# taz.de -- Parteispenden-Watch der taz: Was verborgen bleibt | |
> Dass Politiker Spenden annehmen, ist demokratisch. Trotzdem bleibt der | |
> Öffentlichkeit vieles verborgen. Die 13 wichtigsten Fragen und Antworten | |
> zum Thema Parteispenden. | |
Bild: Finanziert durch Spenden: Die im Bundestag vertretenen Parteien sind auf … | |
1. Wozu brauchen Parteien überhaupt Spenden? | |
In Deutschland gibt es den Grundsatz der Staatsfreiheit. Das bedeutet, dass | |
Parteien nur zum Teil vom Staat finanziert werden dürfen. Die | |
Selbstfinanzierung hat Vorrang vor der Staatsfinanzierung. Das | |
Bundesverfassungsgericht spricht von "gesellschaftlicher Verwurzelung", | |
wenn sich Parteien bei den Bürgern um Spenden bemühen. Für den Geldfluss | |
soll es jedoch klare Spielregeln geben. | |
2. Wer darf spenden? | |
Bürger, Parteimitglieder, aber auch Unternehmen. Der Spender muss der | |
Partei bekannt sein. Anonyme Spenden von mehr als 500 Euro dürfen nicht | |
angenommen werden. Berufsverbände und Unternehmen im Eigentum der | |
öffentlichen Hand dürfen nicht spenden. | |
3. Warum spendet jemand an eine Partei? | |
Zunächst einmal: um sie zu unterstützen. Konzerne wollen eine einzelne | |
Partei stärken oder sie betreiben die breiter angelegte "politische | |
Landschaftspflege". Die Deutsche Bank etwa spendet an alle, außer an die | |
Linke. Sie darf dafür laut Gesetz keine konkrete Gegenleistung erwarten - | |
das wäre eine Einflussspende. | |
4. Sind Einflussspenden Korruption? | |
Ja: Nach dem Parteiengesetz, das auch die Spenden regelt, handelt es sich | |
um eine Spende, "die erkennbar in Erwartung eines bestimmten | |
wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt wurde" - eine | |
Einflussspende. Parteien dürfen sie nicht annehmen, sonst machen sie sich | |
strafbar. Eine Einflussspende nachzuweisen ist aber fast unmöglich. | |
5. Wie unterstützt der Staat die Parteispenden? | |
Der Staat förderte 2010 jeden gespendeten Euro mit 32 Cent: bis zu einem | |
Spendenbetrag von 3.300 Euro. Das gilt nur für "natürliche Personen", nicht | |
für "juristische", also Unternehmen. Spenden bis zu 3.300 Euro pro Jahr | |
können von der Steuer abgesetzt werden. Da alle Steuerzahler an der | |
Parteifinanzierung mitwirken, sollte sie für alle transparent sein. Artikel | |
21 des Grundgesetzes verpflichtet die Parteien, über ihre Finanzen zu | |
informieren. | |
6. Sind die Spenden transparent? | |
Es werden zwar Spenden in Höhe von über 10.000 Euro in den | |
Rechenschaftsberichten der Parteien auf [1][bundestag.de] veröffentlicht - | |
aber mit einer Verzögerung von fast zwei Jahren. Die Dokumente können nicht | |
digital durchsucht werden. Wer nach einem bestimmten Spender sucht, muss | |
sie umständlich dem Alphabet nach durchforsten. Nur Großspenden über 50.000 | |
Euro müssen gleich online veröffentlicht werden. | |
7. Und was ist mit Spenden unter 10.000 Euro? | |
Es ist nur bekannt, welchen Anteil die Spenden von unter 10.000 Euro an der | |
Gesamtsumme ausmachen. Mehr als 80 Prozent aller Parteispenden blieben 2009 | |
im Dunkeln: Bei den zuletzt veröffentlichten Rechenschaftsberichten wurden | |
von 147,75 Millionen Euro Gesamtspenden nur 24,5 Millionen Euro | |
veröffentlicht. Dabei können in kleinen Gemeinden schon geringe Beträge | |
Einfluss auf politische Entscheidungen ausüben. Die aktuelle Regelung lädt | |
förmlich dazu ein, die Spenden zu stückeln. Das ist zwar laut | |
Parteiengesetz verboten, aber nur schwer nachzuweisen, wie der Fall | |
Gauselmann zeigt. | |
8. Kontrolliert niemand diese kleinen Spenden? | |
Doch, aber nur zum Teil: Parteien müssen Wirtschaftsprüfer einsetzen, die | |
