# taz.de -- Neunutzung des Bahn-Hochspannungsnetzes: ICE-Trasse als Stromautoba… | |
> Der Verkehrsminister will prüfen, ob das Bahnstromnetz auch der | |
> Stromwirtschaft zugute kommen kann. Rainer Brüderle findet die Idee gut. | |
> Überfällig, meinen die Grünen. | |
Bild: Im Hintergrund sichtbar: Stromleitungen an der Bahntrasse. | |
FREIBURG taz | Die Idee klingt gut: Man könnte das Hochspannungsnetz der | |
Deutschen Bahn ins allgemeine Hochspannungsnetz einbinden – und so die eine | |
oder andere neue umstrittene Stromtrasse im Land verzichtbar machen. Der | |
Bahnkonzern unterhält in Deutschland ein Netz von 7.800 Kilometer Länge, | |
mit dem sich die Bahntochter DB Energie Zusatzeinnahmen verschaffen könnte. | |
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat die Idee aufgegriffen. "Wir | |
werden das prüfen", sagte er dieser Tage. Auch Wirtschaftsminister Rainer | |
Brüderle (FDP) zeigt sich aufgeschlossen: "Eine enge Kooperation mit der | |
Deutschen Bahn im Rahmen des Ausbaus des Stromverbundnetzes halte ich für | |
wünschenswert." Ein Treffen von Fachleuten aus dem Verkehrs- und dem | |
Wirtschaftsministerium, der Bahn und der Bundesnetzagentur soll nun | |
Klarheit schaffen. | |
Interessant ist das 110-Kilovolt-Bahnnetz auch, weil es das einzige | |
Hochspannungsnetz ist, das die gesamte Bundesrepublik von Nord nach Süd und | |
von Ost nach West durchzieht. Das klassische Hochspannungsnetz hingegen ist | |
in Deutschland in vier Zonen mit vier unterschiedlichen Netzbetreibern | |
aufgeteilt. | |
## Grünen-Anfrage zum Thema wurde eher abgeschmettert | |
Das plötzliche Interesse der Minister am Bahnnetz ist gleichwohl | |
bemerkenswert. Hatte die Bundesregierung doch bereits Anfang April eine | |
entsprechende Anfrage aus den Reihen der Grünen recht skeptisch beschieden. | |
In der Antwort auf die Frage, ob man die "Nutzung des | |
Bahnstrom-Fernleitungsnetzes im Regelstrommarkt" prüfe, hatte es geheißen: | |
"Nach bisheriger Einschätzung werden die Nutzungspotentiale aufgrund | |
technischer und planungsrechtlicher Erwägungen als sehr begrenzt | |
eingestuft." | |
Zudem legt die Bundesregierung die Verantwortung des Netzausbaus allein in | |
die Hand der Netzbetreiber. Sie gehe davon aus, heißt es in der Antwort, | |
"dass Netzbetreiber von dem schon heute bestehenden Gebot der | |
Infrastrukturbündelung Gebrauch machen". | |
Irritiert zeigen sich nun die Grünen, die das ursprünglich von der | |
Bundesnetzagentur aufgebrachte Thema schon lange verfolgen. Ingrid Nestle, | |
Sprecherin für Energiewirtschaft in der Bundestagsfraktion, sagt: "Die | |
Bundesregierung verheddert sich im Bahnstromnetz." Sie habe sich offenbar | |
gegen die Nutzung der Bahntrassen für den Transport von Ökostrom | |
ausgesprochen, bevor sie überhaupt die Möglichkeiten untersucht habe. Jetzt | |
erst, ein Jahr nach Beginn der Debatte, komme sie auf die Idee, das Konzept | |
zu prüfen. So trage sie die Verantwortung für den stockenden Netzausbau. | |
## Praktisches Problem: Die Netzfrequenzen unterscheiden sich | |
In der Praxis freilich gibt es noch einige Fragen zu klären. Zum einen sind | |
die Netzfrequenzen unterschiedlich: Während das öffentliche Netz mit 50 | |
Hertz arbeitet, ist das Bahnstromnetz traditionell auf 16,7 Hertz | |
ausgelegt. Bei der Ein- und Ausspeisung von Strom müssten Umrichter die | |
Frequenz also jeweils entsprechend anpassen | |
Wollte man das Leitungsnetz der Bahn in großem Stil nutzen, wären zudem | |
neue Kabel und zum Teil höhere Masten nötig, weil die Übertragungsleistung | |
aufgestockt werden müsste. Allerdings dürfte der Ausbau entlang der | |
Bahnlinien im Vergleich zu neuen Trassen weniger Akzeptanzprobleme mit sich | |
bringen. Und der Preis ist niedriger: Experten gehen von nur einem Viertel | |
dessen aus, was klassische Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen kosten. | |
27 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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