# taz.de -- Energiewende-Gesetze erklärt: Der Weg zum Ausstieg | |
> Abschied vom Atomstrom, Elektrizität aus Wind und Sonne, die Zukunft von | |
> Strom und Kohle? Fragen und Antworten zu den international einzigartigen | |
> Gesetzen. | |
Bild: Die Anti-Atom-Sticker gibt es in vielen Sprachen - abgeschaltet wird aber… | |
Mit den Gesetzen zum Atomaustieg und zur Energiewende, die der Bundestag am | |
Donnerstag beschloss, ist Deutschland ganz weit vorne. Auch die Planung für | |
die nahezu hundertprozentige Versorgung mit Ökostrom bis Mitte des | |
Jahrhunderts ist beispielgebend. | |
Kommt jetzt wirklich das Ende der Atomkraft in Deutschland? | |
Wie es aussieht, ja. Mit der 13. Novelle des Atomgesetzes, der der | |
Bundestag am Donnerstag zustimmte, benennt auch die schwarz-gelbe Koalition | |
ein definitives Ende der nuklearen Stromproduktion im Bundesgebiet. Am 31. | |
Dezember 2022 ist Schluss. Dann soll das letzte Strom produzierende AKW vom | |
Netz getrennt werden. 8 von 17 deutschen Atomkraftwerken bleiben schon | |
jetzt ausgeschaltet, eines davon läuft in Reserve weiter. | |
Für die übrigen Anlagen stehen feste Termine im Gesetz, an denen die | |
Betriebsgenehmigung erlischt. Für Grafenrheinfeld ist das beispielsweise | |
der 31. Dezember 2015, für den Block B des Atomkraftwerks Gundremmingen der | |
31. Dezember 2017. Eine gesellschaftliche oder politische Mehrheit, die den | |
Ausstieg revidieren wollte oder könnte, ist gegenwärtig nicht abzusehen. | |
Wie kann man die Lücke füllen, die die Atomkraft hinterlässt? | |
Im "Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der | |
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien" setzt sich die Regierung Ziele: | |
Bis 2020 sollen mindestens 35 Prozent des Stroms aus sauberen Quellen | |
stammen, bis 2050 mindestens 80 Prozent. Umweltverbände sagen, ein höherer | |
Anteil erneuerbarer Energie ließe sich schneller erreichen und die | |
Regierung nehme trotz allem zu viel Rücksicht auf die Interessen der großen | |
Stromkonzerne. | |
Dies drücke sich darin aus, dass die Einspeisevergütung für an Land | |
hergestellte Wind- und Sonnenenergie zu stark abnehme, während die neuen | |
Windparks auf dem Meer über Gebühr unterstützt würden. Im Gegensatz zu den | |
Anlagen an Land sind die Meereskraftwerke so teuer, dass nur große, | |
kapitalkräftige Unternehmen und Banken sie bauen können. | |
Was bedeutet die Energiewende für die Verbraucherpreise? | |
Die werden steigen. Im Gesetz zur Neuregelung der erneuerbaren Energien | |
steht, dass die Zusatzkosten der Ökoenergie für Durchschnittshaushalte | |
höchstens knapp zehn Euro monatlich ausmachen. Nach 2020 wird die | |
finanzielle Belastung durch die Energiewende allerdings wieder sinken. Wenn | |
man die vermiedenen Zukunftskosten und potenziellen Schäden (Atomunfälle, | |
Klimawandel, höhere Öl-, Gas- und Kohlepreise) einrechnet, ist die | |
Energiewende sowieso ein gutes Geschäft. | |
Welche Rolle spielen Kohle und Gas? | |
Die Kritiker bei den Grünen und den Umweltverbänden meinen: eine zu große. | |
Mit dem "Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften" | |
verpflichtet die Regierung die Energieproduzenten, eine gemeinsame Planung | |
für die Stromleitungen vorzulegen. Das ist einerseits gut, denn durch die | |
neuen Leitungen kann auch der zusätzliche Ökostrom fließen. Andererseits | |
bemängelt der Bund für Umwelt und Naturschutz, dass die Trassenplanung zu | |
sehr auf neue Großkraftwerke ausgerichtet werde, die Kohle oder Gas | |
verfeuern. Derzeit sind 19 Kohlekraftwerke im Bau oder in der Planung, die | |
Deutschland eigentlich nicht braucht. Diese werden vermutlich auch noch in | |
40 Jahren die Atmosphäre schädigen. | |
Können die Bürger über die Energiewende mitentscheiden? | |
Für wichtige, überregionale Stromleitungen gibt es künftig ein | |
bundeseinheitliches Genehmigungsverfahren. So steht es im "Gesetz zur | |
Beschleunigung des Netzausbaus". Bürgerinitiativen können Einwendungen | |
einlegen und werden angehört. Da die neuen Verfahren jeweils nur sechs | |
Monate dauern, dürfte die Bürgerbeteiligung allerdings nicht allzu intensiv | |
ausfallen. | |
1 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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