# taz.de -- Parteispenden International: Von anonym bis völlig intransparent | |
> In den deutschen Nachbarländern gibt es verschiedene Gebräuche bei der | |
> Parteienfinanzierung. Und im Spendenparadies Österreich eine Reform. | |
Bild: Ein Paradies für Parteispenden: Österreich. | |
Die Parteienfinanzierung in Deutschland gilt als wenig transparent: Spender | |
werden erst ab 10.000 Euro pro Jahr bekannt, über diverse Hintertüren wie | |
Sponsoring können die Transparenzpflichten weiter ausgehebelt werden. | |
Die deutschen Parteien haben Einnahmen von mehreren hundert Millionen Euro | |
pro Jahr, nur bei einem geringen Teil davon erfährt die Öffentlichkeit die | |
Herkunft. Wie aber ist es in unseren Nachbarländern? | |
Nirgendwo in Europa sind Parteispenden windiger und weniger transparent | |
geregelt als in Österreich. Jede Interessengruppe kann in praktisch | |
unbegrenzter Höhe Gelder an eine Partei kanalisieren, ohne dass die | |
Öffentlichkeit darüber erfährt. Nach geltendem Recht müssen Spenden weder | |
offengelegt werden, noch gibt es eine Begrenzung. Nicht einmal ein | |
Kontrollorgan ist vorgesehen. Lediglich Einzelspenden über 7.260 Euro | |
müssen dem Leiter des Rechnungshofs mündlich gemeldet werden. Der darf | |
diese Information weder überprüfen, noch an Dritte weitergeben. | |
## Umdenken in Österreich | |
Nachdem jetzt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss so gut wie | |
wöchentlich neue Skandale über Zuwendungen staatsnaher Unternehmen an | |
Funktionsträger und Günstlinge der ÖVP-FPÖ-Regierung unter Wolfgang | |
Schüssel (2000-2007) aufdeckt, stehen die Parteien unter Zugzwang. Auch die | |
wirtschaftsnahe ÖVP, die am meisten Spenden einnimmt, konnte nicht länger | |
blockieren und stimmte im April einer Gesetzesnovelle zu, die die | |
Offenlegung von allen Zuwendungen über 5.000 Euro unter Nennung des | |
Spenders verlangt. | |
Einbezogen werden auch Teil- und Vorfeldorganisationen, die zur Umgehung | |
missbraucht werden könnten. Spenden von staatsnahen Unternehmen und | |
öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie Kammern sollen ganz verboten | |
werden. Bei Verstößen sind Geldstrafen vorgesehen. | |
Die ÖVP hat in letzter Minute noch die Neuregelung der öffentlichen | |
Parteienfinanzierung in die Novelle reklamiert. Die ist in jedem der neun | |
Bundesländer anders geregelt aber überall an die Anzahl der Wählerstimmen | |
gekoppelt. ÖVP und SPÖ einigten sich darauf, die Beträge nach oben zu | |
nivellieren, was jährliche Mehrkosten von rund zehn Millionen Euro bringen | |
würde. Schließlich ist damit zu rechnen, dass Spenden künftig weniger | |
großzügig fließen. | |
Für die Abstimmung im Parlament brauchen die Regierungsparteien aber die | |
Stimmen einer Oppositionspartei, da es sich um ein Verfassungsgesetz | |
handelt. Für die Grünen, die seit Jahren eine Neuregelung der Parteispenden | |
fordern, kommt eine Zustimmung nur infrage, wenn die Parteienfinanzierung | |
aus der Novelle herausgenommen und die Höhe der anonymen Spenden abgesenkt | |
wird. | |
## | |
In der Schweiz ist der Staat im Gegensatz zu Deutschland nicht für die | |
Teilfinanzierung der Parteien zuständig. Traditionell hat sich der Staat | |
nicht einzumischen. Diskretion sei den Schweizern auch bei den | |
Parteispenden wichtiger als Transparenz, hält die Staatengruppe gegen | |
Korruption (Greco) in ihrem letzten Bericht fest. Das Evaluationsteam von | |
Greco war erstaunt über die Intransparenz der Buchführung bei den Parteien. | |
Selbst die meisten Parteimitglieder haben keinen Zugang zu detaillierten | |
Informationen über Einnahmen und Ausgaben. Da auch in der Schweiz die | |
Mitgliederzahlen der Parteien zurückgehen, sind sie fast völlig von | |
