# taz.de -- Parteispenden-Watch der taz: "Man unterstützt sich im Wahlkreis" | |
> Das hessische CDU-Sozialministerium kümmert sich um die Sorgen einer | |
> Privatklinik. Eine Klinik, die zufällig großzügig an die CDU gespendet | |
> hat. | |
Bild: Abwehrhaltung: Die Klinik beantwortet keine Fragen über die Verbindungen… | |
Was für ein Erfolg für die Gertrudis-Klinik in Leun-Biskirchen: Zum 1. | |
Januar 2011 ist sie in den hessischen Landeskrankenhausplan aufgenommen | |
worden. Statt 18 Betten für gesetzlich Versicherte hat das Krankenhaus | |
seitdem bis zu 140 Kassenplätze. Manche Konkurrenten können davon nur | |
träumen. | |
Auch die Gertrudis-Klinik hat lange darum gekämpft. Die Kassenbetten | |
bedeuten Sicherheit - mit den Privatpatienten können die Krankenhausmanager | |
dann zusätzlich gutes Geld verdienen. | |
Wie ist die Klinik plötzlich an die begehrten Betten gekommen? Wo das | |
hessische Sozialministerium, zuständig für die Krankenhausbedarfsplanung, | |
doch gemeinhin mit Neuaufnahmen in den Landenkrankenhausplan geizt. | |
Schließlich gilt meistens: Betten abbauen. | |
Nicht so neuerdings im Hause Gertrudis, das auf die Diagnose und Therapie | |
von Parkinson spezialisiert ist. Es gilt jetzt als "bedarfsnotwendig", sagt | |
ein Sprecher der Hessischen Krankenhausgesellschaft, des Dachverbandes von | |
187 Krankenhäusern in Hessen. Bedeutet: "Dann muss jeder Kostenträger, | |
sprich: jede Kasse, diese Krankenhäuser auch bedienen." Wer im | |
Landeskrankenhausplan drin ist, hat gewonnen. Ungewöhnlich, dass die | |
Gertrudis-Klinik in Zeiten des Bettenabbaus eine solche Aufstockung | |
bekommt. | |
## Die Klinik-Leitung beantwortet keine Fragen | |
In Hessen, erinnert sich der Sprecher, habe es in den Neurologien zwar | |
Neuaufnahmen gegeben. Allerdings "speziell im Bereich der | |
Schwer-Schädel-Hirn-Verletzten". Parkinson? Zähle nicht dazu. | |
Wie also ist das der Gertrudis-Klinik gelungen? Der Geschäftsführer Ferenc | |
Fornadi verrät es nicht. Mehrere Anrufe und Mails bleiben unbeantwortet, | |
einmal nur mailt Fornadi zurück: "Bitte teilen Sie uns die Fragen | |
schriftlich mit, wir werden diese dann schriftlich beantworten." Seither: | |
Funkstille. | |
Man scheint Öffentlichkeitsarbeit nicht für nötig zu halten. Das übernehmen | |
andere. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Sibylle Pfeiffer etwa attestiert dem | |
Haus auf ihrer Homepage "gehobenen Hotelcharakter im Lahntal" und sagt: "Es | |
ist Teil meines Jobs, mich zu informieren, welche hervorragenden Kliniken | |
wir im Wahlkreis haben." | |
Der CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer, so berichtet es die | |
Lokalpresse, hat beim Sommerfest im Juli mitgefeiert. Er war es demnach | |
auch, der ein paar Monate später einen zweistündigen Besuch der | |
Staatssekretärin im Landessozialministerium in der Klinik vermittelte. | |
## Laut Ministerium war es eine eigenverantwortliche Entscheidung | |
Irmer bestätigt, die Gertrudis-Klinik sehr gut zu kennen. Er sagt: "Ich | |
unterstütze grundsätzlich und selbstverständlich Unternehmen aus meinem | |
Wahlkreis. Es ist das Normalste der Welt, dass man sich für etwas einsetzt, | |
dass man den Minister oder Staatssekretär mit der Bitte anspricht, ob das | |
oder jenes machbar ist. Punkt. Und dann entscheiden die Häuser in eigener | |
Zuständigkeit und eigener Verantwortung." | |
Das CDU-geführte Sozialministerium begründet seine eigenverantwortliche | |
Entscheidung im Fall der Gertrudis-Klinik so: Die Klinik habe "seit vielen | |
Jahren einen Versorgungsvertrag über 12 Betten mit den gesetzlichen | |
Krankenkassen, der sie berechtigte, GKV-Patienten stationär zu behandeln. | |
Die Krankenkassen waren über Jahre nicht bereit, den Vertrag trotz stetig | |
steigender Patientenzahlen nach oben anzupassen. Nach jahrelangen | |
Verhandlungen erfolgte eine Anpassung der Bettenzahl auf 18 Betten, die | |
