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# taz.de -- Atomausstieg und Netzausbau im Bundestag: Schnell und schmerzhaft
> Der Bundestag beschließt nicht nur den Atomausstieg, sondern auch Gesetze
> zum Netzausbau. Zahlreiche Verbände kritisieren den mangelnden
> Bürgereinfluss.
Bild: Stromleitungen sollen künftig schneller geplant werden dürfen.
BERLIN taz | Hundert oder mehr Bürgerinitiativen protestieren schon
Donnerstag gegen den Bau neuer Stromleitungen. Ohne massive Bürgerproteste
wird die Wende zur regenerativen Stromerzeugung wohl nicht ablaufen. Doch
die Bundesregierung tut wenig, um für mehr Akzeptanz zu sorgen. Im
Gegenteil: Am Donnerstag verabschiedet der Bundestag das "Gesetz zur
Beschleunigung des Netzausbaus".
Das Gesetz - im Fachjargon "Nabeg" - ist Teil des Pakets, mit dem die
schwarz-gelbe Koalition den Atomausstieg und die Energiewende vollzieht.
Zur Abstimmung stehen unter anderem die Stilllegung der Atomkraftwerke.
Das letzte deutsche AKW Neckarwestheim 2 soll Ende 2022 vom Netz gehen,
auch für alle anderen Reaktoren ist der Termin genau festgelegt.
Der nächste Meiler, der abgeschaltet wird, ist demnach Grafenrheinfeld im
Jahr 2015. Zudem regelt das Gesetz die Förderung der erneuerbaren Energien
und die klimafreundliche Sanierung von Gebäuden.
Die Kritik von Opposition und Umweltverbänden entzündet sich an Planung und
Bau tausender Kilometer neuer Stromleitungen, die die Regierung möglichst
schnell auf den Weg bringen will.
## Mehr Bügerbeteiligung
Um Proteste und Fehler wie beim Bau des Bahnhofs Stuttgart 21 zu vermeiden,
"sollte die Regierung neue Formen der Bürgerbeteiligung einführen", sagt
Michael Zschiesche vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UfU). Davon
steht im Gesetz aber kaum etwas.
Künftig wird es ein neues Planungsverfahren für wichtige, überregionale
Stromtrassen geben, das nicht mehr die Länder organisieren, sondern die
Bundnetzagentur. Die Bürger und die Verbände haben an drei Stellen die
Möglichkeit, mit Einwendungen und Widersprüchen in das Verfahren
einzugreifen. Auch alternative Trassen, die andere Wege durchs Land nehmen
als von den Betreiberfirmen vorgeschlagen, sollen diskutiert werden.
Die Bundesregierung will die Beteiligung der Öffentlichkeit im Vergleich zu
heute nicht einschränken, sondern leicht ausweiten. Das räumen Verbände wie
der Bund für Umwelt und Naturschutz auch ein. Doch geht ihnen die
Bürgerbeteiligung nicht weit genug. Sie bemängeln unter anderem, dass für
einen großen Teil des Verfahrens nur sechs Monate vorgesehen sind.
"Angesichts der vermutlich großen Zahl der Einwendungen ist das kurz", sagt
Umweltjurist Zschiesche. Die Regierung müsse sicherstellen, dass die
Einwendungen der Bürger nicht nur abgeheftet, sondern auch berücksichtigt
würden.
## Proteste werden erwartet
Zschiesche schlägt einen offiziellen Bürgerbeirat vor, der das Verfahren
permanent begleitet. Auch die Grünen hegen Zweifel, ob sich der zu
erwartende massive Bürgerprotest in dem neuen, schnellen Verfahren
ausreichend widerspiegelt.
"Die Alternativen zu den vorgeschlagenen Trassen müssen im Rahmen der
Bürgerbeteiligung ernsthaft diskutiert werden können," sagt die grüne
Demokratie-Expertin Ingrid Hönlinger aus Baden-Württemberg.
Um Akzeptanz für die Energiewende zu schaffen, hat der Wissenschaftliche
Beirat für globale Umweltveränderungen (WBGU), der die Regierung berät,
unlängst "neue Partizipationsmöglichkeiten" angeregt. Man solle die "Bürger
nicht nur einmal nach ihrer Meinung fragen, sondern häufiger", sagt
WBGU-Mitglied Claus Leggewie.
"Experten und Entscheider müssen dann immer wieder auf die Argumente der
Bürger eingehen, und diese durchlaufen ihrerseits einen Lernprozess", so
Leggewie. Eine solche Bürgerbeteiligung neuer Art ist im
Beschleunigungsgesetz nicht ansatzweise enthalten.
30 Jun 2011
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
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