privaten Unterstützern abhängig. Das meiste Geld kommt von Unternehmen, | |
Banken, Gewerkschaften, Privatpersonen und Unterstützungsvereinigungen. Es | |
kann anonym gespendet werden. Bis zu einem Betrag von 8.200 Euro ist eine | |
Spende in der Regel steuerlich absetzbar. | |
Die Parteien sind bei Ihrer Buchführung niemandem Rechenschaft schuldig. Es | |
existieren keine bundesweiten Vorschriften, die Transparenz und Kontrolle | |
der Finanzierung regeln. So liegt im Ermessen der Parteien, auf welche Art | |
und Weise sie über ihre Einnahmen Buch führen und ob die Spenden gesondert | |
erfassen werden. Nur in den Kantonen Genf und Tessin wurden erste | |
Transparenz-Regeln durchgesetzt. | |
## | |
In den Niederlanden schießt der Staat allen Parteien zusammen insgesamt 15 | |
Millionen Euro pro Jahr zu. Das ist nicht mal ein Zehntel von dem, was | |
deutsche Parteien vom Staat erhalten. Darum sind auch hier die Parteien auf | |
Spenden angewiesen. Nach dem „Gesetz zur Subventionierung politischer | |
Parteien“ von 1999 sind Zuwendungen von juristischen Personen bereits ab | |
einer Höhe von 4.537,80 Euro mit Spendernamen, Datum und Höhe des Betrags | |
zu veröffentlichen. | |
Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Grenze bei 10.000 Euro. Spenden | |
sind dann steuerlich abzugsfähig, wenn sie mehr als ein und maximal zehn | |
Prozent des Bruttoeinkommens betragen. Unternehmen können Spenden bis einem | |
Betrag von von sechs Prozent des Gewinns von der Steuer absetzen. | |
An der Gesetzgebung wurde immer wieder kritisiert, dass die | |
Veröffentlichungspflicht leicht umgangen werden kann, indem man die Spende | |
nicht als Unternehmen, sondern einfach als Privatperson überweist. Dann | |
muss sie gar nicht veröffentlicht werden – die Spende kann anonym und auch | |
in bar erfolgen. Seit Jahren gibt es politische Diskussionen darum, ob die | |
Regeln verschärft werden müssen. | |
## | |
In seinem Ruhestand als Politiker wurde Ex-Präsident Jacques Chirac | |
schließlich noch von einer der politischen Finanzaffären eingeholt. Er | |
wurde im Dezember 2011 zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, weil er als | |
Bürgermeister von Paris ein System von fingierten kommunalen | |
Anstellungsverträgen zur Bezahlung von Parteifunktionären und Freunden | |
organisiert hatte. | |
Solche illegalen Manipulationen waren bis zur gesetzlichen Regelung der | |
öffentlichen Finanzierung der Politik ab 1988 keine Seltenheit; jede Partei | |
versuchte zuvor in einer Grauzone, zu Geld zu kommen. Um solche oft als | |
„Kavaliersdelikte“ betrachtete Verstöße zu vermeiden, werden die Parteien, | |
die bei der Abgeordnetenwahl mindestens 1 Prozent der Stimmen in mindestens | |
50 von 577 Wahlkreisen proportional zu den Ergebnissen subventioniert. | |
Heute beträgt diese Zulage 1,63 Euro pro Stimme. | |
Ein zweiter Teil wird entsprechend der Zahl der Gewählten verteilt. Private | |
Spenden sind ebenfalls klar geregelt: Einzelpersonen dürfen einer Partei | |
maximal 7.500 Euro pro Jahr geben, davon kann ein Teil von den Steuern | |
abgezogen werden. Finanzielle Unterstützung von Wahlkampagnen durch Firmen | |
und ausländische Staaten ist nicht zulässig. Ein Verschärfung der Gesetze | |
ist in der Debatte, da derzeit neben den eigentlichen Parteien unzählige | |
„Miniparteien“ bestehen, deren einziger Zweck es ist, für bestimmte | |
Politiker Geld von Sympathisanten zu sammeln. Die Revision könnte in die | |
Richtung gehen, dass jeder Bürger pro Jahr nur ein Partei legal | |
unterstützen kann. | |
27 May 2012 | |
## AUTOREN | |
R. Balmer | |
R. Leonhard | |
M. Rank | |
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