# taz.de -- Parteispenden-Watch der taz: Erst der Auftrag, dann die Spende | |
> NRWs Innenminister Jäger vermittelte einem Rechtsanwalt lukrative | |
> Aufträge. Kurz danach trudelten Spenden der Sozietät bei der SPD Duisburg | |
> ein. Nur ein Zufall? | |
Bild: "Ich bin nicht bestechlich", sagt NRWs Innenminister Ralf Jäger. | |
Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger liebt den forschen | |
Auftritt. Seine heftigen Attacken zu Oppositionszeiten auf die damalige | |
schwarz-gelbe Landesregierung brachten dem Sozialdemokraten den Spitznamen | |
"Jäger 90" ein. Doch seit einigen Wochen steht er jetzt selbst in der | |
Schusslinie. Jäger sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, seinem Duisburger | |
Unterbezirk zu "Dankeschön-Spenden" verholfen zu haben. | |
Konkret geht es um die Beziehungen, die der Minister zu dem zwielichtigen | |
Rechtsanwalt Lothar Vauth unterhalten haben soll. Die Krefelder Kanzlei | |
seines Parteifreunds hatte Jäger der Duisburger Gesellschaft für | |
Beschäftigungsförderung (GfB), Anfang 2008 empfohlen. Jäger ist | |
Aufsichtsratschef der GfB. Für fünf Rechtsgutachten kassierte Vauth | |
anschließend von der GfB 17.374 Euro. Ende 2008 wurden von Konten der | |
Sozietät zwei Spenden in Höhe von 6.000 Euro und 3.000 Euro an die SPD | |
Duisburg überwiesen. Deren Vorsitzender: Ralf Jäger. | |
Auch wenn Jäger eine solche Verbindung vehement zurückweist: Es drängt sich | |
die Frage auf, ob es mehr als nur einen zeitlichen Zusammenhang zwischen | |
den Spenden und der Auftragsvergabe bei der GfB gab. Zumal unter Berufung | |
auf den Ex-Geschäftsführer der Viersener SPD, Lothar Klouten, die | |
Rheinische Post am Dienstag sogar über eine dritte Spende in Höhe 3000 Euro | |
berichtet hatte. Laut Aussage Kloutens soll Vauth die Beträge in einer | |
Gesamthöhe von 12.000 Euro in drei Tranchen gestückelt haben, um das | |
Parteiengesetz zu unterlaufen. Nur Spenden über 10.000 Euro sind | |
bekanntlich veröffentlichungspflichtig. | |
## Der Deal platzte | |
Die Duisburger SPD dementierte umgehend. "Eine dritte Spende von Vauth oder | |
aus dessen Umfeld ist weder im Dezember 2008, noch zu einem anderen | |
Zeitpunkt eingegangen", erklärte der örtliche SPD-Geschäftsführer Jörg | |
Lorenz. Dass die anderen beiden Spenden geleistet wurden, ist hingegen | |
unstrittig. Damit wäre rund die Hälfte des GfB-Auftrags an die SPD | |
geflossen. Doch falls es ein Deal gegeben haben sollte, dann platzte er: | |
Die Anwaltskollegen Vauths, unter deren Namen das Geld an die Partei | |
überwiesen worden war, teilten nach dem Erhalt der entsprechenden | |
Spendenquittung im Frühjahr 2009 der SPD mit, gar nicht gespendet zu haben. | |
Daraufhin, so versichert Lorenz, sei die vermeintliche Spende unverzüglich | |
"auf die Konten, von denen sie überwiesen worden waren, zurück erstattet | |
und die erteilten Spendenquittungen für ungültig erklärt" worden. | |
Interessant ist allerdings der Hintergrund der Spendenmonierung: Vauth, | |
seinerzeit Landratskandidat der SPD für den Kreis Viersen und eine Größe | |
bei den Genossen am Niederrhein, hatte sich mit seinen Kanzleikollegen | |
überworfen. Die Mitgesellschafter erteilten ihm Hausverbot und zeigten ihn | |
wegen "gemeinschaftlicher gewerbsmäßiger Betrug, schwerer Untreue und | |
Unterschlagung" in Millionenhöhe an. Anfang März 2009 legte Vauth alle | |
seine Mandate, Funktionen und Kandidaturen nieder. Seitdem ist er von der | |
Bildfläche verschwunden. Es heißt, er sei schwer erkrankt und befinde sich | |
in einer Klinik. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen immer noch. | |
Ob seine früheren Kollegen auch ohne ihren Streit mit Vauth die Quittungen | |
über die ihnen fälschlich zugeschriebenen Spenden zurückgewiesen hätten? | |
## Alles ganz korrekt? | |
Fest steht, dass die Duisburger Vorgänge kein Einzelfall sind. Im | |
benachbarten Moers engagierte im Dezember 2007 der hiesige | |
SPD-Bürgermeister Norbert Ballhaus auf Empfehlung eines Parteifreundes | |
ebenfalls die Kanzlei Vauths für ein Gutachten. Kostenpunkt: 4.974,20 Euro. | |
Im März des folgenden Jahres überwies der Anwalt 1.000 Euro an den | |
Unterbezirk Wesel mit dem Verwendungszweck "Buergm Moers Wk-Spende". | |
Ballhaus beteuert, weder von der Spende noch vom Spendenzweck etwas gewusst | |
zu haben. Alles sei korrekt gewesen. Allerdings sei es ein Fehler gewesen, | |
der Empfehlung für die beauftragte Kanzlei ohne weiteres zu folgen, räumt | |
er ein. "Das passiert mir nicht noch einmal!", schrieb Ballhaus im | |
vergangenen Monat in einem offenen Brief. | |
Nach Informationen des WDR-Magazins Westpol soll Vauth über einen | |
SPD-Landtagsabgeordneten auch in mehreren Städten das Angebot Spende gegen | |
Auftrag unterbreitet haben. Verifizieren ließ sich das bislang jedoch | |
nicht. Allerdings hat eine solche Praxis der illegalen Parteienfinanzierung | |
eine gewisse Tradition bei den Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr. So flog | |
im Jahr 2002 das "Dankeschön"-Spendensystem der SPD in Köln auf. Über Jahre | |
hatte sich die Partei ihre Kassen damit gefüllt, indem sie lukrative | |
städtische Großaufträge Unternehmen zuschanzte, die sich anschließend | |
freundlichst zu einem angemessenen Obolus bereitfanden. Öffentlich bekannt | |
wurden allerdings nur jene "Danksagungen", die in Verbindung mit der | |
umstrittenen Kölner Müllverbrennungsanlage geflossen waren. Laut einer | |
Aufstellung sollen sich zwischen 1994 und 1999 neun Spender mit insgesamt | |
830.000 Mark erkenntlich gezeigt haben. | |
Doch in eine solche Traditionslinie will sich Landesinnenminister Jäger | |
nicht stellen lassen. "Es gibt kein illegales Spendensystem in Duisburg", | |
sagte er im Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtag. "Und schon | |
gar nicht habe ich ein solches aufgezogen, unterstützt oder beflügelt." | |
Einen Zusammenhang von Spenden und kommunalen Aufträgen habe es in Duisburg | |
nicht gegeben. "Im Klartext: Ich bin nicht bestechlich." | |
19 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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