# taz.de -- Korruption in Österreich: Ein Quäntchen mehr Transparenz | |
> Die Politiker in Wien ziehen Konsequenzen aus Korruptionsskandalen. | |
> Spenden an Minister sind ausgenommen und die staatliche Parteienförderung | |
> wächst. | |
Bild: Nette Leute unter sich: Schüssel (rechts) und Rechtspopulist Jörg Haide… | |
WIEN taz | Österreichs Parteien werden durchsichtiger. Am Dienstag | |
verabschiedete der Nationalrat in einer Sondersitzung ein | |
„Transparenzpaket“, das die Parteispenden neu regelt und die staatliche | |
Parteienförderung üppig erhöht. Bundeskanzler Werner Faymann aus der | |
Sozialdemokratischen Partei Österreichs feierte das Gesetzespaket als | |
Gelegenheit für die Politik, „ein Stück Vertrauen zu schaffen“. | |
Die Gesetze, die schon am 1. Juli in Kraft treten können, sind die direkte | |
Folge einer Reihe von Korruptionsskandalen, die derzeit in einem | |
parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden. Bei | |
praktisch allen Privatisierungsvorhaben und großen Beschaffungsaufträgen | |
während der Regierungszeit der Koalition aus Österreichischer Volkspartei | |
(ÖVP) und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) 2000 bis 2007 unter | |
ÖVP-Mann Wolfgang Schüssel wurden Lobbyisten aus dem Dunstkreis der | |
zuständigen Minister mit Gutachten und Expertisen beauftragt. Diese waren | |
zwar größtenteils inhaltlich nicht nachvollziehbar, wurden aber mit extrem | |
großzügigen Honoraren abgegolten. | |
Bisher müssen Parteien Großspenden nur dem Rechnungshof anzeigen und der | |
unterliegt der Schweigepflicht. Zukünftig müssen Parteien Spenden, auch | |
Personal- und Sachspenden, unter Angabe des Gönners offenlegen, sobald sie | |
3.500 Euro jährlich übersteigen. Im Falle von Sponsoring beträgt die | |
Freigrenze 12.000 Euro, Bundes-, Landes- und Bezirksparteien werden | |
zusammengerechnet. | |
Auch Gewinne von Parteigeschäften mit dem Staat sind zu melden. Vor allem | |
die Grünen drückten den Freibetrag auf 3.500 Euro und setzten durch, dass | |
auch die Bezirksparteien einbezogen werden. Andernfalls hätte man durch | |
zahlreiche Kleinspenden das Gesetz umgehen können. | |
Eine Lücke hat der Politologe und Parteienexperte Hubert Sickinger | |
entdeckt. Denn Spenden an Minister finden keine Berücksichtigung. Man | |
erinnere sich an den damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der sich | |
seine private Homepage, auf der er sich als Champion des Neoliberalismus | |
feierte, von der Industriellenvereinigung sponsern ließ. | |
Ein anderer Schönheitsfehler ist die gleichzeitig beschlossene Erhöhung der | |
staatlichen Parteienförderung von derzeit 15 auf 29 Millionen Euro | |
jährlich. Kanzler Faymann gab offen zu, dass angesichts des neuen Gesetzes | |
mit einem Rückgang der Spenden zu rechnen sei. Dafür wollen sich die | |
Parteien schadlos halten. Dieses Gesetz, das während der Debatte noch für | |
hitzige Wortgefechte sorgte, mussten die Koalitionsparteien allein | |
beschließen. | |
28 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
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