Spielerinnen
solche Themen?
Ich verfolge es schon, finde es aber auch eher amüsant, wenn manche zu
feministisch unterwegs sind. Da stehe ich drüber. Die Debatte zum Beispiel,
ob man Mädels, Mädchen oder Frauen sagen muss. Bei den Männern sagt man
doch auch Jungs. Also warum nicht Mädels?
Die deutschen Spielerinnen sprechen auch ganz selbstverständlich von
„Mannschaft“.
Ja, Frauschaft klingt ja auch komisch. Man kann natürlich auch Team sagen.
Und von Spielerinnen statt von Spielern zu sprechen, das sollte auch
selbstverständlich sein.
Großes Thema bei Twitter währen des Spiels gegen die Elfenbeinküste war,
dass die ZDF-Moderatorin „Manndeckung“ gesagt hat. Schlimm?
Ich hab auch immer Libero und nicht Libera gesagt. Man macht ja aber jetzt
eher Raum- als Manndeckung, da ist man aus diesem Dilemma raus.
10 Jun 2015
## AUTOREN
Doris Akrap
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