# taz.de -- AKW-Laufzeit verlängert: Zehn Jahre mehr für Fessenheim | |
> Die Strahlenschutzbehörde verlängert die Laufzeit für Frankreichs | |
> ältestes AKW – wenn die Betreiber den Betonboden verdoppeln. Gegner | |
> fordern die Schließung. | |
Bild: Frankreichs ältestes AKW in Fessenheim: Darf noch weitere zehn Jahre Ato… | |
PARIS taz | Das ist die Geschichte eines angekündigten Persilscheins: Schon | |
vor Wochen war bekannt geworden, dass sich die französische | |
Strahlenschutzbehörde ASN für eine Verlängerung der Betriebsbewilligung für | |
das Atomkraftwerk im unweit der deutschen Stadt Freiburg gelegenen | |
Fessenheim aussprechen würde. | |
Entsprechend gering war die Spannung, als ASN-Präsident André-Claude | |
Lacoste am Montag den konsultativen Beschluss offiziell auf einer | |
Pressekonferenz bekannt gab. | |
Nach Ansicht der ASN-Sachverständigen kann Frankreichs ältestes und seit | |
1977 betriebenes AKW noch weitere zehn Jahre funktionieren - wenn die | |
Betonbodenplatte unter den beiden 900-MW-Reaktoren auf rund die doppelte | |
Dicke verstärkt wird und bei den geplanten Stresstests keine neue Mängel | |
zeigen. | |
Damit wäre eigentlich für den Energiekonzern Électricité de France (EDF) | |
eine seiner umstrittensten Atomkraftanlagen auf Bewährung entlassen. | |
Die Entscheidung darüber, ob der nach einer Totalrevision derzeit | |
funktionierende Reaktorblock eins und der zurzeit für Wartungsarbeiten und | |
Kontrollen stillgelegte Reaktor Nummer zwei tatsächlich eine weitere | |
Bewilligung erhalten, liegt bei der Regierung, die sich in allem, was die | |
Staatsaffäre Atomenergie angeht, das letzte Wort vorbehält. | |
Bezeichnenderweise hat nun Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet, die | |
die exklusive Entscheidungszuständigkeit der Staatsführung unterstrich, die | |
Vorfreude von EDF ein wenig gekühlt: Wenn überhaupt könne Fessenheim erst | |
Mitte November grünes Licht für den Weiterbetrieb gegeben werden. | |
Fessenheim liegt in einer Erdbebenrisikozone. Bei den Stresstests soll | |
geprüft werden, ob das AKW der doppelten Belastung durch ein Erdbeben und | |
ein Hochwasser des Rheins standhalten könnte. | |
Grundsätzlich besteht kaum ein Zweifel daran, dass die französische | |
Regierung die bisherigen nuklearen Produktionskapazitäten möglichst | |
uneingeschränkt weiterverwenden oder sogar ausbauen will. | |
Zugleich aber will die Ministerin den Eindruck vermeiden, die Regierung | |
ginge überstürzt und ohne die nötige Vorsicht vor. Denn auch in Frankreich | |
ist die Öffentlichkeit seit Fukushima misstrauisch geworden. | |
Immerhin zwei Drittel der Franzosen wünschen sich mittlerweile einen | |
schnellen oder progressiven Ausstieg. Diesem Meinungsumschwung, der in | |
Frankreich bisher nicht zu einer politischen Kursänderung geführt hat wie | |
in Deutschland mit dem Ausstiegsbeschluss, muss die französische | |
Staatsführung eben doch irgendwie Rechnung tragen. | |
Auch die ASN hatte die Veröffentlichung ihres Berichts um mehrere Wochen | |
verschoben, um die vorläufige Erfahrung von Fukushima auszuwerten. | |
Die französischen, aber auch deutschen und Schweizer Atomgegner zweifeln | |
indes daran, dass die von der ASN befürwortete Bewährungsprobe für | |
Fessenheim mit Tests und die erwähnten Vorschläge für zusätzliche | |
Sicherheitsvorkehrungen wirklich genügen. | |
Der Trinationale Atomschutzverband schreibt in seiner Erklärung: "Mit der | |
Forderung nach Nachbesserung der Bodenplatte wird zwar eingeräumt, dass | |
Sicherheitsmängel bestehen. Bekanntlich haben aber in Fukushima | |
Bodenplatten von 3 bis 4 Metern Dicke nicht verhindert, dass hochradioaktiv | |
verseuchtes Kühlwasser ins Grundwasser eindringen konnte. | |
Die richtige Konsequenz wäre die definitive Schließung des Werks. Für die | |
Risiken Erdbeben, Überschwemmung oder Störung der Kühlwasserzuleitung zieht | |
die Aufsichtsbehörde keine sachgerechten Schlussfolgerungen." | |
Bei EDF scheint bezüglich dieser verlangten Arbeiten noch Ratlosigkeit zu | |
herrschen. Bisher gibt es kaum technische Erfahrung mit Betoninjektionen in | |
einem hochradioaktiven Grund. Eine anderes Problem sind die absehbaren | |
Zusatzkosten einer Instandsetzung, die bis 2013 durchzuführen wäre. | |
Das ist nicht Sache der ASN, deren Präsident Lacoste meinte, das sei eine | |
Frage, die ihn kaltlasse. | |
5 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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