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# taz.de -- Fußball-WM 2015 in Kanada: Der Plan geht auf
> Fußball hat sich zum beliebtesten Frauenteamsport in England entwickelt.
> Die WM wird medial so aufmerksam begleitet wie noch nie.
Bild: Publikumserfolg: Englands Fran Kirby trifft gegen Mexiko
London taz | Die Ausrüstung ist professionell und das Niveau beachtlich.
Mit Schienbeinschonern und Stutzen sind die Spielerinnen des London Lesbian
Kickabout Clubs (LLKA) in den Regents Park im Zentrum Londons gekommen. Wie
jeden Sonntag seit 1999. Viele der 20 bis 40 Jahren alten Frauen spielen
seit ihrer Kindheit, gefördert wurden sie jedoch kaum.
Mädchenfußballvereine gab es damals nicht viele. Suki Lim, 30, mit
schulterlangen Haaren im roten Trikot war das schon immer egal, sie kickte
früher dann eben mit den Jungs zusammen und heute noch im Betriebsteam
ihres Arbeitgebers, der Polizei. Sonntags kommt sie trotzdem gerne in den
Park, um mal unter Frauen zu spielen.
Viele des Freizeitteams verfolgen derzeit auch intensiv die
Weltmeisterschaft in Kanada. Sie frohlockten über Englands Erfolg gegen
Mexiko und hoffen nun auf einen Sieg gegen Kolumbien am Mittwoch und ein
damit verbundenes Weiterkommen ins Achtelfinale.
In England wird über die WM in Kanada so viel berichtet wie noch über keine
anderes Frauenfußballturnier. Im Unterschied zu Deutschland werden auf der
Insel alle 56 Partien live gezeigt. Englands Spiele werden zudem besonders
intensiv mit extra Radio und Fernsehzeiten vor- und nachbereitet.
## Bejubelt wie Englands Messi
Selbst der nationale Musiksender BBC Radio One berichtet über die
Fußballerinnen in Kanada. Hier hat sich die Führung der Sportabteilung der
BBC Sport, deren Chefin eine Frau ist, durchgesetzt. Gleichberechtigung
spielt nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch in den Chefetagen der
Medien eine Rolle.
Andernorts wird der Frauenfußball nicht so prominent behandelt. Er fehlt
indes nicht, auch wenn man oft eine Seite weiter schauen muss. Alle
berichteten beispielsweise über den Mexiko-Sieg im Allgemeinen und über die
Stürmerin Fran Kirby im Besonderen. Sie wird als Englands Messi bejubelt.
Doch gegen den Sieg im EM-Qualifikationsmatch der englischen Männer gegen
Slowenien kann auch die Frauen-WM nicht mithalten. In Englands größter
Tageszeitung, dem Daily Telegraph, standen hinter dem Onlinebericht zum
Sieg der Frauen über 50 Kommentare. Mehr als die Hälfte bezogen sich auf
die Frage, ob man es gut finden solle, dass Frauen Fußball spielen.
Bei den Kommentaren zum Männerspiel gegen Slowenien ging es hingegen
ausschließlich um die kritische Analyse des Spiels. Im Boulevardblatt Daily
Mail beklagte sich der Sportjournallist Oliver Holt über derartige traurige
und antiquierte Bemerkungen.
## Für Frauen unsittlich
Keiner mache beispielsweise dumme Kommentare über Venus Williams, und dass
sie nicht so stark spielen könne wie die 200 weltbesten männlichen
Tennisspieler. Diese Auslassungen erinnerten ihn an das Jahr 1921, als der
englische Verband FA urteilte, Fußball sei für Frauen unsittlich.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Seit 1993 ist Frauenfußball in England
offizieller Teil der FA. Derzeit steckt man gerade inmitten eines neuen
Fünfjahresplanes. Gestartet wurde er im Vorfeld der Olympischen Spiele in
London 2012. Im Jahr 2011 wurde eine semiprofessionelle Frauensuperleague
eingeführt. Etwa 500 Zuschauer sind pro Partie dabei und bei Länderspielen
kommen im Schnitt gar über 5.000 Zuschauer.
Fußball hat sich zum beliebtesten Frauenteamsport entwickelt. Laut Aussagen
der FA sind über 250.000 Fußballerinnen im Verband aktiv. Auch die Anzahl
der Trainerinnen (25.000) verdoppelte sich. Als Teil des neuen Plans wurde
letztes Jahr eine zweite Liga mit zehn Fußballteams eingeführt.
Die Berichterstattung hat – wie diese Weltmeisterschaft derzeit zeigt –
auch deutlich größere Ausmaße angenommen. Und kurz vor dem Turnier konnte
der Verband zudem stolz verkünden, dass der Energiekonzern SSE einen
Sponsorenvertrag für die nächsten vier Jahre der Frauen-Superliga
unterschrieben habe.
Manch einer in England hat von dieser Entwicklung noch gar nichts
mitbekommen. Altbekannte Vorurteile werden weiter gepflegt. Die Chancen auf
eine steigende Akzeptanz stehen aber gar nicht schlecht, sollten das
englische Team weitere Erfolge in Kanada erzielen.
17 Jun 2015
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
## TAGS
Frauenfußball
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England
Fußball
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