prüfen, ob die Schatzmeister der Parteien richtig gerechnet haben. | |
Schließlich geht es um Millionen, die der Staat zuschießt. Doch die Prüfer | |
nehmen lediglich die Rechenschaftsberichte der Bundes- und Landesverbände | |
stichprobenartig unter die Lupe. | |
Darüber hinaus sind sie verpflichtet, mindestens zehn Ortsverbände zu | |
überprüfen. Doch allein die CDU hat mehr als 10.000 Ortsverbände. Die | |
Prüfer suchen ihre Verbände selbst aus. In der Praxis wählen sie immer die | |
gleichen, insgesamt nicht viel mehr als zehn. Zu diesem Ergebnis kommt ein | |
Bericht der "Staatengruppe gegen Korruption des Europarates" von 2009. | |
9. Welche Sanktionen gibt es? | |
Verstößt eine Partei gegen das Publikationsgebot und der | |
Rechenschaftsbericht stellt sich als unrichtig heraus, dann wird eine | |
Strafzahlung fällig, die doppelt so hoch ist wie der falsch ausgewiesene | |
Betrag. Hat die Partei eine anonyme Spende angenommen, muss sie dreimal so | |
viel zahlen. Meldet die Partei eine unzulässige Spende allerdings dem | |
Präsidenten des Bundestags, muss sie nur den Betrag abführen - ohne | |
Sanktionen. | |
10. Wo hat das Gesetz weitere Lücken? | |
Es ist möglich, direkt an einzelne Abgeordnete zu spenden. So fällt die | |
Spende nicht unter das Parteiengesetz und erscheint in keinem | |
Rechenschaftsbericht. Abgeordnete können beliebig hohe Spenden in bar | |
annehmen. Rechtlich werden sie als Schenkung betrachtet. Wie viel Geld auf | |
diese Weise fließt, ist völlig unklar. | |
Staatsrechtler Jörn Ipsen vermutet, dass Abgeordnetenspenden vor allem bei | |
Kandidaten verbreitet sind, die für ihren Wahlkampf gezielt um Spenden | |
werben. Wenn der Empfänger der Spende ein Bundestagsmandat innehat, gelten | |
nur die Verhaltensregeln des Bundestags. Diese Regeln sind weniger streng | |
als das Parteiengesetz. Sie schreiben Abgeordneten nur vor, eine Spende dem | |
Bundestagspräsidenten anzuzeigen, wenn diese pro Jahr und Spender 5.000 | |
Euro überschreitet. Veröffentlichungspflichtig wird die Spende erst bei | |
10.000 Euro. | |
11. Warum wird das Parteiengesetz nicht verschärft? | |
Das Gesetz wurde immer wieder überarbeitet, zuletzt 2002. Staatsrechtler | |
Jörn Ipsen zufolge weisen die Änderungen stets das gleiche Muster auf: Nach | |
einer Affäre sehen Politiker "Handlungsbedarf", das Gesetz wird leicht | |
verändert. Danach tritt eine Ruhephase ein, bis sich die Parteien erneut in | |
Affären verstricken und der Druck wieder wächst. Seitens der Parteien, | |
bemängeln Staatsrechtler und Transparency International, bestehe kaum | |
Interesse, das Gesetz zu verschärfen. | |
12. Wer hätte ein Interesse an neuen Regeln? | |
Linke und Grüne profitieren weniger von Spenden. Die meisten Einnahmen | |
kommen von Parteimitgliedern. | |
13. Warum spenden Politiker selbst so viel? | |
Sogenannte Mandatsträgerbeiträge werden als Spenden verbucht, sind aber | |
eine Art Mitgliedsbeitrag. Die Parteien erwarten von | |
Bundestagsabgeordneten, dass sie einen Teil ihres Einkommens an die eigene | |
Partei überweisen. 18,4 Millionen Euro machten die Mandatsträgerbeiträge | |
2009 bei der CDU aus, bei der SPD waren es 22,3 Millionen, bei den Grünen | |
5,7 Millionen, bei der CSU 3 Millionen, bei der Linken 2,7 Millionen und | |
bei der FDP 2,6 Millionen. | |
Bei der SPD war der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises besonders | |
spendabel: Klaas Hübner sponserte 44.971 Euro. Karl-Theodor zu Guttenberg | |
spendete der CSU 50.000 Euro. | |
17 Jun 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://bundestag.de/ | |
## AUTOREN | |
Martin Rank | |
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