# taz.de -- Bundestag beschließt Ende der Atomkraft: Wir sind ausgestiegen! | |
> Breite Mehrheit für den Atomkonsens: Der Bundestag hat das Aus für die | |
> Atomkraftnutzung bis spätestens Ende 2022 besiegelt. Vor allem die Linke | |
> votierte dagegen. | |
Bild: Parteiübergreifende Zustimmung trotz Kritik: Mit 513 Stimmen beschloss d… | |
BERLIN taz/afp/dpa | Der Bundestag hat den Atomausstieg bis zum Jahr 2022 | |
beschlossen. Union, FDP, SPD und Grüne stimmten am Donnerstag gemeinsam | |
mehrheitlich für eine entsprechende Änderung des Atomgesetzes. Es gab 513 | |
Ja- und 79 Nein-Stimmen sowie 8 Enthaltungen. Acht Atomkraftwerke werden | |
sofort stillgelegt, die übrigen neun AKW stufenweise bis 2022. Damit wird | |
als Folge der Katastrophe von Fukushima die erst im Herbst 2010 | |
beschlossene Laufzeitverlängerung zurückgenommen. Auch machte der Bundestag | |
den Weg frei für ein umfangreiches Gesetzespaket zur Energiewende. | |
Insgesamt stand ein Paket mit acht Gesetzen zur Abstimmung, darunter auch | |
Regelungen für eine Offensive bei der Gebäudesanierung, um hier Energie | |
einzusparen. Trotz breiter Unterstützung haben Koalition und Opposition im | |
Bundestag noch einmal heftig über die künftige Energieversorgung | |
gestritten. Beide Seiten reklamierten die Entscheidung für das Ende der | |
Kernkraft am Donnerstag für sich und warfen sich gegenseitig | |
Blockadepolitik vor. In der Schlussdebatte über das Energiepaket forderte | |
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) die Opposition zur Zusammenarbeit auf. | |
SPD, Linke und Grüne verlangten jedoch Nachbesserungen an den | |
Energiegesetzen. | |
Für die Schlussabstimmung des Parlaments über den Atomausstieg bis 2022 | |
hatten bereits alle Fraktionen bis auf die Linke Zustimmung signalisiert. | |
Auch die [1][Grünen hatten sich bei einem Sonderparteitag am Wochenende zu | |
einem Ja durchgerungen]. Die Energiewende der Regierung ist eine Reaktion | |
auf die Atom-Katastrophe in Fukushima. Das Gesetzespaket sieht auch vor, | |
die erneuerbaren Energien auszubauen und Anreize zum Energiesparen zu | |
setzen. | |
## Röttgen fordert Opposition zur Zusammenarbeit auf | |
Röttgen sprach angesichts der Energiewende von einer Revolution: "Das ist | |
ein sehr guter Tag für Deutschland." Nach mindestens 30-jähriger | |
kontroverser, teils unversöhnlicher Debatte werde das Parlament einen | |
energiepolitischen Konsens beschließen. Kein Industrieland sei beim Ausbau | |
des Ökostroms so ehrgeizig. Im Ausland werde gesagt: "Wenn es ein Land | |
schaffen kann, dann sind es die Deutschen." | |
Er nannte den Konsens einen nationales Gemeinschaftsprojekt und begrüßte | |
die Zustimmung von SPD und Grünen. Doch forderte er weitere Unterstützung. | |
"Sie sollten jetzt auch endgültig über ihren Schatten springen", sagte er | |
und warf der Opposition parteitaktische Erwägungen vor. Der geplante | |
Umstieg auf erneuerbare Energien biete "eine Perspektive für natur- und | |
generationenverträgliches Wachstum". | |
Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel warf der Regierung Opportunismus | |
vor, weil sie noch vor einem halben Jahr eine Laufzeitverlängerung | |
beschlossen hatte. CDU/CSU und FDP hätten sich lediglich "aus Gründen des | |
schieren Machterhalts" zum Ausstieg aus der Atomkraft entschieden. Die | |
Energiepolitik sei ihr "energiepolitische Waterloo". "Denn dieser Ausstieg | |
ist unser Ausstieg - und so wird es bleiben", fügte er hinzu. | |
SPD und Grüne halten das Ziel von Union und FDP, den Ökostrom-Anteil von | |
derzeit rund 19 Prozent bis 2020 auf 35 Prozent zu steigern, für zu gering. | |
Sie fordern 40 Prozent Ökostrom bis 2020. | |
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) entgegnete, dass sich die | |
jetzt geplante Beendigung der Kernenergienutzung von dem einstigen | |
rot-grünen Ausstiegsbeschluss unterscheide, obwohl der Zeitraum bis 2022 in | |
etwa derselbe ist. Die damalige Regierung habe es versäumt, auch den | |
Umstieg auf erneuerbare Energien und den Bau von Ersatzkapazitäten mit zu | |
planen, sagte der Minister. | |
Er forderte die Opposition auf, den Bau neuer konventioneller Kraftwerke zu | |
unterstützen. "Ich bin sehr gespannt, ob die Grünen den Mut haben, hier an | |
unserer Seite zu stehen", sagte Rösler. | |
## Gysi warnt vor Atomausstieg mit Rückfahrkarte | |
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte die Regierung im Gegenzug | |
auf, zu ihren Beschlüssen zu stehen. In Wahrheit habe sich die Regierung | |
denjenigen angenähert, die sie "jahrelang bekämpft" habe. Zugleich forderte | |
sie zahlreiche Nachbesserungen. Die Regierung habe die Sicherheit der | |
verbleibenden Atomkraftwerke nicht geregelt. Deshalb müsse das | |
Kerntechnische Regelwerk, das die Sicherheitsanforderungen verschärfen | |
würde, endlich in Kraft gesetzt werden. Zudem müsse es eine ergebnisoffene | |
Suche nach einem Endlager und einen Baustopp in Gorleben geben. Das "Ja" | |
der Grünen zur Energiewende sei ein "Ja, aber", sagte Künast. | |
Auch der Linksfraktionschef Gregor Gysi kritisierte die Ausstiegsbeschlüsse | |
als halbherzig. Er bekräftigte die Forderung seiner Partei, ein Verbot der | |
friedlichen Nutzung von Atomkraft im Grundgesetz zu verankern. "Wenn Sie | |
das nicht machen, dann machen sie einen Atomausstieg mit Rückfahrkarte", | |
warnte Gysi. | |
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler wies die Kritik der Opposition | |
zurück. Die Entscheidungen von Schwarz-Gelb gingen deutlich über den | |
Ausstiegsbeschluss von Rot-Grün hinaus, sagte der FDP-Vorsitzende. Die | |
Wirtschaft werde nicht übermäßig belastet. Für deutsche Firmen böten sich | |
im In- und Ausland sogar neue Chancen. | |
30 Jun 2011 | |
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