aber immer noch nicht die tatsächliche Bedarfsrealität anhand der | |
vorliegenden Behandlungsfälle abbildete." | |
## CDU wusste angeblich nichts von der Spende | |
Dem Sozialministerium sei also gar nichts anderes übrig geblieben, als | |
einzuschreiten: "Da eine Ausweitung der Versorgungsvertragsbetten gegenüber | |
den Kassen nicht zu erzielen war und der deutlich höhere Bedarf seitens der | |
Klinik durch die Vorlage von Fallzahlen und Wartelisten gegenüber dem | |
Hessischen Sozialministerium nachgewiesen war, wurde die Gertrudis-Klinik | |
zum 01. 01. 2011 in den Krankenhausplan aufgenommen." | |
Zufällig verhält es sich übrigens auch so, dass die Gertrudis-Klinik im | |
Jahr 2009 laut Parteispendenbericht 15.000 Euro an die CDU gespendet hat. | |
Davon aber hätten sie überhaupt nichts gewusst, sagen die | |
CDU-Bundestagsabgeordnete Sibylle Pfeiffer, der CDU-Landtagsabgeordnete | |
Hans-Jürgen Irmer und das CDU-geführte Sozialministerium. | |
17 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
Hessen | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Protest gegen CDU-Politiker: Bildungspolitiker mit Rechtsdrall | |
Der CDU-Bildungspolitiker Hans-Jürgen Irmer fällt immer wieder mit rechten | |
Äußerungen auf. Die Gewerkschaft GEW fordert einen neuen Ansprechpartner. | |
Piratenpolitiker über Parteispenden: „10.000 Euro sind schon signifikant“ | |
Die Piraten veröffentlichen Namen von Spendern, die mehr als 1.000 Euro | |
überweisen. Dass andere Parteien sich weigern, sei „vorgeschoben“, sagt | |
Pirat René Brosig. | |
Parteispenden International: Von anonym bis völlig intransparent | |
In den deutschen Nachbarländern gibt es verschiedene Gebräuche bei der | |
Parteienfinanzierung. Und im Spendenparadies Österreich eine Reform. | |
Der unbekannte Gönner der CDU: Eine Spende, die gar keine ist | |
Im Rechenschaftsbericht der CDU erscheint die große Spende eines kleinen | |
Unternehmens. Der Yoc AG, die für die CDU 2009 ein mobiles Internetportal | |
erstellte. | |
Parteispenden-Watch der taz: Tchibo hat ein Herz für die CDU | |
Tchibo gehört zum Imperium der Familie Herz. Und die spendet an die CDU. Da | |
das niemand mitbekommen soll, werden die Spenden offenbar geteilt. Und das | |
ist kein Einzelfall. | |
Parteispenden-Watch der taz: Erst der Auftrag, dann die Spende | |
NRWs Innenminister Jäger vermittelte einem Rechtsanwalt lukrative Aufträge. | |
Kurz danach trudelten Spenden der Sozietät bei der SPD Duisburg ein. Nur | |
ein Zufall? | |
Kommentar Parteispenden-Watch: Offenlegen, wer wen bezahlt | |
Derzeit kontrollieren die Parteien in Deutschland ihre Finanzen selbst. Das | |
ist nicht gut. Deshalb muss es eine öffentliche Kontrolle geben. Und zwar | |
direkt durch den Wähler. | |
Parteispenden-Watch der taz: Was verborgen bleibt | |
Dass Politiker Spenden annehmen, ist demokratisch. Trotzdem bleibt der | |
Öffentlichkeit vieles verborgen. Die 13 wichtigsten Fragen und Antworten | |
zum Thema Parteispenden. | |
NPD-Spender auf Google Maps: Hier sitzt das Nazigold | |
Mit Google Maps kann man so ziemlich alles visualisieren: die Standorte von | |
herrenlosen Obstbäumen oder die Wohnorte derer, die für die NPD gespendet | |
haben. | |
SPD-Parteispendenaffäre in NRW: Innenminister unter Verdacht | |
Hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger als Duisburger SPD-Chef | |
einem Parteifreund Aufträge zugeschanzt? Die Opposition meint ja und | |
fordert bereits den Rücktritt. | |
Parteispenden 2009: Am liebsten für CDU und FDP | |
Ein erster Bericht über die Parteispenden der Wirtschaft für 2009 macht | |
klar: Im Wahljahr verdoppelten sich für CDU und FDP die finanziellen | |
Zuwendungen. | |
Parteispenden in Deutschland: Spielhallen-Besitzer unterstützt Politiker | |
Laut Medienberichten soll ein Spielhallen-Besitzer mehr als eine Million | |
Euro an die vier größten Parteien gespendet haben. Damit es nicht auffällt, | |
wurden die Beträge in kleinen Summen gezahlt. |