# taz.de -- Ex-"Die Presse"-Chefredakteur bloggt: Spender finanzieren enge Welt… | |
> Loblieder auf den Kapitalismus und Tiraden gegen Feminismus: Der | |
> Ex-Chefredakteur der österreichischen Zeitung "Die Presse" finanziert | |
> seinen rechten Kampf-Blog mit Spenden und Abos. | |
Bild: "Es gibt starke Indizien, dass etwa die Zahl der hilfesuchenden Anrufe be… | |
Bloggen ist kein Privileg der Jungen und Progressiven. Das beweist Andreas | |
Unterberger, Urgestein des erzkonservativen Journalismus, der es nicht | |
lassen kann, auch in seinem Ruhestand [1][in einem Blog] gegen alles Linke, | |
Feministische und Grüne vom Leder zu ziehen. | |
"Kommentar on demand" würde man diese Art von Serviceleistung auf | |
Neudeutsch wohl nennen. Andreas Unterberger kommentiert alles und jedes, | |
was Leserinnen und Leser ihm vorschlagen. Fast alles, wie er gegenüber der | |
Tageszeitung "Der Standard" einschränkte: "Wenn sich jemand zum Beispiel | |
die Weisen von Zion wünscht oder ein Spaßvogel auf die Idee kommt, mir eine | |
physikalische Frage zu stellen, an der ich scheitern würde." | |
Finanzieren will Unterberger sein Pensionistenhobby mit Spenden oder | |
Subskriptionen. "Jeder Partner hat zwei Mal im Jahr das Recht, das Thema | |
eines Tagebuch-Eintrags vorzugeben (freilich nicht die Meinung!)", heißt es | |
auf der Homepage, "oder er bekommt eine persönliche Reaktion zu diesem | |
Thema". Alle, die für zwölf Monate mindestens 120 Euro überweisen, werden | |
automatisch "Partner" des Blogs. | |
Als "Die Presse", das Flaggschiff des katholisch-konservativen | |
Styria-Verlages, ihn vor sechs Jahren abhalfterte, um sich einen neuen | |
Chefredakteur und ein flotteres Image zu verpassen, installierte ihn der | |
damalige ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel als Chef der republikseigenen | |
"Wiener Zeitung". In diesem geschützten Raum konnte er bis vergangenen | |
Oktober seine enge Weltsicht weiterhin in Leitartikel kleiden. Mit 60 | |
Jahren wurde er dann in Pension geschickt. Und Andreas Unterberger | |
entdeckte die Freuden des Bloggens. | |
Offenbar hat er aus seiner aktiven Zeit eine Menge Fans. Denn um die 400 | |
Subskribenten sollen bereits eingezahlt haben, die den Kapitalismus gerne | |
unhinterfragt gepriesen haben wollen, die die Anzeigen gegen päderastische | |
Mönche für eine linke Verschwörung und den Feminismus für Teufelszeug | |
halten. Neben jenen, die in ihren Kommentaren regelmäßig in die Tiraden | |
gegen den „linksgrünen ORF“ oder Unterbergers Lieblingsfeindbild der | |
„Gutmenschen“ einstimmen, melden sich aber immer wieder auch Leser, die | |
Fakten zurechtrücken, wenn der Blogger wieder einmal schlecht recherchiert | |
hat, oder seinen Thesen wacker widersprechen. | |
Besonders gerne zieht er über Feministinnen her, sei es, dass er am | |
Weltfrauentag vorrechnet, Frauen würden keineswegs schlechter bezahlt, als | |
Männer, sie zögen es nur vor, weniger und in weniger gut bezahlten Branchen | |
zu arbeiten, sei es, dass er gegen die Frauenhäuser wettert: „Denn es gibt | |
starke Indizien, dass etwa die Zahl der hilfesuchenden Anrufe bei | |
Frauenhäusern stark nach oben manipuliert wird, um die Subventionen zu | |
vermehren, und dass diese Institutionen ganz überwiegend von Migrantinnen | |
benutzt werden, also eher einen importierten Bedarf decken“. | |
In der Asylpolitik ist er ganz bei der Innenministerin, die Asylwerber | |
gerne einsperren will, damit sich niemand vor ihnen fürchten muss. Die SPÖ, | |
die da nicht mitmachen will, mache „sich neuerlich in hohem Maße mitschuld | |
an der breiten Einladung zum Asylmissbrauch, den das österreichische System | |
trotz all der Novellen der letzten Jahre weiterhin darstellt“. | |
Noch ist Andreas Unterberger nicht sicher, ob sich sein Meinungsservice | |
rechnen wird. Ein halbes Dutzend Mitarbeiter will schließlich erhalten | |
werden. Sollte er seinen Blog vorzeitig schließen müssen, will er die | |
Spenden anteilig zurückzahlen. | |
30 Mar 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.andreas-unterberger.at/ | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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