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# taz.de -- Flüchtlingsmissbrauch in Hannover: Achtung Kontrolle!
> Die Vorwürfe von Hannover wiegen schwer. Könnte ein unabhängiger
> Polizeibeauftragter helfen? In Rheinland-Pfalz wird dies seit 2014
> erprobt.
Bild: Alles in Reihe und Glied? In Rheinland-Pfalz kontrolliert die Beamten ein…
BERLIN taz | Dieter Burgard hat gut zu tun. 35 Bürger meldeten sich im
letzten Dreivierteljahr bei dem Rheinland-Pfälzer, um sich über die Polizei
zu beschweren. Dazu kamen 25 Polizisten, die ihn von sich aus ansprachen.
Damit, bilanziert Burghard, hätten sich Beschwerden zu den Vorjahren
vervielfacht. 2013 seien es lediglich 17 gewesen.
Für die rot-grüne Regierung in Rheinland-Pfalz ist Burgards Einsatz damit
schon jetzt ein Erfolg. Probleme mit und in der Polizei würden schneller
angegangen, Transparenz geschaffen. Burgard ist ein bundesweites Novum:
Seit Juli 2014 ist er der erste unabhängige Polizeibeauftragte der
Republik.
Nun, nach den bekannt gewordenen Vorfällen in Hannover, gerät Burgard in
einen breiteren Fokus – in der Frage nach nötigen Konsequenzen. Die
Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), fordert
nach den „erschütternden“ Vorwürfen Folgen „über den Einzelfall hinaus…
Selbst Oliver Malchow, Bundeschef der Gewerkschaft der Polizei, verlangte
„umfassende Konsequenzen“.
Burgard könnte ein Modell werden. „Mein Angebot wird sehr positiv
aufgenommen“, sagt er. Bürger und Polizisten könnten sich anonym melden.
„Das hat schon eine andere Qualität, als direkt zur Polizei oder ins
Innenministerium zu gehen.“
## Ein Polizeibeauftragter im Bund?
Bei seiner Arbeit gehe es bisher eher um Alltägliches: rauer Umgangston,
überzogene Fahrzeugkontrollen, Rempeleien im Fußballstadion. Bei den
Polizisten seien es oft Probleme mit Vorgesetzten. Käme es zu einem Fall
wie in Hannover, so Burgard, sei dies zuerst Angelegenheit der
Ermittlungsbehörden. Man würde aber genau hinschauen, wie so etwas künftig
zu verhindern sei oder wo man in der Ausbildung nachsteuern könnte.
Im Bundestag fordert die Grüne Irene Mihalic, selbst Polizistin, seit
Langem einen Polizeibeauftragten im Bund – bisher ohne Widerhall. Wenn sich
die Vorwürfe aber bewahrheiteten, wäre Hannover „geradezu ein klassischer
Fall für einen Polizeibeauftragten“, sagt sie am Montag. Polizisten
bräuchten die Möglichkeit, solche Fälle anonym zu melden. Nur so ließen
sich solche Vorgänge „im Keim ersticken“, so Mihalic. „Vielleicht wächst
nun das Problembewusstsein der Bundesregierung und wir bekommen endlich
eine gute Lösung hin.“
Bisher teilt die Forderung nur die Linke. Eine „absolute Notwendigkeit“ sei
der Polizeibeauftragte, sagt Frank Tempel, auch Polizist. „Wir brauchen
einen Meldeweg jenseits der Hierarchien, jenseits des Dienstwegs.“
Hannover, wo offenbar Beamte die Vorfälle mitbekamen, zeige, wie wichtig
dies wäre.
## Es fehlt eine Fehlerkultur
Die Grünen erarbeiten derzeit einen Gesetzentwurf für einen
Polizeibeauftragten. Mitautor ist Thomas Feltes, Professor für
Polizeiwissenschaften an der Uni Bochum. Für ihn haben Vorgänge wie in
Hannover zwei Ursachen. Zum einen sei die Polizei Spiegelbild der
Gesellschaft. Auch dort fänden sich bis zu 20 Prozent rechtsextreme
Einstellungen. Zum anderen fehle eine Fehlerkultur. „Man will eine Polizei,
die keine Fehler macht. Aber das gibt es nicht.“ Die Folge sei: Fehltritte
werden vertuscht.
Der Kriminologe fordert daher mehr als einen Polizeibeauftragten. Es
brauche auch rechtliche Neuregelungen. So mache sich ein Polizist strafbar,
wenn er nicht sofort Straftaten von Kollegen melde. „Ein extremes Hindernis
für spätere Aussagen.“ Feltes plädiert für eine 48-stündige Karenzzeit, …
der Beamte straffrei blieben. Auch könnte man sie vor Gericht als Kronzeuge
einstufen, sollten sie gegen Kollegen aussagen. „Nur so ließe sich
strukturell tatsächlich etwas ändern.“
18 May 2015
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Polizei
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Flüchtlinge
Hannover
Deutsche Polizeigewerkschaft DPolG
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Folter
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