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# taz.de -- EU verhindert Atomausstieg in der Ukraine: Atomstrom für Europa
> Die EU finanziert Hochspannungsleitungen in der Ukraine – und verhindert
> dort den Ausstieg aus der Atomenergie. Auch gelangt so billiger Atomstrom
> aus der Ukraine in die EU.
Bild: Die Lehre aus dem Supergau in Tschernobyl ist bei der EU-Kommission ansch…
BRÜSSEL taz | Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Bankwatch
finanziert die Europäische Union Hochspannungsleitungen in der Ukraine. Die
könnten bald billigen Strom aus Kraftwerken vom Typ Tschernobyl in die
EU-Länder bringen – finanziert über die Europäische Bank für Wiederaufbau
und Entwicklung sowie die Europäische Investitionsbank, die den
Mitgliedsländern gehören und ihre Geschäfte mit deren öffentlichen
Garantien abwickeln.
Für Bankwatch-Experten Markus Trilling ist das ein Beispiel für die
Doppelmoral in der EU: "In Brüssel wird über den Ausstieg diskutiert, die
Katastrophe von Tschernobyl bedauert und einige Länder wie Deutschland
steigen sogar aus.
Gleichzeitig fördert die EU seit sechs Jahren den Ausbau der ukrainischen
Leitungen mit 650 Millionen Euro. Das passt nicht zusammen."
"Bei aller Freude über den Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland können
wir das Risiko nicht einfach in die Ukraine auslagern", meint auch die
grüne EU-Abgeordnete Rebecca Harms. Für sie ist die indirekte Förderung der
ukrainischen Atomindustrie ein weiteres Beispiel dafür, dass in der
Europäischen Kommission am alten Energiemix aus Kohle und Atom festgehalten
wird.
"Die schrecken noch nicht einmal davor zurück, in einem Land in Atomkraft
zu investieren, das noch immer mit den Folgen von Tschernobyl zu kämpfen
hat", so Harms.
Tatsächlich bedeutet die europäische Förderung, dass AKWs vom Typ
Tschernobyl länger am Netz bleiben als ursprünglich geplant. "Die Ukraine
wollte sieben Reaktoren in den nächsten Jahren abschalten. Jetzt hat sie
beschlossen, deren Laufzeiten zu verlängern, um vom Stromexport in die
EU-Länder zu profitieren", so Bankwatch-Experte Trilling. Insgesamt sind in
der Ukraine vier Atomkraftwerke am Netz.
## "Dagegen kann Deutschland nichts tun"
Die Euro-Parlamentarierin Harms hat eine offizielle Anfrage an
EU-Energiekommissar Günther Oettinger gestellt. Sie will von dem
CDU-Politiker wissen, wie er diese Finanzierung erklärt.
Noch hat sie keine Antwort bekommen. Oettigners Pressesprecherin Marlene
Holzner streitet die Förderung nicht ab, will aber auch nicht konkret dazu
Stellung nehmen: "Jedes Land kann selbst entscheiden, ob es Atomkraft
nutzen will oder nicht. Das gilt auch für die Ukraine. Dagegen kann
Deutschland nichts tun."
Außerdem verweist sie darauf, dass sich die Ukraine verpflichtet habe, an
den von der EU erarbeiteten AKW-Stresstests teilzunehmen. "So können wir
überprüfen, ob die Reaktoren unseren Sicherheitsstandards entsprechen. Es
gibt kein Risiko."
So sieht das nicht nur die Kommission. Auch im Europäischen Parlament gibt
es für den Zukauf von Atomenergie durchaus Befürworter. Der polnische
konservative Präsident der Abgeordnetenkammer, Jerzy Buzek, sagte im
November 2010 in einer Rede in Warschau: "Wenn die Leitungen vorhanden
sind, können wir Strom von außerhalb zukaufen. Ich denke an ukrainischen
und russischen Atomstrom."
Noch wird an den entsprechenden Leitungen gebaut. In sieben Jahren sollen
sie fertig sein. Spätestens dann muss sich die Europäische Union
entscheiden, ob sie derartige Importe verantworten will.
5 Jul 2011
## AUTOREN
Ruth Reichstein
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Schwerpunkt Atomkraft
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