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# taz.de -- Radrennen Giro d‘Italia: Aus dem Osten rollt was an
> Beim Giro bestimmen finanzkräftige osteuropäische Rennställe das
> Geschehen. Dabei setzen sie vermehrt auch auf einheimische Talente.
Bild: War zwei Jahre wegen Dopings gesperrt: Alberto Contador.
APRICA taz | Egal, wer diesen Giro d’Italia gewinnen wird, sein Gehalt wird
der Sieger aus postsozialistischen Gefilden beziehen. Zwar wird
Tinkoff-Profi Alberto Contador mit Sicherheit nicht in Rubel ausgezahlt.
Und auch der Sarde Fabio Aru und der Baske Mikel Landa erhalten ihr Geld
nicht in der Landeswährung Tenge des kasachischen Rennstalls Astana. Aber
Geldgeber aus dem früheren Sowjetimperium bestimmen die Musik bei dieser
Italienrundfahrt. Der Geldsegen spült zudem das eine oder andere Talent aus
dem Osten Europas nach oben.
Als bei der Abfahrt von Aprica am Dienstag Team Katusha plötzlich Dampf
machte und dem kasachischen Team Astana die Arbeit abnahm, den für den
russischen Rennstall Tinkoff fahrenden Alberto Contador unter Druck zu
setzen, durfte man sich an die 90er Jahre erinnert fühlen. Denn damals
machten die in den Kapitalismus entlassenen Stars der sowjetischen
Radsportschule den Giro zu ihrem Heimrennen. Evgeni Berzin (1994) und Pavel
Tonkov (1996) gewannen die Rundfahrt und steuerten gemeinsam mit Pjotr
Ugriumov weitere Podiumsplätze bei.
Ganz so weit ist das Team mit den Moskauer Zwiebeltürmen im Logo noch
nicht. Die Attacke nach der Reifenpanne von Contador war für Yuri Trofimov
gedacht. Der kletterte danach vom sechsten auf den fünften Gesamtrang vor.
Immerhin. Russlands Radsport ist dabei, die Delle der letzten Dekade zu
überwinden. Denn während Tonkov und Berzin ihre im sportlichen
Systemvergleich des Kalten Krieges erworbenen Fähigkeiten individuell
versilberten, brach in den Heimatregionen aufgrund des politischen Umbruchs
die Sportinfrastruktur zusammen.
Das galt auch für die anderen ehemaligen Länder des Ostblocks. Wer im
Radsport etwas werden wollte, musste in jungen Jahren ins Ausland gehen und
sich über belgische, italienische und spanische Straßenrennen nach oben
kämpfen. Der Weißrusse Vasil Kiriyenka, knapp 34 Jahre alt und Sieger beim
Zeitfahren dieses Giro, ist ein Beispiel dafür. Vergleicht er die
Bedingungen, ist sein Urteil ganz klar: „Die Jüngeren haben es besser.“
## Gewaltige Investitionen
Etwa der sechs Jahre jüngere Tscheche Leopold König. Im ach so britischen
Team Sky sorgt er gemeinsam mit Kiriyenka für die Glanzlichter. König
verdiente seine ersten Sporen bei tschechischen Teams und wurde dann von
dem deutschen Rennstall NetApp, jetzt Bora-Argon 18, aufgebaut. König sieht
bei den gemeinsam ausgetragenen Meisterschaften Tschechiens und der
Slowakei eine ganze Garde junger Burschen heranwachsen.
„Einige werden es sicher in den Profibetrieb schaffen“, meint er. König
peilt als neuer Teamleader bei Sky einen Podestplatz beim Giro an. Einen
Konkurrenten hat er dabei in Katusha-Mann Trofimov. In dem Rennstall wächst
mit Ilnur Zakharin, dem Sieger der 4. Etappe dieses Giro, ein weiteres
russisches Rundfahrttalent heran.
Die gewaltigen Investitionen beginnen sich bei Katusha also auszuzahlen.
Insgesamt 50 Millionen Euro sind nach Auskunft von Hauptsponsor Igor
Makarov vom Öl- und Technologieunternehmen Itera in den Rennstall-Verbund
von Katusha und RusVelo geflossen. Kasachstan ist noch nicht so weit.
## Der Giro und Polen
Die 18 Millionen Euro Jahresetat fließen vor allem in Legionärsgehälter,
etwa zu Tour-de-France-Sieger Vincenzo Nibali und Nachwuchsstar Fabio Aru.
Die gleiche Strategie fährt Oleg Tinkov. Etwa 16 Millionen Euro lässt sich
der russische Milliardär seinen Rennstall kosten, was Contador etwa drei
Millionen Euro und dem slowakischen Klassikerspezialisten Peter Sagan gar
deren vier beschert.
Weitaus geringere Finanzkraft hat der polnische Radsport. Team CCC Sprandi
erhielt als einziges ausländisches Team eine wild card beim Giro. „Wir
wollen den italienischen Radsport stärken, dabei aber nicht das Ziel der
internationalen Entwicklung in strategischen Gebieten aus den Augen
verlieren“, erklärte Renndirektor Mauro Vegni. Das strategische Gebiet für
die internationale Entwicklung des Giro liegt also in Polen. Eine
interessante Wahl.
29 May 2015
## AUTOREN
Tom Mustroph
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